Da geht es Kirchenmännern nicht anders als Weltenbürgern. Man geht an die Fassade eines alten Hauses, um sie auf Vordermann zu bringen. Dann kommt eines zum andern und die Kosten laufen aus dem Ruder. Dieses Erlebnis hatte jetzt der Franziskaner-Minoriten-Konvent in der Innenstadt. Die Außenfassade der Kirche in der Franziskanergasse sollte aufgefrischt werden, nachdem einige harmlos scheinende Putzablösungen festgestellt wurden. 70 000 Euro Baukosten waren eingeplant. Inzwischen sind die Kosten auf 387 000 Euro explodiert. Ein schwerer Brocken für die Klosterbrüder.
Nach der Entscheidung für die Fassadenrenovierung sei man, bevor die Gerüste aufgestellt wurden, mit einem Hubsteiger die Außenflächen abgegangen, schildert Bruder Josef Bodensteiner, der neue Guardian der Würzburger Gemeinschaft, den Hergang. Da habe man schon gesehen, dass die Schäden viel schlimmer sind als gedacht. Sofort wurde fachmännische Hilfe beim bischöflichen Bauamt eingeholt, um die Schäden untersuchen zu lassen. Als Folge wurden die Kosten zunächst auf 250 000 Euro hochkorrigiert. Bei einer neuen Kartierung wurden weitere Schadensmerkmale festgestellt und noch einmal neu gerechnet. Daraus entstand die aktuelle Summe von 387 000 Euro.
Zum größten Teil handelt es sich um Materialschäden, so Bruder Josef. Es sind Verwitterungen am Sandstein der Fenster, Ornamente und auch am Eingangsportal. Teils müssen ganze Steine ausgewechselt werden. Für Steinmetze ist das ein kleines Abenteuer. Derzeit tauschen Mitarbeiter der Würzburger Firma Geißendörfer hoch oben unter dem Dach auf einer Länge von 24 Metern Traufgesimse aus, die wohl noch aus dem zwölften Jahrhundert stammen. Der alte Sandstein hat noch die Kriegszerstörung überlebt. Jetzt ist er fertig. „Wir müssen im alten Mauerwerk sorgfältig einen gesunden Hintergrund suchen, um unsere vorgefertigten Gesimsteile wieder befestigen zu können“, so Steinmetz-Meister Veselin Pusic. Vorne, auf einer Fenster-Rosette über dem Eingangsportal, müssen die Steinteile ganz ausgetauscht werden, weil sie zum Teil tragende Funktionen haben. Eine Herausforderung für die Steinmetze, aber auch ein erheblicher Kostenfaktor. Denn dazu müssen auch die Glaser kommen und die Fenster aus- und wieder einbauen.
Das war äußerlich auf den ersten Blick alles gar nicht zu erkennen. Verwundern muss es nicht. Die Kirche wurde im Krieg zu großen Teilen zerstört und seit dem Wiederaufbau ist nicht mehr viel gemacht worden. In den 80er Jahren gab es einen Brand, nachdem die Fassade neu gestrichen wurde. Da wurde wohl auch vieles verdeckt, vermutet Bruder Josef. Und Fachmann Veselin Pusic gibt ihm Recht. Es sei noch schlimmer, sagt er. Wenn der Naturstein, wie geschehen, übermalt wird, kann er nicht mehr atmen und verliert seine Haltbarkeit. So ist unbehandelter, uralter Stein noch in besserem Zustand, als übermalte Steinteile.
Hinter den Planen geht es in diesem Wochen bis hinauf auf zur die Dachspitze lebhaft zu. Viele Handwerksfirmen sind tätig. Auf dem Dach wurden rund 1000 Ziegel erneuert. Glaser arbeiten Hand in Hand mit den Steinmetzen. Spengler-Arbeiten werden nötig und am Schluss kommen die Maler. Aufgrund der Schwere der Schäden sind die Bauarbeiten im Moment noch am Anfang, obwohl die Kirche schon seit Monaten eingerüstet und hinter Planen verhüllt ist. Die Arbeiten werden wohl mindestens bis September oder Oktober dauern, wird vermutet.
Das größte Problem ist natürlich die Finanzierung der Maßnahme. Bruder Josef freut sich, dass die Diözese bereits 120 000 Euro im nächsten Haushaltsjahr zugesichert hat. Die Franziskaner-Provinz wird sich beteiligen. Ein Drittel bleibt aber am Würzburger Konvent hängen. Das ist umso bitterer, als auch ein Anstrich des Innenraums der Kirche, das Kontakthaus der Würzburger Provinz, dringend nötig wäre.
Da haben sich die Franziskaner-Minoriten an ihre Wurzel erinnert. „Baut meine Kirche wieder auf“, ist ein grundsätzlicher Auftrag. Die Brüder machten sich angesichts der Lage wieder bewusst, dass die Franziskaner ein Bettelorden sind. Freilich erinnert Bruder Josef auch daran, dass der Orden traditionell viel gibt. Ein großes Beicht- und Gesprächsangebot steht den ganzen Tag bereit. Außerdem eine Fülle an Gottesdiensten. Das Kloster und die Kirche bieten eine Oase der Stille mitten in der Stadt. Die Franziskanerminoriten stehen auch für das Projekt Straßenambulanz von Bruder Tobias. An der Pforte werden zudem täglich bis zu 25 Brotzeiten an Bedürftige ausgegeben. Diese Art von Gemeinschaft werde bei der Zerrissenheit der Gesellschaft sehr geschätzt, sagt Bruder Josef, das schlägt sich auch in der Spendenbereitschaft nieder.
So verwundert es nicht, dass das diesjährige Klosterfest der Würzburger Franziskaner-Minoriten am Samstag und Sonntag, 21. und 22. Juli, ganz im Zeichen der Fassaden-Renovierung steht: Der komplette Erlös des Festes im Kreuzgang-Innenhof fließt in die Sanierung. Die Gemeinschaft wird zudem um Spenden bitten. Als Gegenleistung gibt es für die Besucher das einmalige Ambiente und kulinarische Genüsse zu vernünftigen Preisen. Und natürlich das bekannte Mallersdorfer Klosterbier vom Fass. Auf einem Flugblatt zum Klosterfest heißt es: „Wir müssen alles tun, denn wir hüten ein Heiligtum, das seit 1221 in Würzburg steht und vielen Menschen zur Heimat geworden ist“.
Spendenkonto der Franziskaner-Minoriten bei der Liga-Bank Nr. 3016455, BLZ 750 903 00.