Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Schiff ahoi: Die Kapitäne vom Graf-Luckner-Weiher

Würzburg

Schiff ahoi: Die Kapitäne vom Graf-Luckner-Weiher

    • |
    • |
    Fünf Jahre lang hat Udo Heidel nach Originalplänen an dem Schwarzmeerschlepper "Sirena" gebaut. Am Sonntag, 12.Mai, startet das Schiff ab 10 Uhr bei einer Regatta auf dem Graf-Luckner-Weiher.
    Fünf Jahre lang hat Udo Heidel nach Originalplänen an dem Schwarzmeerschlepper "Sirena" gebaut. Am Sonntag, 12.Mai, startet das Schiff ab 10 Uhr bei einer Regatta auf dem Graf-Luckner-Weiher. Foto: Thomas Obermeier

    Motoren hämmern, plötzlich ertönt eine Hupe aus dem Lautsprecher. Der Blick wandert aufs Deck. Von den Anleinpollern über die Kabine, Schaltkästen, Lüftungsstutzen hinauf zum Kommandostand und den Suchscheinwerfern. Feuerlöscher und Rettungsinseln sind für den Notfall griffbereit. Dem Schwarzmeerschlepper fehlt nichts, das Schiff ist startklar. Für seine Fahrt auf dem Graf-Luckner-Weiher in Würzburg. Ferngesteuert vom Erbauer und Kapitän.

    Fünf Jahre lang hat Udo Heidel an der "Sirena" getüftelt und gearbeitet. Nun steht sie vor ihm auf dem großen Tisch im Vereinsheim des Modell-Sport-Clubs Würzburg: Im Maßstab 1:25 hat der gebürtige Siebenbürger den Schlepper originalgetreu nachgebaut, aus fast hundert Einzelteilen. Jedes Detail sitzt. Und fast jedes ist ein Unikat, gedreht und gebogen in der Werkstatt daheim im Lengfelder Keller oder im Clubhaus.

    Im Maßstab 1:25 hat Udo Heidel den Schwarzmeerschlepper "Sirena" nachgebaut.
    Im Maßstab 1:25 hat Udo Heidel den Schwarzmeerschlepper "Sirena" nachgebaut. Foto: Kathrin Königl

    "Ein Modellbauer kann alles gebrauchen."

    MSC-Kassier Udo Heidel über die Verwertung von Materialien

    "Ein Modellbauer kann alles gebrauchen", sagt der 65-jährige Vereinskassier. Ob Rohmaterial vom Wertstoffhof oder aus dem Baumarkt: Wer nach Originalplänen großer Schiffe ein Modell nachbaut, braucht viel Wissen, Zeit, handwerkliches Geschick – und auch Glück, um überhaupt an Pläne von Reedereien oder Werften zu kommen. "Das ist im Grunde das Schwierigste", sagt Bruno Gutmann.

    Originalgetreu aus Mahagoni-Holz nachgebaut: ein "Phantom 710" von Bruno Gutmann.
    Originalgetreu aus Mahagoni-Holz nachgebaut: ein "Phantom 710" von Bruno Gutmann. Foto: Thomas Obermeier

    Der 67-Jährige ist zweiter Vorsitzender in dem seit 60 Jahren bestehenden Verein und seit sieben Jahren Mitglied. Eines von rund 15 aktiven, die sich jeden zweiten Sonntag im Monat im 1990 errichteten Clubhaus zum Stammtisch treffen und über laufende oder geplante Schiffsbauten philosophieren.

    Und nicht nur das: Man hilft sich gegenseitig mit Knowhow und Fertigkeiten. Während der eine als gelernter Elektriker besser Licht und Stromversorgung einbaut, formt ein anderer lieber Poller, Bolzen und Streben an der Drehbank.

    Kaum Nachwuchs: Mitgliederzahl geht zurück 

    Die kleine Werkstatt im Nebenraum des Vereinsheims ist mit dem Wichtigsten ausgestattet: Bandsäge, Schleif- und Ständerbohrmaschine, Lötapparat – dazu Werkzeug im Schrank, Boxen mit Nägeln und Schrauben und etliche angerissene Farbdosen. Das ist die Welt von Bastlern wie Udo Heidel, Bruno Gutmann und den anderen aktiven "Schiffskapitänen". Insgesamt 45 Mitglieder – darunter nur zwei Frauen – zählt der Modell-Sport-Club. Vor 30 Jahren waren es noch dreimal so viele, Nachwuchs ist rar.

    Bruno Gutmann mit dem Seenotrettungskreuzer "Ruhrstahl": In der vereinseigenen Werkstatt wird er gerade restauriert. 
    Bruno Gutmann mit dem Seenotrettungskreuzer "Ruhrstahl": In der vereinseigenen Werkstatt wird er gerade restauriert.  Foto: Thomas Obermeier

    Im Trockendock auf der Werkbank im Clubhaus liegt gerade der Seenotrettungskreuzer "Ruhrstahl", das Schiff stammt aus dem Nachlass eines Ehemaligen. Sie restaurieren es gemeinsam, viel wird improvisiert. Da verwandelt sich ein altes Teesieb leicht mal in einen Radarschirm. Die Aktiven teilen sich selbst in zwei Typen von Schiffsmodelleuren, in "Fahrer" und "Bauer" – die Routiniers Heidel und Gutmann gehören definitiv zu letzteren.

    Technisches und handwerkliches Geschick ist hilfreich

    Heidel ist studierter Elektrotechniker, wollte ursprünglich als Bordingenieur zur rumänischen Marine – was aus medizinischen Gründen nicht klappte. So verlegte er sich auf die Miniaturschifffahrt. Vom Fach ist auch Bruno Gutmann: Er kam über Modellflugzeuge zum Schiffsbau, arbeitete zehn Jahre lang in einem Fachgeschäft, eher er in seinen Beruf als Kfz-Mechaniker zurückkehrte. Zwölf selbst gebaute Schiffe hat er zuhause ankern. Hergestellt hat er noch mehr.

    Innenleben eines Modellschiffs: Aus den Lautsprechern kommen nach der Restaurierung der "Ruhrstahl" wieder original Motoren- und Hupgeräusche.
    Innenleben eines Modellschiffs: Aus den Lautsprechern kommen nach der Restaurierung der "Ruhrstahl" wieder original Motoren- und Hupgeräusche. Foto: Thomas Obermeier

    Natürlich lassen die beiden ihre Marke-Eigenbau-Schiffe zu Wasser, Kreise ziehen oder beteiligten sich an Regatten. Viel wichtiger ist ihnen aber das Erschaffen mit eigener Findigkeit und Geduld. Und Detailtreue. Ein Schiff nur nach Fotos nachzubauen? Das hält Bruno Gutmann zwar für möglich, doch es fehlt der genaue Maßstab, "das kommt dem Original niemals so nah wie nach Plänen".

    Technikbegeisterung: Auch Kriegsschiffe werden nachgebaut

    Die liegen für Kriegsschiffe auch im Verteidigungsministerium. Doch selbst hier hatte Gutmann schon mal Erfolg. Dass überhaupt Panzerkreuzer oder andere Kriegsschiffe nachgebaut werden, gehört für die Modellbauer sozusagen ins Gesamtpaket, genauso wie Segelschiffe oder Fähren. Mit Kriegsverherrlichung habe das nichts zu tun, beteuern die beiden Vereinsvertreter.

    2.Vorsitzender Bruno Gutmann (links) und Kassier Udo Heidel gehören zu den Aktivposten im Modell-Sport-Club Würzburg. Im Clubhaus am Graf-Luckner-Weiher zeigen sie einige Eigenbau-Schiffe.
    2.Vorsitzender Bruno Gutmann (links) und Kassier Udo Heidel gehören zu den Aktivposten im Modell-Sport-Club Würzburg. Im Clubhaus am Graf-Luckner-Weiher zeigen sie einige Eigenbau-Schiffe. Foto: Thomas Obermeier

    Der Schiffsmodellbau ist ein zeitintensives Hobby. Je nach Größe und Komplexität des Schiffs und eigenem Zeitbudget schraubt ein Modelleur zwischen mehreren Monaten und einigen Jahren an einem Exemplar. Und investiert neben Zeit auch Geld. Die Spanne reicht von 50 Euro für die einfachsten Boote im Fertigbausatz – empfohlen für Einsteiger – bis zu Materialkosten von 1500 bis 2000 Euro für Prachtexemplare wie den Schwarzmeerschlepper Sirena.

    Sirena ist das fünfte Modellschiff, das Udo Heidel seit der Aussiedlung nach Deutschland 1990 gebaut hat. In Rumänien hatte er zuvor bereits fünf Schiffe gefertigt – er hat sie verschenkt und in der alten Heimat gelassen. "Es ist einfach ein wunderbares Hobby", schwärmt der 65-Jährige, "man kann so viel selber machen." Heidel bastelt sogar die elektrischen Schaltungen, zeichnet Details am Computer. Für jedes ihrer Schiffe legen die Modelleure eigene Aktenordner mit Plänen und Zeichnungen an.

    Vor dem Bau: Viel Recherchearbeit erforderlich

    Soweit ist Udo Heidel bei seinem jüngsten Projekt noch nicht. Eine echte Herausforderung. Seit einem halben Jahr recherchiert er schon in Büchern und Fachzeitschriften über eine spanische Galeone aus dem 17.Jahrhundert. Baupläne gibt es dafür nicht, die muss er dann selbst nach Bildern und Beschreibungen zeichnen. Aber gerade das findet der Modellbauer reizvoll – und freut sich schon jetzt auf den Moment, wenn er als Kapitän mit einer Galeone auf den Graf-Luckner-Weiher ausläuft.

    Zugang zum Vereinsheim des Modell-Sport-Clubs am Graf-Luckner-Weiher.
    Zugang zum Vereinsheim des Modell-Sport-Clubs am Graf-Luckner-Weiher. Foto: Thomas Obermeier

    Jubiläum und Bocksbeutel-Regatta am 12. Mai Der Modell-Sport-Club (MSC) Würzburg feiert an diesem Wochenende sein 60-jähriges Bestehen. Dazu sind befreundete Vereine aus ganz Deutschland mit ihren Schiffen zu Gast. Nach dem Festabend am Samstag steigt am Sonntag, 12. Mai, ab 10 Uhr bis zum späten Nachmittag auf dem Graf-Luckner-Weiher die 50. Bocksbeutel-Regatta mit zahlreichen Modellschiffen. Die Saisoneröffnung ist ein Fest für die Öffentlichkeit, der Verein freut sich über viele Besucher am Weiher und sorgt für die Bewirtung. Den ganzen Sommer über sind die Modellbauer mit ihren Schiffen sonntags ab 13 Uhr am Graf-Luckner-Weiher anzutreffen. Er befindet sich direkt am Main, am Würzburger Ortsausgang Richtung Randersacker.  Der MSC konzentriert sich ganz auf den Schiffsmodellbau und steht bundesweit mit anderen Vereinen in freundschaftlichem Kontakt und Austausch, man besucht sich wechselseitig für Regatten oder Schaufahren. In der Region Mainfranken haben noch die Modellbaufreunde Volkach eine Schiffssparte.  Der Modell-Sport-Club Würzburg im Internet: www.msc-wuerzburg.com

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden