Als Erzpriester Martinos Petzolt die englischsprachige E-Mail eines "Hotelmanagers" in seinem Postfach findet, denkt er im ersten Moment, es handelt sich um eine Spam-Nachricht. Fast löscht er die vermeintliche Werbung, doch dann fällt sein Blick auf den griechischen Namen des Absenders unter dem Text: Charalambos Andreou. Bei genauerer Betrachtung der Mail fällt Petzolt auf, dass der "Hotelmanager" ein ernstes Anliegen hat: Der christlich-orthodoxe Priester soll das Flusskreuzfahrtschiff Amareina segnen, während dieses in Würzburg Halt macht.
Ein Großteil der Crewmitglieder ist christlich-orthodox
"Es ist eine Tradition", sagt Andreou. "Gott soll uns helfen, nicht in Schwierigkeiten zu geraten." Eine Tradition, die viele seiner Mitarbeiter betrifft: Von 49 Crewmitgliedern der Amereina sind 42 christlich-orthodox, viele von ihnen stammen aus Zypern, Griechenland, Bulgarien und Rumänien. Zehn Tage sind sie auf ihrer Tour zwischen Amsterdam und Budapast unterwegs, die Saison dauert von April bis Oktober.

Auf der Suche nach einem passenden Ort für die Segnung der Amareina ist der Manager des Kreuzfahrtschiffes auf Petzolt aufmerksam geworden, der für etwa 5000 Gläubige in ganz Unterfranken zuständig ist. Auch für ihn sei das "eine außergewöhnliche und originelle" Anfrage gewesen, berichtet der Geistliche. Das Segnen von Gegenständen wie Häusern, Gaststätten oder Autos spiele im orthodoxen Glauben zwar eine große Rolle, ein Schiff sei bisher allerdings nicht dabei gewesen. "Das ist immer auch eine pastorale Chance, mit Leuten in Kontakt zu treten, die sonst nicht in die Kirche kommen können, weil sie nicht die Zeit dafür haben."
Gottesdienst in der Besatzungsküche
In der Tat ist der Zeitplan der Crew eng getaktet. Direkt nachdem das Schiff an der Kaimauer angelegt hat, begeben sich die 160 Passagiere, darunter viele Neuseeländer und Australier, auf einen Ausflug nach Rothenburg ob der Tauber. Schon bald soll es weitergehen nach Bamberg, zwischenzeitlich müssen noch die Zimmer hergerichtet werden.
In der Küche der Besatzungsmitglieder ist für den Segnungsgottesdienst ein Tisch bereitgestellt, darüber ein weißes Tuch. Petzolt zündet eine Kerze an, stellt eine Ikone der Jungfrau Maria auf, legt Basilikum, ein Kruzifix und eine Schale mit Wasser bereit. Daneben positioniert er ein kleines Weihrauchgefäß. Fertig ist der provisorische Altar.

Dann geht es los: Der Erzpriester singt altkirchliche Hymnen, hält eine Schriftlesung, spricht Fürbitten und Gebete – alles auf griechisch. Das Wasser wird mit dem Kreuz geheiligt und mit dem Kräuterbündel auf die Gottesdienstteilnehmer verteilt. Nach zehn Minuten ist Petzolt fertig, die Crew geht wieder an die Arbeit. Es folgt ein kurzer Rundgang über das Schiff: Auch Brücke und Motorraum erhalten einen Segen, genauso wie die Besatzungsmitglieder, die wegen ihrer Arbeit nicht am kurzen Gottesdienst teilnehmen können.
Ein Wiedersehen ist geplant
Voraussichtlich wird es nicht das letzte Mal gewesen sein, dass der unterfränkische Priester die Amareina und ihre Besatzung besucht. Der "Hotelmanager" will Petzolts Dienste auch zum Start zukünftiger Saisons in Anspruch nehmen. "Ich würde das jederzeit wiedermachen", sagt auch der Geistliche. Zum Dank hat der Priester eine Torte geschenkt bekommen, den Teller wolle er bald zurückbringen. "In zehn Tagen, wenn das Schiff wieder in Würzburg vorbeikommt."