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Gelchsheim: Schloss Gelchsheim: Ein bewegtes Kapitel der Ortsgeschichte

Gelchsheim

Schloss Gelchsheim: Ein bewegtes Kapitel der Ortsgeschichte

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    Nach barockem Vorbild entstand in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg das Schloss Gelchsheim.
    Nach barockem Vorbild entstand in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg das Schloss Gelchsheim. Foto: Hannelore Grimm

    Mit mit dem Namen Georg Heil (1866-1921) ist ein großes Kapitel der Gelchsheimer Ortsgeschichte verbunden. Der namhafte Guts- und Brauereibesitzer, Pflanzenzüchter und königlich bayerische Ökonomierat ist der Erbauer des Gelchsheimer Schlosses, das im Juni vor genau 100 Jahren fertiggestellt wurde. Sein Urenkel Jochen Fenner hat dem Leben seines Vorfahren akribisch nachgeforscht und hütet eine Fülle von Fotos und Dokumenten, die Georg Heils beruflichen Werdegang nachzeichnen, aber auch die Geschichte des Schlosses und der Gründerfamilie.

    Georg Heil wurde am 21. Mai 1866 in Tückelhausen geboren. Seit der Hochzeit mit seiner aus Darmstadt stammten Frau Susanne (1867-1964) im Jahr 1892 lebte er dort gemeinsam mit den Töchtern Ilse (1894-1966), Emma (1897-1978) und Hilde (1900-1998), bis die Familie im Jahr 1910 das Schloss und das zugehörige Gut in Gelchsheim kauften. Ein Schloss gab es dort nämlich bereits. Der Deutschherren-Orden, der bis zur Säkularisation die Herrschaft über Gelchsheim ausübte, hatte es im 17. Jahrhundert erbaut. Für den in die Jahre gekommenen Herrschaftssitz, das 1839 errichtete Gutshaus und eine Ackerfläche von stolzen 275 Hektar betrug der Kaufpreis 500 000 Goldmark.

    In der Notzeit nach dem Ersten Weltkrieg waren viele Handwerker froh, auf der Baustelle des Gelchsheimer Schlosses Arbeit zu finden.
    In der Notzeit nach dem Ersten Weltkrieg waren viele Handwerker froh, auf der Baustelle des Gelchsheimer Schlosses Arbeit zu finden. Foto: Sammlung Fenner

    Unter Jochen Fenners historischen Zeugnissen geben nicht zuletzt die Memoiren von Susanne Heil einen faszinierenden und detailreichen Einblick in die Lebens-und Arbeitsweise ihres äußerst tatkräftigen Mannes. Wie sie es beschreibt, wurden bereits vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) mit dem Ehemann von Tochter Ilse, Hermann Knauer (1883-1941), Pläne für ein Wohnhaus geschmiedet.

    Das Haus, das auf den Grundmauern des alten, wuchtigen Deutschenorden-Schlosses entstehen sollte, war, so Susanne Heil, zunächst bescheidener geplant. Wie sie schreibt, wäre ihr ein kleines Haus lieber gewesen. Die Planung wurde dem renommierten Würzburger Architekten Fritz Saalfrank (1878-1960) übergeben. Dieser „barockisierte Hermann Knauers Plan und führte ihn im Detail aus.“

    Als Burg bezeichneten die Gelchsheimer das schmucklose Schloss, das der Deutsche Orden in ihrem Dorf hinlassen hatte.
    Als Burg bezeichneten die Gelchsheimer das schmucklose Schloss, das der Deutsche Orden in ihrem Dorf hinlassen hatte. Foto: Sammlung Fenner

    Nach dem Abriss des alten Gemäuers während der Kriegsjahre begannen 1919 die Bauarbeiten. Bei denen wurden, so Susanne Heil, „viel Stein-und Bildhauerarbeiten vergeben,  und zahlreiche Handwerker waren dankbar für die Arbeit.“ Nach zweieinhalb Jahren war das herrschaftliche Landhaus, bestehend aus einem Hauptbau mit Nebentrakten und einem Pavillon, fertiggestellt.

    Die Zufahrt in das Anwesen erfolgte über eine Bogenbrücke und durch ein schmiedeeisernes Tor, das noch heute von der Kunstfertigkeit zeugt, mit der es vor 100 Jahren von einem Meister erschaffen wurde. Die Gebäude sind von der zum Großteil uralten Mauer und den weitläufigen Gartenanlagen eingerahmt.

    Für Jochen Fenner wird die Geschichte seiner Vorfahren durch zahlreiche historische Dokumente und Möbel, die einst im Gelchsheimer Schloss standen, lebendig. 
    Für Jochen Fenner wird die Geschichte seiner Vorfahren durch zahlreiche historische Dokumente und Möbel, die einst im Gelchsheimer Schloss standen, lebendig.  Foto: Hannelore Grimm

    Der Einzug in das prächtig ausgestattete neue Heim am 28. Juni 1921 wurde für die Familie getrübt durch den schlechten gesundheitlichen Zustand von Georg Heil. Der Guts-und Schlossherr, der an einer Herzkrankheit litt, erlebte noch mit, wie am 31. August 1921 aus Anlass der Hochzeit von Tochter Emma mit dem Kapitänleutnant Carl Fenner (1893-1941) sein neues Haus festlich erstrahlte. Wenige Tage nach der Hochzeit verschlechterte sich das Befinden von Georg Heil und der 55-jährige verstarb am 9. September 1921.

    Obwohl sich der Guts-und Schlossbesitzer vor seinem Tod noch mit neuen Plänen für den Betrieb befasste, hatte er die Leitung des Geschäftes bereits so eingeteilt, dass Carl Fenner den Gutshof und Hermann Knauer die Saatzucht verwalten sollten. Während die beiden Ehepaare sich in dem Wohnhaus des noch heute „Hofgut Heil“ genannten Anwesens eingerichtet hatten, blieb Susanne Heil zunächst mit wechselnden „Haustöchtern“ und später für drei Jahre mit Tochter Hilde und deren zwei Kindern im Schloss wohnen.

    Ein historisches Foto aus dem Gelchsheimer Schloss lässt den Wohlstand erahnen, zu dem es Gutsbesitzer Georg Heil gebracht hat.
    Ein historisches Foto aus dem Gelchsheimer Schloss lässt den Wohlstand erahnen, zu dem es Gutsbesitzer Georg Heil gebracht hat. Foto: Sammlung Fenner

    War die "gute, alte Zeit" mit ihren herrschaftlichen Sitten und Gebräuchen bereits mit dem Tod von Georg Heil zu Ende gegangen, so musste sich Susanne Heil, die bis zu ihrem Tod „Frau Rat“ genannt wurde, nun auch von ihrem liebgewonnenen Schloss trennen. Die Inflation 1923 und die nachfolgende Wirtschaftskrise hatten dazu geführt, dass der Unterhalt des Schlosses durch die Erträge des Guts nicht mehr finanziert werden konnte.

    „So zog ich ohne Murren, nur mit den nötigsten Möbeln; in das Wohnhaus des Gutshofes“, schreibt Susanne Heil. 1931 glaubte sie noch fest daran, dass dieser Zustand "noch etwas Vorübergehendes“ sei. Doch den Dornröschenschlaf beendeten erst die inzwischen an die Macht gekommenen Nazis.

    Als angesehener Pflanzenzüchter und Ökonomierat starb Georg Heil am 9. September 1921 wenige Wochen nach dem Einzug in sein neues Gelchsheimer Schloss. 
    Als angesehener Pflanzenzüchter und Ökonomierat starb Georg Heil am 9. September 1921 wenige Wochen nach dem Einzug in sein neues Gelchsheimer Schloss.  Foto: Sammlung Fenner

    1938 kaufte die NSDAP das Schloss mit dem rund zwei Hektar großen Park. Unter dem Namen „Gauschulungsburg Florian Geyer“ eröffnete am 25. Juni 1939 der unterfränkische NSDAP-Gauleiter Otto Hellmuth (1896-1968) das – wie es in einem Zeitungsbericht heißt – „neue Bollwerk nationalsozialistischen Geistes.“ Dessen vorrangige Aufgabe war es, führende Kader der Partei und ihrer Unterorganisationen im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung zu schulen.

    Mit dem Ende des Nazi-Spuks im Jahr 1945 kamen Schloss und Park in den Besitz der staatlichen  Vermögensverwaltung. Diese stellte das Anwesen von 1946 bis 1954 der Bayerischen Landpolizei als Landpolizeischule zur Verfügung. Anschließend diente das Schloss als „Regierungsflüchtlingslager“ zur Unterbringung von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen aus der Sowjetzone.

    Für Susanne Heil ging 1931 die Zeit als Schlossherrin zu Ende. Bis zu ihrem Tod 1964 wurde sie von den Gelchsheimer nur "Frau Rat" genannt.
    Für Susanne Heil ging 1931 die Zeit als Schlossherrin zu Ende. Bis zu ihrem Tod 1964 wurde sie von den Gelchsheimer nur "Frau Rat" genannt. Foto: Sammlung Fenner

    Auch diese Ära ging nach acht Jahren zu Ende. Seit 1962 blieb das Schoss ungenutzt, bis Freia Rothe (1921-2011) im Jahr 1971 das Schloss, das inzwischen in einem ziemlich desolaten Zustand war, kaufte und dort ein Pflegeheim für Menschen mit Behinderung einrichtete. In den knapp 29 Jahren ihres Wirkens gelang es der neuen Eigentümerin, dem Schloss seinen ursprünglichen Glanz zurückzugeben und das Anwesen um weitere Gebäude zu erweitern.

    Ende 1999 wechselte Schloss Gelchsheim schließlich zum sechsten Mal seit seiner Erbauung den Besitzer. Heute dient das Schloss als Fachzentrum für Naturheilmedizin und war in den zurückliegenden Jahren mehrfach zum Kauf angeboten worden. Ob die Verkaufsabsicht noch immer besteht und wie die zukünftigen Pläne für das Schloss aussehen, dazu waren die heutigen Eigentümer auf Anfrage der Redaktion nicht bereit, Auskunft zu geben.

    Das Hofgut Heil und sein GründerGeorg Heil ist auf dem von Reitzensteinschen Pachtgut seines Vaters Georg Heil sen. in Tückelhausen aufgewachsen. Nach dem Landwirtschaftsstudium in Halle/Saale begann er 1895 in Tückelhausen mit der Pflanzenzüchtung. Daneben leitete er mit seinem Cousin Sebastian Heil die Brauerei Heil in Tückelhausen und gehörte zu den Mitbegründern des Bayerischen Brauerbundes.Neben neuen Sorten für Sommergerste und Winterweizen machte sich Georg Heil mit der Züchtung von „Heils Runkelrübe“ weit über Deutschlands Grenzen hinaus einen Namen. In Würdigung seiner Leistungen wurde ihm der Titel "Königlich bayerischer Ökonomierat" verliehen. Nach dem Erwerb von Schloss und Gut Gelchsheim gab er seine Pachtungen in Tückelhausen auf und setzte die Arbeit im neuen Betrieb fort. Noch ehe die Familie am Lichtmesstag 1915 nach Gelchsheim umsiedelte, ging Georg Heil daran, das Gut umfassend zu modernisieren und neue Maschinen anzuschaffen. Für die zahlreichen Arbeiterinnen und Arbeiter ließ Heil drei Häuser bauen, in denen sie sich „so fühlen sollten, als hätten sie ein Eigenheim“.  Nach dem Tod von Georg Heil hielten zunächst seine beiden Schwiegersöhne Hermann Knauer und Carl Fenner den Betrieb im Hofgut Heil aufrecht. Nachdem die beiden 1941 innerhalb weniger Monate starben, setzte Susanne Heil einen Verwalter ein, bis Carl Fenners Sohn Gerd 1951 die Leitung übernehmen konnte. Seit 1990 lenkte dessen Sohn Jochen Fenner die Geschicke des Betriebes, bis er 2017 ihn an seinen Sohn Sebastian übergab, der seitdem in fünfter Generation fortführt, wozu Georg Heil den Grundstein gelegt hatte.Quelle: Sammlung Fenner/hag

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