Heute ist der letzte Coaching-Tag vor Abschluss des Semesters und die Studentinnen haben Brot, Käse, Wurst und einen Sandwich-Maker mitgebracht. Es soll eine lockere Runde mit den Schülern der Klara-Oppenheimer-Schule geben, die die Studentinnen in der letzten Zeit gecoacht haben. Da diese Redaktion den Startschuss der neuen Kooperation zwischen Universität und Schule mit begleitet hat, interessiert natürlich auch das Ergebnis.
"Besonders die Entspannungsübungen haben mir gefallen", berichtet die 16-jährige Schülerin Celine. Sie habe gemerkt, wie sie zur Ruhe komme und "dass man danach konzentrierter lernen kann". Ihre Mitschülerin Miriam hat durch das Coaching festgestellt, dass sie ein Händchen fürs Geschichten schreiben hat.
Erste Erfolge durch das Coaching
Die Jugendlichen besuchen gemeinsam das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) an der Klara-Oppenheimer-Schule. Das Schülercoaching bietet ihnen seit einigen Monaten Unterstützung auf dem Weg von der Schule in den Beruf: In Kooperation mit dem Lehrstuhl Sonderpädagogik I der Universität übernahm jeweils ein Studierender für die Dauer eines Semesters die individuelle Begleitung eines Schülers. "Ziel ist es, die Chancen der Schüler auf einen erfolgreichen Ausbildungs- und Berufsweg und somit auf ein selbstbestimmtes Leben zu erhöhen", erklärt Lehrerin Katharina Purucker, die zusammen mit Kollegin Kathrin Wirsching das Projekt anleitet.
Denn: Die Erfahrung habe gezeigt, dass es Schülern des BVJ oft schwer fällt, in eine Ausbildung oder einen Beruf einzusteigen, "sicherlich auch bedingt durch schwierige Situationen Zuhause". Dazu kämen oft eine fehlende Arbeitsmoral, Lernfrust oder eine "Null Bock auf gar nichts"-Mentalität. Die Inhalte des Coachings seien ausgerichtet am Unterstützungsbedarf der Jugendlichen. Neben Fächern wie Deutsch, Mathematik oder Wirtschaft sollten die Jugendlichen auch in ihrem Arbeits- und Sozialverhalten gestärkt werden, hofft Purucker.

Nach ein paar Monaten Coaching zeigt sich: Es gibt erste Erfolge. Das freut auch Schulleiter Wilhelm Ott, der das Projekt von Anfang an unterstützt hat: "Durch das Eins-zu-Eins-Coaching bekommen die Jugendlichen vermittelt, dass jeder Einzelne etwas Besonderes ist." Für das Vertrauensverhältnis sei es von Vorteil, dass die Coaches keine Lehrer-Funktion haben und nur ein paar Jahre älter sind als die Schüler selbst, meint er.
Vom Koch zum Einzelhandelskaufmann
Nach ein paar Anfangsschwierigkeiten seien sie ein gutes Team geworden, berichtet Studentin und Coach Verena Wilbald: "Ich habe das Gefühl, dass ich meinem Schützling helfen konnte, in die richtige Richtung zu gehen." So weiß der Schüler nun, dass er sich definitiv für den Beruf Einzelhandelskaufmann bewerben will. Vorher habe er zwischen Kaufmann und Koch geschwankt. "Da haben wir einfach mal alles aufgeschrieben, was die beiden Berufe ausmacht. Das hat bei der Entscheidung geholfen", erzählt Wilbald.
Ziele setzen und Gedanken strukturieren, das stand auf der To-Do-Liste von Wilbald. Auch wie man Bewerbungen schreibt und sich im Vorstellungsgespräch verhält, hat die Studentin mit dem Jugendlichen geübt. "Er hat auf jeden Fall an Selbstbewusstsein dazugewonnen", sagt sie über ihren Schützling. Auch für die 23-Jährige ist die Coach-Aufgabe im Rahmen des Studiums eine gute Praxis-Erfahrung gewesen: "Ich konnte individuell auf einen Menschen eingehen und Dinge vorbereiten, von denen er profitiert." Die Studentin interessiert es natürlich, was aus ihrem Schützling wird: "Wir bleiben in Kontakt."
Auch die 15-jährige Sabrije hat an Selbstbewusstsein dazu gewonnen. Sie hat an ihrem Leseverständnis gearbeitet und sich in diesem Bereich stark verbessert. Zusammen mit zwei Mitschülerinnen und ihren jeweiligen Coaches bildeten sie ein Coaching-Team. "Den Mädels fiel es dadurch leichter, sich zu öffnen", sagt Studentin Mara Höner.
Auf dem Plan stand neben dem Bewerbungstraining auch das Definieren von Stärken und Schwächen: So ist sich Celine nun bewusster, dass ihre Hilfsbereitschaft eine Stärke ist. Ihr Berufswunsch hat sich durch das Coaching verfestigt: Einzelhandelskauffrau. Das schwebt auch Sabrije vor, "aber vielleicht auch Erzieherin".
Beim Poetry-Slam den Ausdruck verstärkt
Um die Schülerinnen zum Schreiben zu animieren, veranstalteten ihre Coaches einen Poetry-Slam, bei dem die Jugendlichen ihre selbst geschriebenen Stücke vortragen durften. "Am Anfang war es etwas zäh, aber dann echt überraschend, was herauskam", sagt Studentin Kathrin Hauke. Höner pflichtet ihr bei. Besonders Miriams Text über Lebensfreude habe sie sehr begeistert.
Gewünscht hätten sich die Studentinnen mehr Informationen zu den schulischen Defiziten der Jugendlichen, um "daran anzuknüpfen zu können", und auch entsprechendes Lehrmaterial. Nicht immer seien die richtigen Lehrbücher zur Hand gewesen.
Im Sommersemester soll es mit dem Coaching weitergehen, verrät Lehrerin Purucker. "Aus den kleinen Anfangsschwierigkeiten können wir nur lernen", ist sie sich sicher.
Berufsvorbereitungsjahr (BVJ)Das BVJ ist ein schulischer Bildungsgang und wurde für Schüler erdacht, die nach der Beendigung oder dem Abbruch der Schule weder einen Ausbildungsplatz finden, noch weiterführende Schulen besuchen, aber noch der Schulpflicht unterliegen. Das BVJ findet an berufsbildenden Schulen statt. Es wird berufliches Grundwissen in einer oder mehreren Berufsgruppen vermittelt. Idealerweise absolvieren die Jugendlichen verschiedene Praktika. Ziel ist es, dass sie einen Ausbildungsplatz finden. Mit dem einjährigen Besuch des BVJ endet die Schulpflicht, selbst wenn die Abschlussprüfung nicht bestanden wird. Unter anderen wird das BVJ in Würzburg an der Klara-Oppenheimer-Schule durchgeführt, die mit dem Bildungspartner BFZ kooperiert. Das Schüler-Coaching-Programm in Kooperation mit dem Lehrstuhl Sonderpädagogik I der Universität Würzburg wurde zeitgleich an mehreren Würzburger Schulen begonnen. Es wird im kommenden Semester weitergeführt.