An die erste Deportation von Jüdinnen und Juden aus Würzburg am 27. November 1941 haben die Gemeinschaft Sant’Egidio und die Israelitische Kultusgemeinde erinnert. Mehrere hundert Personen zogen von der Gedenkstätte „DenkOrt Deportationen 1941-1944“ am Hauptbahnhof schweigend durch die Innenstadt zum Innenhof des Rathauses.
„Es ist ein beklemmendes Gefühl, Repräsentant der Stadt zu sein, die damals für Jüdinnen und Juden nicht den Schutz geboten hat, den sie hätte ausüben müssen“, erklärte Bürgermeister Martin Heilig in seiner Ansprache im Rathaushof. Insgesamt wurden zwischen 1941 und 1943 2063 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Würzburg in die osteuropäischen Vernichtungslager verschleppt. Nur 41 Personen überlebten.
Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte: Die erste Deportation der von den Machthabern zuvor in Judenhäusern eng eingepferchten Männer, Frauen, Kinder und Jugendlichen vor 83 Jahren „kann nicht lautlos passiert sein“. Von Protesten der Würzburger Bevölkerung oder einem Einschreiten dagegen sei nichts bekannt. Er dankte der Gemeinschaft Sant'Egidio für das Organisieren des Gedenkens und allen Teilnehmenden, die dadurch die Zivilcourage zeigten, die aktuell notwendiger denn je sei.
Pfarrerin Angelika Wagner von der Gemeinschaft Sant’Egidio sagte, dass sich Kriege aktuell bedrohlich ausweiteten – in der Ukraine wie im Nahen Osten. Menschliche Beziehung durchbreche den Kreislauf der Gewalt, betonte sie. „Alles kann sich ändern, wenn wir uns dem Frieden verschreiben.“
Ähnlich argumentierte Clara Kendlbacher von „Jugend für den Frieden“, der Jugendorganisation von Sant'Egidio. Es sei notwendig, an die grausamen Taten der Nationalsozialisten zu erinnern – gerade heute, wo Rechtsextremismus auch bei jungen Menschen Zulauf finde und Fake News an der Tagesordnung seien. „Lasst uns eine bessere Welt aufbauen“, appellierte Kendlbacher.
In seinem Grußwort am DenkOrt vor dem Hauptbahnhof hob Weihbischof Paul Reder hervor, dass Erinnern mehr sein als ein Blick in die Geschichtsbücher. „Wir erinnern uns heute als gemeinsame Verpflichtung, die Würde jedes Menschen zu wahren.“
Als Vertreter der evangelisch-lutherischen Kirche sprach Pfarrer Daniel Fenske. Es sei wichtig, gegen das Vergessen einzutreten. „,Nie wieder‘ ist heute dringender denn je.“