Auf Einladung des Aktionsbündnis „Grüner Platz am Theater“ hat der Frankfurter Stadtsoziologen Klaus Ronneberger (Bild) in Würzburg einen Vortrag über Historie und Zukunft von Stadtentwicklung gehalten. Im Gespräch mit dieser Redaktion beschrieb der gebürtige Würzburger eine neue Idee zum Kardinal-Faulhaber-Platzes, dessen Gestaltung Thema des nächsten Bürgerentscheids ist. Ronneberger war am Institut für Sozialforschung in Frankfurt tätig, ist Gastprofessor an der Universität Kassel und freier Publizist.
Frage: Wie grün war Würzburg früher?
Klaus Ronneberger: Schon im Mittelalter gab es innerhalb der Stadtmaueren sehr viel Grün. Denn in der Bischofsstadt lebten die Domherren in großen Höfen und viele Klöster und Spitäler hatten große Gärten. Übrig geblieben sind davon nur noch kleine Flecken – wie die Reste des Gartens des Reurer-Klosters am Wirsberggymnasium oder der Park hinter dem Juliusspitals. Auch barocke Pavillons hinter dem Polizeipräsidium in der Augustiner- oder in der Spiegelstraße sind Relikte dieser großzügigen Gartenanlagen.
Wurden bei Umgestaltung der Stadt unter den barrocken Fürstbischöfen Freiflächen zu Straßen oder Häusern?
Ronneberger: Zum einen hat der Architekt Balthasar Neumann, der zwischen 1723 und 1753 den Ausbau Würzburgs zur Residenzstadt bewerkstelligte, an einigen Stellen in der Kernstadt in den Bestand von Klostergärten eingegriffen. So mussten die Karmeliten einen Teil ihrer Gartenfläche für einen Kasernenbau abtreten. Zum anderen sah sich der Stadtplaner mit einem großen Problem konfrontiert. Die städtebauliche Entwicklung von Würzburg musste auf den barocken Festungsgürtel Rücksicht nehmen. Innerhalb des mittelalterlichen Mauerrings ließen sich aufgrund der bestehenden Verdichtung nur bedingt Neubauten durchführen. Doch die Bastionen griffen zum Teil weit aus. Vor allem im Nordosten der Stadt existierten zwischen dem alten Mauerring und den neuen Wällen großflächige Areale, die vor allem aus Gärten und Weinbergen bestanden und sich meist in Stifts- und Klosterbesitz befanden. Hier ergaben vielfältige Optionen für Neubauten. Gleichwohl bestand noch Anfang des 19. Jahrhunderts ein Viertel des Stadtgebiets aus Grün- und Parkflächen.
Wie sah damals der Kardinal-Faulhaber-Platz aus?
ronneberger: Hier fallen zwei planerische Eingriffe zusammen. Die Errichtung des ersten Bahnhofs nebst einem großzügigen Vorplatzes fand innerhalb der noch damals noch bestehenden Wallanlagen statt. Es handelte sich um ein Gebiet, das hauptsächlich von Gärten besetzt war. Um den Bahnhof eine repräsentative Auffahrt zu verschaffen wurde dann 1853 die Maxstraße mit klassizistischen Gebäuden angelegt. Für diese Umgestaltung wurde der Katzenwickerhofes mit seinen Gartenanlagen und Teile der Gärten des ehemaligen St. Annastiftes geopfert. Auf diese Weise entstand im Vorfeld des Bahnhofs ein großer gepflasterter Platz.
Aus diesem wurde nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Durchbruch zur Spiegelstraße ein asphaltierter Parkplatz. Warum sollte daraus jetzt ein Park werden?
Ronneberger: Weil die heutigen ökologischen und urbanen Bedürfnisse das erfordern. Ein Park hilft der hitze- und emissionsbelastenden Innenstadt. Außerdem kann sich das Theater über diesen Platz zur Stadt öffnen. Diese Verbindung könnte man durch weitere Bäume in der Mitte von der Theaterstraße oder auch durch eine Verlängerung der Allee der Ludwigstraße verstärken. Mit dem Konzept „Shared Spaces“ könnte auch aus der Umgebung des Faulhaber-Platzes lebenswerter Straßenraum werden.
Was versteht man unter dem Konzept „geteilte Räume“?

Ronneberger: Statt Autofahrer, Fahrradfahrer und Fußgänger gegeneinander auszuspielen, fördert „Shared Space“ das Miteinander. Die Verkehrsteilnehmer teilen sich verantwortungsbewusst den Raum, der nur durch verschiedene Bodenbeläge oder -farben aufgeteilt ist. Ziel dieses ursprünglich aus Holland kommenden innovativen Verkehrskonzeptes ist, dass sich Menschen in der Kernstadt wieder wohlfühlen und sich trotzdem alle dort bewegen können. Es ist die moderne Weiterentwicklung der guten alten Fußgängerzone, die immer etwas steril und künstlich wirkt. Ich fühle mich zum Beispiel in einem Straßencafé viel urbaner, wenn ab und zu auch noch ein Auto vorbei rollt.
Genug Stimmen für Bürgerentscheid
Indes hat mit 5892 gültigen Unterschriften wahlberechtigter Würzburger das Bürgerbegehren „Grüner Platz am Theater“ die Hürde zum Bürgerentscheid genommen. 5131 sind nötig. Jetzt werden im Sommer die Bürger entscheiden, ob der Kardinal-Faulhaber-Platz gegenüber vom Theater als Park begrünt oder teilweise bebaut und befestigt werden soll. Wie Rathaussprecher Christian Weiß mitteilt, hat das Wahlamt etwa 1375 der eingereichten gut 8000 Unterschriften aussortiert, zum Beispiel weil sie von Nicht-Würzburgern stammten. Am Donnerstag, 6. April, soll der Stadtrat über die formale Zulässigkeit des Bürgerentscheids entscheiden.