Auch Busfahrer Christian Held wird diese Nacht nicht in seinem Bett verbringen. „Wenn es gut läuft, bin ich um 6.10 Uhr hier fertig“, sagt der Mittdreißiger. Wenn es nicht so gut läuft, hat er eine dreiviertel Stunde später Dienstschluss. Aber das macht Held nichts aus. Er ist bereits zum zweiten Mal bei der Shuttle-Party für die Omnibus-Betriebsgesellschaft NVG im Einsatz. Freiwillig. „Einfach mal eine schöne Abwechslung, nicht der reguläre Linienverkehr“, sagt Held. „Da wird die Tür einfach aufgemacht.“ Er muss nicht kontrollieren, keine Fahrkarten verkaufen. Und für Sicherheit sorgen die Leute von der Security: „Die bringen eine Top-Leistung.“ Probleme mit Betrunkenen? Hat Held bislang nicht gehabt.
23.30 Uhr, der Bus der „Club-Linie“ füllt sich. Eine Gruppe Jungs unterhält die Mitfahrer mit traditionellem Liedgut. Da ist vom „schlafenden Mädel“ die Rede, das am Donau-Ufer entspannt. „Das hatte die Beine weit von sich gestreckt . . .“ Das Ende vom Lied: „Sie hörte das Rauschen der Donau nicht mehr.“ Ein Teenager erzählt, warum er so begeistert singt: „Alte Saufgesänge, die ich von meinem Opa gelernt habe. Die Tradition wollen wir weiter pflegen.“ Vor der Disco „Zauberberg“ öffnet Held die Tür, der Bus leert sich. Der Geräuschpegel sinkt um ein paar Dezibel.
Geschätzt über 8000 Partygäste
Für Andreas Müller, den Organisator der 38. Distelhäuser Shuttleparty, wird es am nächsten Morgen nicht leicht sein, die Anzahl der Partygänger zu schätzen, die am Donnerstag die Nacht zum Tage machten. Es ist ein warmer Abend, viele Würzburger tummeln sich sowieso im Freien. Und ausgezählt sind die verkauften Shuttle-Party-Bändchen erst in ein paar Tagen. So schätzt Müller die Zahl der jungen Menschen, die sich in Clubs und Kneipen tummeln und mit den fünf Bussen pendeln, ganz vorsichtig auf 8000 bis 10 000.
Christian Held ist inzwischen vor der Diskothek „Airport“ vorgefahren. Sein Bus füllt sich, wieder erklingt das Lied vom Mädel am Donaustrand – ein Klassiker der Shuttle-Party. Um 0.30 Uhr ist der Bus voll. Wer vorzeitig aussteigen will, muss sich zwischen Teenagern durchzwängen.
Patrick aus Bad Mergentheim hat gerade Abi gemacht, ist schon zum sechsten Mal dabei – und ein echter Fan. „Schon relativ cool“, sagt er über die Shuttle-Party. Alle seien freundlich, besonders die Würzburger Studenten: „Bei denen pennen auch viele von uns.“ Zu Patricks Partyzielen gehören auch Stuttgart und Nürnberg. Aber: „Würzburg ist für mich die erste Anlaufstelle.“
Aus der Sicht der Polizei verläuft die Party-Nacht recht friedlich. Lediglich in der Gerberstraße tummeln sich vorübergehend bis zu 120 Menschen auf dem Gehsteig und auf der Fahrbahn, was zeitweise den Verkehr beeinträchtigt. Und im Bereich der Karmelitenstraße tritt ein 21-jähriger Partygänger ein Glassegment der Shuttlebus-Tür ein, nachdem er wegen Überfüllung nicht mehr mitgenommen wurde.
Türsteher kontrollieren sorgsam
Verstöße gegen den Jugendschutz stellen die Beamten nicht fest. Im Gegenteil: Die Polizei lobt am nächsten Tag einen Türsteher, der ein 16-jähriges Mädchen, das mit einem falschen Ausweis in den Club wollte, nicht einließ. „Einfach nur, weil viele Leute gleichzeitig Party machen wollen“, so erklärt Sascha aus Tauberfranken das Interesse an der Shuttle-Party. „Gebt mir ein A, gebt mir ein B, gebt mir ein I! Abi, Abi, Abitur“, fordert eine Mitfahrerin, für die sich vor dem „Zauberberg“ die Türen öffnen.
1.30 Uhr. Wieder klingt der „schneeweiße Busen“ des „Donau-Mädels“ durch den Bus. „Total nervig“, meint eine Studentin. Christian Held zuckt mit den Schultern – er wird das „Liedgut“ in dieser Nacht noch ein paar Mal hören.