Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Sisyphos lässt grüßen

Stadt Würzburg

Sisyphos lässt grüßen

    • |
    • |
    Peter Thiel, Studiendirektor a.D.
    Peter Thiel, Studiendirektor a.D. Foto: FOTO PRIVAT

    S ie kennen das sicher: Man hat das Gefühl auf der Stelle zu tre- ten. Nichts scheint voranzugehen. "Eine wahre Sisyphosarbeit", klagen wir und sind zudem ob des täg- lichen Einerleis und des ewigen Trottes der Resignation nahe.

    Sisyphos lässt grüßen, Sisyphos, der sagenumwobene König von Korinth. Ihn haben die Götter lieb, verwöhnen ihn zunächst mächtig. D och er benimmt sich daneben. Die Allmächtigen schlagen zurück. Sie strafen ihn hart. Der Arme wird verdonnert, einen Fels- block auf den Berggipfel zu beför- dern, doch die Götter bewirken, dass der Brocken zurückrollt ins Tal. Immer wieder. Soweit der Mythos.

    Ein beklagenswertes Schicksal? Vordergründig gesehen, ja.

    "Oft beschert uns der Alltag mehr Gestaltungsmöglichkeiten als wir glauben"

    Peter Thiel

    A ls Metapher hat die Geschichte von Sisyphos Eingang gefun- den in unseren Sprachgebrauch. Sie begegnet uns bei vielerlei sich stän- dig wiederholenden Mühen, im Alltagstrott. Doch liegen wir immer richtig mit unserer in der Regel negativ gemeinten Bewertung? Immerhin hat Sisyphos in der Kunst vielschichtige Interpretatio- nen erfahren.

    Wolfgang Borchert zum Beispiel hinterließ uns eine psychologisch ergiebige Kurzgeschichte mit dem Titel "Sisyphos oder der Kellner meines Onkels". Von August Men- zel, dem Berliner Maler mit dem Spitznamen "kleine Eminenz", stammt eine Sisyphos-Grafik, die den beziehungsvollen Titel "Ode an die Preußen" trägt. Preußen als Symbol der Pflichterfüllung. Und schließlich Albert Camus: In seinem Werk "mythe de Sisyphe" spiegeln sich die Grundgedanken der Exis- tenzphilosophie.

    V ieles im menschlichen Dasein ist wiederkehrende Mühsal. Wiederholung und Gewohnheit sind unabwendbar. C'est la vie.

    Letztlich aber ist der Umgang mit dem Alltäglichen eine Frage der per- sönlichen Grundstimmung, des Humors und der Phantasie. Tret- mühle und Hamster-Rad sagen die einen, Routine die anderen. Die Be- urteilung hängt davon ab, wie man die Dinge sieht.

    Wer als Lehrer beispielsweise seine Klasse eine Strecke weit begleitet hat, gibt sie ab und fängt unten wieder an. Doch wie viel Neues be- gegnet ihm auf dem Weg? Ist da nicht der Weg häufig schon das Ziel? Das gilt für viele berufliche Tätigkeiten.

    D er Mythos lässt offen, ob Sisy- phos phantasievolle Weg- varianten suchte oder nicht. Viel- leicht hielt er es mit Robert Musil, der sagte: "Die täglichen Erlebnisse sind die tiefsten, wenn man sie nur von der reinen Gewohnheit be- freit".

    Auf und Ab, Anspannung und Ent- spannung, Einatmen, Ausatmen, das ist der Rhythmus des Lebens. Was also erleben wir alles, wenn wir hinabsteigen, um den "Stein" er- neut zu stemmen? Trotz widriger Rahmenbedingungen, oft beschert uns der Alltag mehr Gestaltungs- möglichkeiten als wir glauben. Wir müssen sie nur erkennen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden