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Geroldshausen: So will sich Geroldshausen der Ermordung der örtlichen Juden in den Vernichtungslagern stellen

Geroldshausen

So will sich Geroldshausen der Ermordung der örtlichen Juden in den Vernichtungslagern stellen

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    Juden haben seit mindestens 600 Jahren in Geroldshausen gelebt. Die gemeinsame Geschichte endete jedoch abrupt mit der Deportation von fünf Bürgern 1942. Im Ort selber hat darauf bislang wenig hingewiesen. Dies soll sich mit einer Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag am 11. September ändern. Als Redner sind unter anderem ein Vertreter des Auschwitz-Komitees und der Präsident des Zentralrats der Juden Josef Schuster vorgesehen. An diesem Tag soll zudem ein Denkmal enthüllt werden. Es stellt das Gegenstück zum Geroldshäuser Beitrag für den "DenkOrt Deportation" am Würzburger Hauptbahnhof, eine aus Muschelkalk gefertigte, zusammengerollte Decke, dar. Einen Hinweis auf den Auschwitz-Arzt und Vorgesetzten von Josef Mengele, Eduard Wirths, soll es bewusst nicht geben.

    Name von Wirths seit einem Jahr getilgt

    Den Beschluss, das Denkmal zu errichten, habe die Gemeinde schon 2020 und damit noch vor dem Wirbel um das Kriegerdenkmal gefasst, erklärt Bürgermeister Gunther Ehrhardt. Dort war 1951 der Name von Wirths ergänzt worden. Er ist seit gut einem Jahr getilgt. Auch die am Kriegerdenkmal angebrachte Tafel erwähnt seinen Namen nicht. Für ihn ist das bloße Austilgen des Namens jedoch zu wenig: "Wir können die schwierigen Seiten unserer Geschichte nicht einfach ausmeißeln", erklärt der Bürgermeister. Bei dem Geroldshäuser "Denkort" gehe es vielmehr darum, eine "gute Erinnerungs- und Gedenkkultur" zu schaffen.

    Das Geroldshäuser Denkmal soll an prominenter Stelle auf dem Dorfplatz gegenüber vom Bahnhof aufgestellt werden. "Es war uns wichtig, mit dem Standort eine besondere Wertschätzung zu zeigen", fasst Ehrhardt den Grundgedanken zusammen. Der Bürgermeister kann sich sogar vorstellen, dass der Platz zu einem Ort wird, an dem sich die Bürger gerne aufhalten. Auch Bänke seien denkbar, die im Schatten mächtiger Kastanien zum Verweilen einladen. Für die Planer des Areals sei dies freilich eine Herausforderung. Der Dorfplatz ist zwar beschlossen und die Finanzierung steht. Bis er eröffnet werden kann, dürfte jedoch noch einige Zeit vergehen.

    Entwurf eines örtlichen Metallbauers

    Der Rat hat sich für den Entwurf eines örtlichen Metallbauers entschieden und weicht damit vom Würzburger Konzept ab. Dieser entspreche besser den spezifischen Ansprüchen als freistehendes Denkmal, erklärt der Bürgermeister. Vorgelegt hat den Entwurf Wolfgang Rein. Er sieht einen Metallsockel aus Cortenstahl vor, auf dem ein noch nicht näher ausgestalteter, herrenloser Koffer platziert ist. Ein wichtiger Bestandteil des Geroldshäuser "Denkorts" ist die neben dem Koffer aufgestellte, ebenfalls freistehende Informationstafel: Diese soll über die Deportationen informieren, aber, so Ehrhardt, inhaltlich "breiter angelegt" sein. Der Vorschlag stammt von engagierten Bürgern aus dem Ort.

    Als Vorarbeit hat Gemeinderat Rainer Künzig, unterstützt von einer jungen Frau, die – der deutschen Handschrift mächtig – eine Ausbildung zur Archivarin absolviert, die jüdische Geschichte recherchiert. Schon seit zwei Jahren ist eine auf der Netzseite der Gemeinde ausführliche Darstellung abrufbar. Dort gibt es Hinweise auf die Blüte des Geroldshäuser Judentums 1817, als ihm knapp ein Drittel der kaum mehr als 200 Einwohner angehörten. 1847 entstand der Neubau einer Synagoge, die umgenutzt als Wohnhaus noch immer vorhanden ist. Anders als in manch einem Nachbarort gab es 1938 keine Ausschreitungen gegen die damals im Ort verbliebenen Juden.

    Gedenkstein nennt keine Namen von Opfern

    Geroldshausen hat die jahrhundertelange gemeinsame Geschichte erst spät in den Blick genommen. Zwei Lesungen des umstrittenen Buchs "Der Judenacker" von Ulrich Völklein hatten erstmals zu einer breiteren Diskussion geführt. Der 2004 gesetzte Gedenkstein vermeidet es jedoch, die Opfer des Nationalsozialismus zu benennen. Die Inschrift ist allgemein gehalten und den "Opfern von Krieg, Gewaltherrschaft und Verfolgung" gewidmet.

    Am 13. September 1940 wurde Abraham Maier nach Haar gebracht und anschließend in Österreich im Rahmen der Euthanasie umgebracht. Zwei Jahre später, am 10. September 1942 wurden fünf damals nicht mehr in Geroldshausen lebende Juden deportiert und schließlich im KZ Theresienstadt ermordet. Schon zuvor war ein jüdisches Ehepaar, Salomon und Therese Bierig, am 25. April zu Hause von der Gestapo abgeholt und in ein Vernichtungslager im Osten verschickt worden.

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