Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Eibelstadt/Randersacker: Spektakuläre Szenen: So wurde die Autobahnbrücke gesprengt

Eibelstadt/Randersacker

Spektakuläre Szenen: So wurde die Autobahnbrücke gesprengt

    • |
    • |

    Seit drei Wochen hatte sich das Sprengteam auf diese wenigen Sekunden vorbereitet. Am Ende ging alles so schnell, dass manche der Schaulustigen ihre Fotoapparate gar nicht rechtzeitig in die Höhe halten konnten.

    Was viele nicht bedacht hatten: Der Schall ist langsamer als das Licht. Als der erste Knall die in 300 Metern Sicherheitsabstand stehenden Zuschauer erreichte, war die Explosion schon eine Sekunde alt, der erste Pfeiler schon in sich zusammengebrochen.

    Über tausend Löchern waren in die vier Pfeilerpaare der rechtsmainischen Vorlandbrücke gebohrt worden. Beladen wurden sie mit insgesamt 800 Kilogramm Sprengstoff des Typs EuroDyn, ein Standortprodukt für die Sprengung von Gestein und Bauwerken.

    Die knapp 40 Zentimeter langen Stangen erinnern von Form und Farbe an ungarische Salami mit viel...

    ...Paprika und sind kaum gefährlicher, so lange man sie nur in Händen hält.

    Die Stoffe, der für den großem Bums verantwortlich ist, nennen sich Nitroglykol und Ammoniumnitrat. Ersterer ist chemisch mit dem Nitroglyzerin verwandt, letzterer ist, wenngleich in abgewandelter Form, unter dem Namen Ammonsalpeter ein gebräuchliches Düngemittel in der Landwirtschaft.

    Erst durch die Explosion einer Zündkapsel angeregt, entfalten sie ihre ungeheure Kraft. Jedes Kilo verbrennt dann zu einem Kubikmeter Gas, das sich zum Zeitpunkt der Explosion auf einen winzigen Punkt konzentriert.

    Der enorme Druck, der dort für Sekundenbruchteile entsteht, ist es, der den Stahlbeton zerreißt und die Brücke zum Einsturz bringt. Damit sich die Explosion ins Bauwerk entlädt und nicht ins Freie, wird das Bohrloch mit einem Säckchen voll feinem Splitt und schließlich einem Klecks Bauschaum verschlossen.

    Um zu verhindern, dass...

    ...Brocken umherfliegen, wurden die Pfeiler mit Maschendraht und schließlich mit einem dicken Schutzvlies umwickelt. Die Rechnung ging auf. Keines der kaum hundert Meter entfernten Treibhäuser nahm Schaden.

    Im Sekundenabstand sollten die vier Pfeilerpaare bersten. Zusätzliche Sprengladungen sorgten dafür, dass der Brückenüberbau zeitgleich in Stücke bricht und gerade nach unten fällt. Minuziös geplant war der Ablauf.

    Trotzdem bleiben Sprengungen dieser Größenordnung heikel und nicht bis ins Letzte kalkulierbar. Kein Brocken sollte in den Main stürzen, um die Schifffahrt, die nur für eine halbe Stunde gesperrt war, nicht zu blockieren. Die Gasleitung unter der Brücke und die Bundesstraße, mit einer dicken Erdschicht gesichert, sollten keinen Schaden nehmen. Und schließlich sollte die neue Brückenhälfte, die keine zehn Meter von der Sprengung entfernt steht, heil bleiben.

    Kein Wunder, dass der Leiter der Würzburger Autobahn-Dienststelle, Jens Ehmke, erleichtert aufatmete, als Projektleiter Edwin Seemann keine halbe Stunde nach der Sprengung das OK für die Freigabe der Autobahn gab.

    Einige hundert Schaulustige hatten sich die Sprengung angeschaut. Über 100 Einsätzkräfte der Polizei, der umliegenden Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks und des Roten Kreuzes sorgten...

    ...für ihre Sicherheit. Am Mainradweg war eine Zuschauerbereich ausgewiesen. Der Eibelstadter Getränkehändler Thomas Hufenbach hatte sich kurzerhand entschlossen, dort einen Stand aufzubauen. Kaffee, Krapfen und Hörnchen gab es dort für die Frühaufsteher.

    Andreas Lehmeier, Sohn des Sprengunternehmers, war es schließlich, der mit einer kleinen Kurbel die Detonation auslöste. Die harte Arbeit begann erst hinterher. Mit zehn Baggern, ausgerüstet mit Meißeln und Betonscheren, ging die Frickenhäuser Firma Ruppert ans Werk, um die Bundesstraße freizuräumen.

    Bis Montag früh bleibt ihnen Zeit, dass soll die B 13 wieder freigegeben werden. Um die Betonteile in handliche Stücke zu hacken und abzutransportieren, bleibt in den nächsten Wochen genügend Zeit.

    Einer, der sich das Schauspiel mit Wehmut angeschaut hatte, ist Siegfried Kirpeit. 1961 war er als Polier der Schalungsbaufirma Streif zum Brückenbau nach Randersacker gekommen.

    Drei Jahre hatte er an der Brücke gearbeitet und sich die wenige Freizeit im Eibelstadter Gasthaus Zur Schwane vertrieben. Hier lernte er seine Frau Lioba kennen und wurde Eibelstadter.

    Die Brücke hat das Schicksal der beiden bestimmt. „Es ist schon schad drum, dass die Brücke jetzt weg ist“, sagt Siegfried Kirpeit. Einen Betonbrocken wird er sich vielleicht holen und in den Garten legen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden