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WÜRZBURG: Spektakuläres VW-Urteil ist vom Tisch

WÜRZBURG

Spektakuläres VW-Urteil ist vom Tisch

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    Es war ein Aufsehen erregendes Urteil: Das Landgericht Würzburg hatte Ende Februar nicht nur VW verurteilt, einen „Tiguan“ Diesel zurück zu nehmen. Es hatte auch dem VW-Vorstand „vorsätzlich sittenwidrige Schädigung“ bescheinigt. Entweder, so die Richter, habe die Konzernleitung von den betrügerischen Manipulationen der Abgaswerte gewusst und sie gebilligt – oder die Vorstände seien ihren Leitungs- und Kontrollaufgaben nicht nachgekommen. Jetzt, vier Wochen später, ist die spektakuläre Entscheidung der Siebten Zivilkammer plötzlich Makulatur.

    Urteil stärkte Kunden-Interessen

    Das Würzburger Urteil hatte, wie berichtet, die Interessen der geschädigten VW-Kunden gegenüber dem Konzern gestärkt. Nun ist es einfach weg. Michael Schaller, Pressesprecher des Landgerichts, bestätigt auf Anfrage Informationen der Redaktion, nach denen der Kläger, der den „Tiguan Sport“ mit Zwei-Liter-Dieselmotor im Mai 2013 direkt bei VW in Wolfsburg für rund 29.000 Euro gekauft hatte, seine Klage nach der Urteilsverkündung überraschend zurückgenommen hat. So etwas komme „zwar nicht häufig“ vor, sagt Schaller. Laut Zivilprozessordnung sei es aber möglich.

    Es sei das Urteils nie gesprochen worden

    Mit der Rücknahme seiner Klage hat der Tiguan-Fahrer dafür gesorgt, dass das Urteil des Landgerichts Würzburg, gegen das Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Bamberg möglich gewesen wäre, jetzt so behandelt wird, als sei es nie gesprochen worden. Schaller schließt zwar nicht aus, dass das Gericht die Entscheidung auch künftig „anonymisiert und an Personen mit rechtlichem Interesse herausgeben“ werde. Es sei ja möglich, dass jemand „noch mal so argumentieren“ wolle. Aber „die Wirkung des Urteils“ ist nach den Worten des Pressesprechers „beseitigt“.

    Warum der VW-Käufer seine Klage zurück genommen hat, weiß Schaller nicht. Anders der VW-Konzern in Wolfsburg und Alexander Lang aus Rottendorf (Lkr. Würzburg), der den Autofahrer im dem Prozess vertreten hat. Aber weder der Anwalt, noch VW-Pressesprecher Nikolai Laude wollen sich dazu äußern. Beide bescheiden Anfragen der Redaktion mit dem Kommentar: „Keine Stellungnahme.“

    Vermutung: Stillschweigen vereinbar

    Rechtsanwälte, die schon viele „Diesel-Prozesse“ geführt haben, vermuten, dass VW sich die Klagerücknahme „ordentlich was hat kosten lassen“ und den Kläger mit der Vereinbarung einer hohen Vertragsstrafe zum Stillschweigen verpflichtet hat. Es sei auffällig, dass das Oberlandesgericht Bamberg als Berufungsinstanz bislang über kein dem Würzburger Fall ähnliches Verfahren habe entschieden müssen, sagen sie. Die Erfahrung von Anwälten im ganzen Bundesgebiet: Der VW-Konzern sei „auffällig bemüht, obergerichtliche Urteile oder gar eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu vermeiden“.

    Wollte VW die Berufungsinstanz vermeiden?

    Im vorliegenden Fall hätte VW in der Berufungsinstanz wohl unter anderem seine Informations- und Dokumentationsstruktur offen legen müssen, um den Vorwurf der „vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung“ zu entkräften. Dann, so die Spekulationen, wären möglicherweise Missstände bekannt geworden, die der Vorstand sich hätte zurechnen lassen müssen. Folge: Die Erfolgsaussichten der VW-Aktionäre, denen nach Bekanntwerden des Abgas-Skandals Milliardenverluste entstanden sind und die Schadenersatz vom Konzern fordern, wären deutlich gestiegen.

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