Mikrochirurgische Eingriffe an der Bandscheibe, Handchirurgie oder der komplizierte Einbau von Schultergelenks-Prothesen sind eher ungewöhnlich im Leistungsangebot eines kleinen Regionalkrankenhauses. Dass es in Ochsenfurt geht, ist Ergebnis einer Überlebensstrategie, die landkreiseigenen Klinik seit Jahren verfolgt.
Das Chirurgen-Team um Chefarzt Dr. Rainer Schwarzbach, insgesamt drei Fach- und sieben Assistenzärzte, hat seinen Tätigkeitsschwerpunkt in der Basischirurgie und der Notfallversorgung. Die niedergelassenen Ärzte steuern Spezialwissen und Erfahrungen in neuen Operationsmethoden bei – und sind so die beste Visitenkarte, die sich die Klinik wünschen kann. Wie erfolgreich diese Strategie ist, zeigen die seit Jahren steigenden Zahlen der stationär behandelten Patienten, und das in Zeiten, in denen immer mehr Operationen ambulant durchgeführt werden.
Einen wirtschaftlichen Vorteil hat die Main-Klinik unter anderem durch die bessere Auslastung ihrer teuren Einrichtungen. Und auch die niedergelassenen Chirurgen wissen die Kooperation mit der Klinik zu schätzen. „Wir suchen einen Platz, an dem wir unsere Patienten gut behandeln können, insbesondere bei schwierigen Fällen“, sagt der Würzburger Schulter-Spezialist Dr. Dirk Böhm, „und die Main-Klinik sucht ärztliche Leistungen, die sie selbst nicht erbringen könnte.“
Er selbst führt rund 200 Operationen im Jahr durch. Als Ausbilder der deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellbogen-Chirurgie unterweist er zwischenzeitlich auch andere Ärzte an der Main-Klinik in den speziellen Operationstechniken.
Mit Intensivstation, Anästhesie und Notfallabteilung liefert die Main-Klinik die auch Infrastruktur für risikoreiche und komplizierte Eingriffe. Die klassischen Belegabteilungen anderer Krankenhäuser seien in der Regel nicht dafür ausgerüstet.
„Ich denke, dass die Main-Klinik wie keine andere für diese Kooperation aufgestellt ist“, meint auch Prof. Dr. Andreas Krone. Der Neurochirurg und anerkannte Spezialist für Mikrochirurgie und Wirbelsäulen-Operationen praktiziert ebenfalls in Würzburg. Zum Operieren kommt er nach Ochsenfurt, und mit ihm Patienten aus einem weiten Umkreis.
Auf 100 Kilometer schätzt etwa der Ochsenfurter Orthopäde Dr. Thomas Hundeshagen den Einzugsbereich Patienten, die er an der Main-Klinik operiert. Vom guten Zusammenspiel profitiert also auch der gesamte Medizinstandort, meint sein Praxis-Partner Dr. Daniel Knelles – „Es ist auch für uns wichtig, möglichst viele Leistungen in der Region anbieten zu können“.
Der Landkreis als Eigentümer des Krankenhauses hat in den zurückliegenden Jahren in sein Kooperationsmodell investiert, etwa durch den Bau eines neuen Ambulanz-Trakts um stationäre und ambulante Operationen ohne gegenseitige Störung im Klinikbetrieb unterzubringen.
Als wesentliche Voraussetzung für das System Main-Klinik beschreibt Klinik-Geschäftsführer Dr. Alexander Schraml allerdings die große Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten. Traditionell stehen sich Klinikärzten und niedergelassene Kollegen eher mit Misstrauen gegenüber.
Als Haus der Grundversorgung mit 130 Betten hätte die Main-Klinik anders kaum eine Chance, sagt Geschäftsführer Dr. Alexander Schraml. Angesichts eines jährlichen Defizits von einer halben Million Euro und mehr war in der Vergangenheit mehrfach über die Privatisierung des Hauses gesprochen worden – mit allen Folgen für die medizinische Versorgung der ländlichen Region.
Als der Landkreis Würzburg vor genau zehn Jahren eines der ersten Kommunalunternehmen in Bayern gründete, stand deshalb die Wirtschaftlichkeit der Klinik weit im Vordergrund. Heute steigen die Behandlungszahlen stetig und zumindest für die kommenden Jahre sind diese düsteren Aussichten verflogen.