Mit dem Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ stärkt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend alltagsintegrierte sprachliche Bildung, inklusive Pädagogik sowie die Zusammenarbeit mit Familien in den Kitas. Von Januar 2016 bis Dezember 2019 hatte der Bund dafür insgesamt 400 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit konnten deutschlandweit rund 4000 halbe Fachkraftstellen in den Kitas und in der Fachberatung geschaffen werden. Groß war die Freude bei den Projektbeteiligten, als jüngst die Nachricht des Bundesministeriums kam, dass das Projekt bis Ende 2020 verlängert wird. „Wir haben uns mächtig ins Zeug gelegt, damit das Programm verlängert wird und so über 300 Unterschriften bei den Eltern gesammelt – der Einsatz hat sich gelohnt“, freut sich Fachberaterin Petra de Marche. „Es ist uns wichtig, dem Thema ,sprachliche Bildung' gemeinsam mit den Familien im Alltag noch mehr Gewicht zu geben“, so Frau de Marche. „Wir wollen Freude an der Sprache vermitteln, und deren Qualität steigern und Möglichkeiten und Bedingungen schaffen, um allen Kindern von Anfang an gleiche Bildungschancen zu ermöglichen.“
„Wir haben uns mächtig ins Zeug gelegt, damit das Programm verlängert wird und so über 300 Unterschriften bei den Eltern gesammelt – der Einsatz hat sich gelohnt.“
Petra de Marche, Fachberaterin
Ein großer Nutzen des Projektes ist unter anderem die Möglichkeit, das Kita-Teams und Fachkräfte an den von Frau de Marche geleiteten Netzwerktreffen und Arbeitskreisen teilnehmen und sich weiterbilden und austauschen. So fand anlässlich der Projektverlängerung im Oktober ein Netzwerktreffen mit den 14 Kitas des unterfränkischen Verbundes in der AWO Bezirksgeschäftsstelle statt. Hier wurden gemeinsam die Ziele und Aufgaben für das nächste Jahr ausgearbeitet und festgesteckt. So sind beispielsweise die Verstetigung von alltagsintegrierter Sprachbildung und der Ausbau der Zusammenarbeit mit den Familien thematische Schwerpunkte im neuen Jahr. Als Prinzip steht hier der feinfühlige Dialog auf Augenhöhe in den Kita-Teams mit den Eltern und den Kindern an erster Stelle. Praktisch ist es so, dass die pädagogischen Kita-Teams von einer zusätzlichen Fachkraft, die mit 19,5 Stunden in der Woche die Weiterentwicklung alltagsintegrierter sprachlicher Bildung begleitet, unterstützt werden. Diese Stelle übernimmt beispielsweise im AWO Kinderhaus Rasselbande (Würzburg-Heidingsfeld) Verena Dietl und im AWO Kindergarten Spatzennest (Waldbüttelbrunn) Hildegard Rom. Beide werden in einem trägerübergreifenden Verbund kontinuierlich von der zusätzlichen Fachberaterin „Sprach-Kita“ Petra de Marche begleitet. Im Bundesprogramm betreut sie als Fachberaterin einen Sprach-Kita-Verband in Unterfranken mit insgesamt 14 Kitas unter verschiedenen Trägern.
Wie sieht die Arbeit in der „Sprach-Kita“, dem AWO Kindergarten Spatzennest, in der Praxis aus?
In Waldbüttelbrunn wird bereits seit Mai 2017 aktiv im Programm mitgearbeitet. Fachkraft Hildegard Rom im Spatzennest führt aus: „Vielfalt und Verschiedenheit gehören zum Alltag in der Kita. Durch das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ werden wir ermutigt, uns sowohl mit Gemeinsamkeiten und Stärken von Kindern, aber auch mit Unterschieden auseinanderzusetzen und diese zu thematisieren. Wir singen zum Beispiel jede Woche im Morgenkreis ein anderes Begrüßungslied in der jeweiligen Familiensprache von Kindern in unserer Gruppe. Kinder und Erwachsene erfahren so täglich, dass es ganz normal ist, verschieden zu sein und lernen so auch Vorurteile und Ausgrenzungen zu hinterfragen.“
Zu Beginn war es Roms Aufgabe, das Team umfassend über die Inhalte des Projektes zu informieren, um danach den Ist-Zustand der pädagogischen Arbeit in Bezug auf die drei Themenfelder „Sprachförderung im Alltag“, „Inklusion“ und „Zusammenarbeit mit Familien“ zu ermitteln. Als Ergebnis wurde zunächst der Schwerpunkt auf das Thema „Sprachförderung im Alltag“ gelegt. So wurde untersucht, wie Räume besser genutzt, wie sinnvollere Ordnungssysteme geschaffen werden können oder welche Auswahl an Büchern und Spielmaterial hilfreich ist. „Nicht nur eine Umgestaltung der Räume, sondern auch ein Umdenken in den Köpfen war und ist nötig, um im Alltag Anlässe zu schaffen, die für die Kinder Sprachanregung bieten.“ Hier entschied man sich zum Beispiel für eine neue Form des Frühstücksangebotes, bei dem die Kinder Gelegenheit haben, sich in kleinen Gruppen bei freier Zeiteinteilung zu treffen und – begleitet von einer pädagogischen Fachkraft – ins Gespräch zu kommen. Ein weiterer, sehr beliebter und wirksamer Anlass, sich zu treffen und auszutauschen, ist seit der zutrauliche und verspielte Kindergartenhund Jasper. Morgens sitzt er in der Aula, begrüßt die Kinder und Eltern und hört sich die neuesten Geschichten an.
Verena Dietl aus dem AWO Kinderhaus Rasselbande berichtet über folgende praktische Beispiele aus dem Alltag einer „Sprach-Kita“
Zur Förderung der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung werden zum Beispiel alle Kinder und Eltern im Eingangs- und Spielbereich dazu eingeladen, sich am Aktionstisch „Erzähl doch mal was“ über das angebotene Thema zu unterhalten, Bilderbücher dazu anzuschauen und sich einfach mal Zeit zu nehmen, miteinander zu sprechen. Durch das Feiern verschiedenster Feste kommt die Vielfalt und Verschiedenheit im Bereich Inklusive Pädagogik in der Einrichtung besonders zum Tragen. So haben sie zum Beispiel das muslimische Fest des Fastenbrechens, das „Zuckerfest“, als weiteren festen Bestandteil in den Jahresablauf aufgenommen. Auch die Zusammenarbeit mit Familien als dritter Baustein des Bundesprogramms wird in der Einrichtung umgesetzt, beispielsweise durch eine interne Arbeitsgruppe, die sich in regelmäßigen Abständen über die Anliegen, Wünsche austauscht, sich aber auch die Frage stellt, wie Eltern noch mehr in die Einrichtung eingebunden werden können.
Dietl freut sich besonders über die Verlängerung des Projektes, „weil unsere Ziele noch nicht erreicht sind und die vielen Dinge, die bereits angelaufen sind, noch verstetigt werden müssen.“ Daher umfasse die Planung für das kommende Jahr keine neuen, sondern die Vertiefung des bisher Erreichten. Ganz nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel. „Wir haben zwar schon viel erreicht, sind ab er noch lange nicht am Ende“, resümiert Frau Dietl. „Und das wollen wir auch nicht sein, da sich die Welt sehr rasant verändert und wir mit ihr. Es gibt immer wieder neue und spannende Herausforderungen, die bewältigt werden wollen.“


