Die Lage in den vom Coronavirus schwer betroffenen Senioren- und Pflegeheimen in Unterfranken ist ernst. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Würzburg von Amts wegen Vorermittlungen wegen der Todesfälle im Würzburger St. Nikolausheim aufgenommen. Anzeigen lägen derzeit keine vor, teilt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach mit. Jedoch hatten Angehörige Vorwürfe in den Medien erhoben, dass ihre Eltern nicht frühzeitig getestet worden seien und dass es sehr schwer sei, Informationen über die Situation im Heim zu bekommen.
Im St. Nikolausheim sind bis Dienstagnachmittag 22 Bewohner mit einer Corona-Infektion gestorben, im Würzburger Hans-Sponsel-Haus der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zwölf. Auch andere Heime in der Region sind betroffen. So gab es Infektionen und Todesfälle auch in einem Heim der Diakonie in Oerlenbach (Lkr. Bad Kissingen), im Pflegeheim Werneck (Lkr. Schweinfurt) und im Schweinfurter Seniorenpflegeheim "Domicil". In allen Heimen wurden auch zahlreiche Mitarbeiter positiv getestet.
Reinigungsfirma will nicht mehr ins Seniorenheim
Dies verschärft die Personalnot in den betroffenen Heimen zusätzlich. Es fehle an der notwendigen Schutzkleidung, berichtet Ulrike Hahn, Bereichsleiterin Senioren und Reha bei der AWO in Unterfranken. Das größte Problem aber sei die Personalnot, sagt Hahn. Zum Glück sei die AWO aktuell nur mit einem Heim in Unterfranken, dem Hans-Sponsel-Haus, betroffen. So können die Einrichtungen Personal aus anderen Häusern einsetzen.
Viele Beschäftigte aber wollten aus Sorge um ihre eigenen Angehörigen sich dem Risiko einer Infektion nicht aussetzen, sagt die Bereichsleiterin. Eine private Putzfirma habe ihren Dienst quittiert, weil die Mitarbeiter nicht mehr in ein betroffenes Heim gehen möchten. Dies erschwere notwendige Umzüge innerhalb des Heimes, um Betroffene und Nicht-Betroffene besser zu separieren.
Zehn Bewohner wieder genesen
Doch es gibt auch Lichtblicke: Im zuerst und besonders schwer betroffenen Würzburger St. Nikolaus-Heim seien 13 mit Corona infizierte Bewohner wieder genesen, teilt die Stiftung Bürgerspital mit. In der Einrichtung war die Krise vor fast vier Wochen ausgebrochen, ein 83-jähriger Bewohner war das erste Todesopfer in Bayern. Mittlerweile wurden dort infizierte und nicht-infizierte Senioren getrennt.
Allerdings klagen Angehörige über die schlechte Informationspolitik der Stiftung Bürgerspital und erheben Vorwürfe, dass nach den ersten Fällen nicht gleich alle Bewohner getestet worden seien. Auch seien persönliche Gegenstände der Verstorbenen zwischengelagert und nicht an die Angehörigen gegeben worden. Die Stiftung Bürgerspital hat sich inzwischen zu den Vorwürfen geäußert und sie teilweise zurückgewiesen. Man sei mit den Angehörigen in ständigem Austausch. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft von Amts wegen. Medienberichten zufolge erwägt die Tochter einer Verstorbenen eine Anzeige der Heimleitung.
"Pflegeheime sind kein Ort des Horrors"
"Pflegeheime sind derzeit kein Ort des Horrors, aber gleichwohl ein Ort, der besonders geschützt werden muss", sagt Raimund Binder, Leiter des Marie-Juchacz-Haus in Würzburg. Sein Haus sei zwar nicht vom Virus betroffen, dennoch müssten die rund 100 Bewohner Einschränkungen hinnehmen. So dürfe keiner mehr sein Stockwerk verlassen. Dies werde größtenteils mit viel Verständnis aufgenommen.
Binder informiert regelmäßig Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter in einem Newsletter. Via Skype könnten Bewohner mit ihren Angehörigen in Kontakt bleiben. Da die ambulante Tagespflege derzeit nicht arbeiten dürfe, helfen deren Mitarbeiter im Heim aus, sagt Binder. So habe man drei Freiwillige für das betroffene Hans-Sponsel-Haus zur Verfügung stellen können.