Egal ob Arztpraxen, Kliniken, Rettungsdienste oder Seniorenheime in Unterfranken - allen fehlt es an Schutzkleidung, um das eigene Personal zu schützen. Und um zu vermeiden, dass dasCoronavirus sich weiter verbreitet.
Für den FDP-Gesundheitspolitiker und Professor für Infektiologie, Andrew Ullmann, hat das Bundesministerium für Gesundheit beim Thema Schutzkleidung versagt. Seit drei, vier Wochen verspreche man Nachschub-Lieferungen, sagt der Bundestagsabgeordnete aus Würzburg. Die seien zwar auch gekommen, aber nicht in ausreichender Menge. "Es darf nicht sein, dass das medizinische Personal zum Kanonenfutter wird", so Ullmann. Inzwischen gebe es schwere Verlaufsfälle auch bei Ärzten und Pflegepersonal. Es sei fatal, wenn Menschen, die Kranken helfen, selbst in größte Gefahr kämen, nur weil die Schutzkleidung fehle.
SPD-Abgeordnete Sabine Dittmar: Ganze Lieferungen verschwunden
Die Lage entspanne sich ein wenig, sagt Ullmanns Kollegin Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Insgesamt seien bis zum 5. April fast 37 Millionen Atemschutzmasken ausgeliefert worden. Über 2,3 Millionen davon gingen an Bayern. Dies seien vor allem OP-Masken, aber auch bundesweit fast neun Millionen hochwertige FFP2 und FFP3-Masken. Für sie sei es nach wie vor nicht nachvollziehbar, dass immer wieder Lieferungen verschwinden würden, so die Bundestagsabgeordnete aus Bad Kissingen.
Für vier Tage habe man noch ausreichend Schutzkleidung, berichtete Ulrike Hahn von der Arbeiterwohlfahrt in Unterfranken (AWO) am Montag. Mit dem Hans-Sponsel-Heim in Würzburg hat die Arbeiterwohlfahrt ein besonders schwer vom Virus betroffenes Pflegeheim zu betreuen. Aus allen anderen Häusern habe man die Schutzkleidung zusammen getragen, damit Personal und Bewohner im betroffenen Heim optimal geschützt werden könnten, so Hahn. Unvorstellbar sei die Situation, wenn jetzt noch ein zweites Heim betroffen wäre. 5000 Einwegmasken habe man aktuell geliefert bekommen, so Hahn. Doch allein im betroffenen Hans-Sponsel-Heim benötige man über 100 davon pro Tag und genau so viele Schutzkittel, die derzeit am knappsten seien.
Jeder muss sich seine Schutzkleidung selbst organisieren
Katastrophenschutz und Krisenstäbe in der Region setzen indes alle Hebel in Bewegung, Nachschub an Schutzkleidung zu bekommen. Doch die Lage bleibe brisant, sagt Paul Justice vom Würzburger Krisenstab. Das Landratsamt Würzburg berichtet, dass man inzwischen die hochwertigen Masken sterilisiere und wieder verwende. Offiziell sei die Bestellung und Zuteilung zentrale Aufgabe des Freistaates Bayern. Doch der fordere die Behörden vor Ort auf, auch selbst aktiv zu werden und sich selbst um den Nachschub zu kümmern. In den weniger sensiblen Bereichen kämen längst auch genähte Schutzmasken zum Einsatz.

In ganz Unterfranken arbeiten die Verantwortlichen in Kliniken und Seniorenheimen daran, die notwendige Schutzkleidung selbst zu organisieren. "Wir haben zwar auch schon Nachschub vom Krisenstab erhalten", berichtet Ulrike Hahn. Doch darauf allein könne man sich nicht verlassen. Der Landesverband der AWO hatte in der vergangenen Woche Handwerker, Tätowierer und Vereine aufgerufen, nicht benötigte Atemschutzmasken der AWO zu überlassen. Zwar gebe es immer wieder Nachschub, sagt auch der Ärztliche Direktor der Würzburger Uniklinik, Professor Georg Ertl. Aber die Situation habe sich nicht entspannt.
Mitarbeiter schauen mulmig auf kommende Wochen
"Die Mitarbeiter schauen den kommenden Wochen mulmig entgegen", sagt Thomas Knieling, Bundesgeschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe. Das Material sei knapp, das Personal könne Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, Handschuhe und Mundschutz regelmäßig zu wechseln, schlichtweg nicht einhalten.
In einer früheren Version dieses Textes war von bis zu 35 Millionen verschwundenen Schutzmasken die Rede. Diese Angabe beruhte auf einem Missverständnis. Gemeint waren wohl die fast 37 Millionen ausgelieferten Schutzmasken. Die Zahl der verschwundenen Masken lässt sich aktuell nicht seriös beziffern. Wir haben den Fehler im Text korrigiert und bitten ihn zu entschuldigen.
- Lesen Sie auch: Handarbeitslehrerin wird von Anfragen nach Masken überrollt
- Kommentar: Ohne Globalisierung gäbe es keine Coronakrise
- Corona aktuell: Die Lage in Unterfranken