Stellen wir uns den Würzburger Stadtrat ausnahmsweise als Fußball-Mannschaft vor: Dann hat der Kapitän entweder einen Steilpass übers halbe Feld geschlagen – ohne den Anspielpartners genau zu sehen. Oder er hat ein beherztes Solo hingelegt, hat sich selbst in Szene gesetzt – zur Verwunderung seiner Mitspieler, und läuft nun aufs Tor zu ... Die Frage ist: Kommt der Ball noch an? Oder rücken genügend Mitspieler nach, um aus der Einzelaktion noch einen effektiven Spielzug zu machen?
Es war zu erwarten, dass der Stadtrat nicht mit einem kollektiven Hurra dem Vorstoß von Oberbürgermeister Christian Schuchardt folgt, wonach sich die Stadt Würzburg mit sieben Millionen Euro an einer neuen Stadiongesellschaft beteiligten soll – finanziert über 15 bis 20 Jahre. Der Kickers-Euphorie und den großen Gefühlen bei Fans steht eine nüchterne Bestandsaufnahme im Rathaus gegenüber. Kommunalpolitik ist Realpolitik. Es gibt Millionenprojekte in der Stadt zu finanzieren, das Geld reicht schon dafür hinten und vorne nicht. Jetzt auch noch in ein Stadion investieren?
Es gibt gute Gründe dafür – wenn man den Ausbau als Infrastrukturgewinn für das Oberzentrum und den Höhenflug der Würzburger Kickers in die Zweite Liga als bundesweite Standortwerbung begreift. Genauso gibt es Skepsis und kritische Fragen, die zu stellen sind. Beschließen kann ein städtisches Stadion-Engagement nur der Stadtrat. Und hier spielt sich die Meinungsbildung gerade auf zwei Ebenen ab: Neben der eigentlichen Bewertung von Pro und Kontra in der Sache geht es um das Verfahren: Der OB hat das Plenum samt Referenten düpiert bis verprellt, weil seine Initiative mit niemandem abgestimmt war. Manche werden ihn ihre Verärgerung ob dieses „Überfalls“ noch spüren lassen. Andere wollen Schuchardt schon aus parteitaktischen Gründen den Wandel vom defensiven Kickers-Saulus zum offensiven Kickers-Paulus verderben. Zu wünschen wäre, dass nicht Parteipolitik und persönliche Befindlichkeiten dominieren, sondern sich der Stadtrat in seinem Votum ausschließlich von der entscheidenden Frage lenken lässt: Was ist nachhaltig gut für unsere Stadt?