Muchtar Al Ghusain ist kein Leisetreter. Er denkt gegen den Strich, manchmal redet und handelt er auch so. Seine Vorgänger waren Verwalter ohne nennenswerte Initiative. Besonders in Sachen Kultur hebt er sich dramatisch von ihnen ab. Er konfrontiert die Kulturszene mit Qualitätsansprüchen und setzt Impulse, von denen ihm manche um die Ohren fliegen, wie seine Ideen zur Frankenhalle oder zum Neubau des städtischen Theaters auf dem Mozartareal.
Al Ghusain macht, was kreative Leute machen: Er widerspricht Überkommenem und provoziert Widerspruch mit Neuem. Impulsgeber wie ihn, Leute, die inhaltliche Auseinandersetzungen provozieren und führen, braucht die Stadt und braucht der Stadtrat, um lebendig und aufgeschlossen zu sein.
Ankündigungen ohne Folgen
Aber Al Ghusain verzettelt sich auch in seinem Ideenreichtum und kommt mit dem Erfüllen von Ankündigungen nicht hinterher, etwa in Sachen Erinnerungskultur. Da hat er beispielsweise vor sieben Jahren angekündigt, Nazi-Denkmäler in der Stadt mit erklärenden Hinweisen zu versehen. Bis heute ist nichts passiert.
Al Ghusain entwickelt enorme Leidenschaften bei Themen, die ihm am Herzen liegen. Was ihn nicht anmacht, muss warten. Bei den großen Sportthemen zum Beispiel – die Zukunft der Kickers, Fusionen im Fußball oder Multifunktionshalle – kommt vom Sportreferenten Al Ghusain arg wenig.
Eine Fehlentscheidung
Als Parteivorsitzender der SPD hatte er sich zudem angreifbar gemacht. Sein Kollege in der CSU, Oliver Jörg, ließ in kommunalpolitischen Reden kaum eine Gelegenheit aus, ihn zu attackieren. Und wenn die CSU im Stadtrat die SPD attackieren wollte, musste sie nur Al Ghusain in die Mangel nehmen. Gelegenheiten gab er ihr genug. Den Parteivorsitz zu übernehmen, war eine gravierende Fehlentscheidung.
Al Ghusain ist zumindest mitverantwortlich an der verfahrenen Situation. Dass er jetzt mit der Ausschreibung einen Vergleich mit anderen Bewerbern herausfordert, entspricht seinem Drang nach Auseinandersetzung. Er ist zu kantig, um das Verfahren tatenlos über sich ergehen zu lassen. Gut möglich, dass er sich damit um sein Amt bringt.