Jetzt also doch. Was seit Monaten gemunkelt wurde, ist amtlich – qua Bekanntgabe durch den Oberbürgermeister: Die Würzburger Kickers sehen für ihren Profi-Spielbetrieb keine Perspektive am Dallenberg. 1967, im August vor 50 Jahren, wurde das Stadion in Betrieb genommen. Den Anforderungen für einen Zweitliga- oder gar Erstligabetrieb genügt es heute nicht mehr.
Bei ihrem Durchmarsch bis in die Zweite Liga mussten die Kickers ständig nachbessern, konnten nur mühsam die Liga-Auflagen erfüllen. Zukunftsfähig war der provisorische Ausbau nicht – das dürften die Verantwortlichen schon länger geahnt haben.
Stadion gehört zur Identität eines Vereins
Nur: Sich von einem gewachsenen Standort zu verabschieden, das trifft die Seele eines Vereins, berührt die Identität. Insofern will ein solcher Schritt wohl überlegt und gut argumentiert sein. Laut sind teilweise die Stimmen der rot-weißen Anhängerschaft, die den „Dalle“ mit Zähnen und Klauen verteidigen wollen. Zur Not gegen wirtschaftliche Vernunft und um den Preis eines fortdauernden Konflikts mit der Anwohnerschaft, die sich gegen Lärm und Licht aus dem Stadion wehrt.
Der Dalle-Abschied und der geplante Neubau – wo auch immer – ist so gesehen ein Befreiungsschlag. Statt eines kräftezehrenden Kleinklein mit immer neuen Unzulänglichkeiten schafft ein neues Stadion die langfristige Grundlage für Weiterentwicklung und Wachstum.
Positiver Nebeneffekt: Die Kickers gewinnen mit diesen Plänen Zeit. Denn einen Stadionneubau können selbst gnadenlose Liga-Bosse nicht von heute auf morgen erzwingen.
Ein Kraftakt für die Region
Ein solches Projekt ist eine Herkulesaufgabe und man darf gespannt sein, mit welchen Geldgebern es zu stemmen ist. Anders als in Regensburg, wo die Stadt die neue „Continental Arena“ gebaut hat, ist im Würzburger Rathaus für den eigentlichen Stadionbau nichts zu holen – darüber herrscht im Stadtrat Konsens.
So unbestritten der Imagegewinn Würzburgs durch die Kickers ist: In Anbetracht sonstiger städtischer Infrastrukturaufgaben (Straßen, Brücken, Mainfranken Theater, Nautiland, ÖPNV) ist ein Stadion-Engagement in zweistelliger Millionenhöhe kaum darstellbar. Hierzu braucht es einen gemeinsamen Kraftakt mit Sponsoren und Unternehmen aus der Region.
Würzburg profitiert, also sollte Stadt auch fördern
Gänzlich aus der Verantwortung stehlen darf sich die Stadt dennoch nicht: Sie profitiert vom Profifußball, also sollte sie ihn auch fördern. So wie dies mit der Beteiligung an einer Stadiongesellschaft geplant war. Es war im vergangenen Jahr – mit den damaligen Kriterien – der richtige Schritt von Oberbürgermeister Christian Schuchardt und in der Folge einer großen Mehrheit des Stadtrates.
SPD stellt sich mit Kritik ins Abseits
Dass die SPD nun versucht, das Aus für die Stadiongesellschaft als persönliche Pleite des OB auszuschlachten, ist – bei aller Berechtigung kritischer Nachfragen – mieser politischer Stil. Schließlich hatte auch die SPD der Stadiongesellschaft mehrheitlich zugestimmt.
Statt rückwärtsgewandte Abrechnungen zu betreiben, braucht es nun ein konstruktiv-kritisches Ringen um eine dauerhafte Lösung. Dieses Ringen aber bitte transparent und öffentlich.