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Höchberg: Stichler: Vom Höchberger Rathauschef zum Star für die Enkel

Höchberg

Stichler: Vom Höchberger Rathauschef zum Star für die Enkel

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    Peter Stichler war seit 1994 Bürgermeister für die SPD in Höchberg. Am 30. April wird er vorerst zum letzten Mal die Treppen hoch zu seinem Büro gehen. Am 1. Mai übernimmt Alexander Knahn die Rathausgeschäfte.
    Peter Stichler war seit 1994 Bürgermeister für die SPD in Höchberg. Am 30. April wird er vorerst zum letzten Mal die Treppen hoch zu seinem Büro gehen. Am 1. Mai übernimmt Alexander Knahn die Rathausgeschäfte. Foto: Thomas Obermeier

    36 Jahre lang war der 68-Jährige in der Kommunalpolitik tätig: 1984 wurde Peter Stichler in den Höchberger Gemeinderat gewählt, 1990 wurde er zum 2. Bürgermeister und 1994 zum Oberhaupt seiner Gemeinde gewählt. Eine Aufgabe, die von kommunalpolitischen Erfolgen, aber auch von Tiefschlägen geprägt war - beruflich wie privat.

    Frage: Rückblickend gesehen, hätten Sie das Amt angenommen, wenn Sie damals gewusst hätten, was alles auf Sie zukommt?

    Peter Stichler: Ja. Es gibt nichts Schöneres, ich habe es bis zum heutigen Tag nicht bereut. Und die Höchberger haben mich immerhin von Beginn an mit großer Mehrheit gewählt. Das erste Mal gleich mit über 60 Prozent - ebenso wie bei den weiteren Wahlsiegen. Der beste Beweis, dass ich nicht so viel falsch gemacht haben kann.

    Sie hätten auch Karriere im Verlagswesen machen können. Immerhin waren Sie zuvor schon Geschäftsführer vom Anzeigenblatt "WOB".

    Stichler: Ich habe die Tür zur Medienbranche nie richtig zu gemacht. Ich habe als Bürgermeister oft meine Werbung selbst gestaltet. Wenn es um den Kracken, also das Höchberger Maskottchen ging, oder die Gestaltung von Urkunden und Präsentationen im Gemeinderat, habe ich oft noch nach Dienstschluss am Rechner gesessen und Entwürfe gestaltet. Von daher habe ich den alten Job nie aufgegeben. Im Gegenteil, habe dazu gewonnen. Laut Konfuzius "Such' dir eine Arbeit, die dir Spaß macht und du musst nie mehr arbeiten" habe ich immer genau das gemacht, was meinen Neigungen entspricht.

    Als Bürgermeister kann man aber auch nicht immer machen was man will. Dazu braucht es einen  Stab an Unterstützern und Freunden. Hatten Sie die immer?

    Stichler: Grundsätzlich ja. Auf meine Familie, Mitarbeiter und Freunde konnte ich mich immer verlassen. Allerdings hat es mich dann doch hart getroffen, als es im Jahr 2000 zur Spaltung der SPD in Höchberg kam. Seinerzeit saßen wir noch mit acht Mitgliedern im Gemeinderat, als vier plötzlich meinten, eine eigene Fraktion zu gründen. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass so etwas passiert. Das hat mich lange beschäftigt, aber dank meiner politischen und privaten Freunde und vor allem meiner Frau Elli habe ich das auch überwunden.

    Bürgermeister Peter Stichler mit seiner Frau Elli und Tochter Nicole (von links) stoßen auch 2006 auf einen erneuten Wahlsieg an.
    Bürgermeister Peter Stichler mit seiner Frau Elli und Tochter Nicole (von links) stoßen auch 2006 auf einen erneuten Wahlsieg an. Foto: Thomas Fritz

    Ihre Frau war Ihre größte Stütze. Sie ist bedauerlicherweise im vergangenen Jahr gestorben. Welchen Rat von ihr haben Sie am meisten gehört?

    Stichler: "Sei nicht nachtragend und schmeiß doch den alten Scheiß weg, Peter!" Recht hatte sie und meistens habe ich das befolgt. 

    Welchen guten Rat geben Sie denn Ihrem Nachfolger? Alexander Knahn tritt weder für die SPD noch für eine andere Partei an. Das könnte manchmal schwierig werden.

    Stichler: Mein Vater hat mich eines gelehrt: "Deine Schuhe dürfen nie größer sein als der Boden, den du betrittst." Sprich: Verliere nicht die Bodenhaftung. Da Alex Knahn schon seit zehn Jahren als Bauamtsleiter für die Gemeinde Höchberg tätig ist, hat er sich mittlerweile etwas aufgebaut. Ich bin zuversichtlich, dass er das packen wird. Schließlich hat die SPD ihn im Wahlkampf auch unterstützt, weil wir in unseren eigenen Reihen leider niemanden gefunden haben. Außerdem ist er ein waschechter Höchberger und gut vernetzt. Als Bürgermeister  muss man für alle Bürger da sein.

    Sie haben in den 26 Jahren viel in Höchberg vorangetrieben und umgesetzt. Darunter zählen die Ortskernsanierung, der Ausbau des Gewerbegebietes und die Weiterentwicklung der Familienpolitik mit Schule und Kindergarten. Was ist denn nicht so gut gelaufen?

    Stichler: Obwohl wir ein großes Gewerbegebiet haben, ist eine wichtige Firma wieder weggezogen, weil wir keine Erweiterungsfläche anbieten konnten. So haben wir beispielsweise einen wichtigen Teil von Viasis verloren und damit sind viele Arbeitsplätze sowie einige Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen weggebrochen - um nur ein Beispiel zu nennen. Das tut natürlich weh. Aber unsere jahrelangen Verhandlungen über den Kauf von Grundstücksflächen sind immer gescheitert. Das Positive ist, dass wir nach langen Jahren der Gespräche mit einem großen Grundstücksbesitzer Anfang dieses Jahres etwa 80 Hektar Acker und Waldfläche erwerben konnten. Diese Millioneninvestitionen ermöglichen für die Zukunft viele Optionen. Was damit künftig - auch im Hinblick auf die Corona-Pandemie - passieren wird, weiß ich nicht. Das macht mir große Sorgen. Schließlich kann man überhaupt nicht abschätzen, welche Auswirkungen das Ganze noch auf die Wirtschaft haben wird.

    Eine Never-Ending-Story scheint das Derag-Zentrum am Hexenbruch zu sein. Sie haben immer wieder versucht, dieses Gebäude wiederzubeleben. Was ist nun damit? 

    Stichler: Mmh, das Problem darf nun der neue Bürgermeister in Angriff nehmen. Ich bin zuversichtlich, dass er gemeinsam mit dem Gemeinderat Lösungswege findet, um die in die Jahre gekommene Immobilie wiederzubeleben.

    Es gibt aber doch sicher auch Positives, woran Sie sich erinnern?

    Stichler: Der größte finanzielle Glücksfall für die Gemeinde war sicher die Botschaft vom Vogel Druck im Jahr 2007, als mir im Büro des Chefs in Würzburg mitgeteilt wurde, dass wir einen hohen zweistelligen Millionenbetrag an Gewerbesteuern erhalten. Da hat's mich fast aus den Schuhen gezogen. Klar, wir mussten gleich wieder 13 Millionen davon an Kreisumlage abgeben, aber wir waren damit für viele Jahre finanziell bestens aufgestellt. Und eines ist ja auch klar, damit wurden viele Begehrlichkeiten geäußert, die ich oft in der Sitzung mit folgendem Zitat eines verstorbenen Gemeinderates versucht habe, zu beschwichtigen: "Es ist nicht alles machbar, was wünschenswert ist. Es ist aber auch nicht alles wünschenswert, was machbar ist." Im Großen und Ganzen haben wir das Geld in sinnvolle Maßnahmen investiert und ich kann meinem Nachfolger noch eine zweistellige Millionensumme in den Rücklagen hinterlassen.

    Was hat Sie außerdem noch gefreut?

    Stichler: Als eine Sternstunde in der Höchberger Kommunalpolitik der letzten sechs Jahre würde ich die Sitzung bezeichnen, in der wirklich alle Mitglieder des Gremiums konstruktiv an einer schwierigen Entscheidung über die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes am Hexenbruch entschieden haben. Es ist zwar nicht jeder glücklich mit dem jetzigen Standort am Mainlandbad, aber immerhin ist die Nahversorgung der gut 4000 Einwohner dort wieder gewährleistet. Das sehe ich als einen riesigen Erfolg.

    Sie haben mal gesagt, dass Sie nicht nachtragend seien. Gibt es dennoch Menschen, mit denen Sie eine "Rechnung" offen haben? 

    Stichler: Ganz so hart würde ich das nicht sagen. Aber: Es gibt Menschen, die mir kommunalpolitisch das Leben sehr schwer gemacht haben. So etwas vergisst man nicht.

    Die letzten Wochen Ihrer Amtszeit sind aufgrund von Corona sicher ruhiger verlaufen. Wie geht es Ihnen persönlich damit? 

    Stichler: Durch den Wegfall vieler Termine habe ich ausgiebig Zeit, mein Büro in Ruhe auszuräumen. Das ist natürlich entspannter als gedacht. Aber vielmehr sorge ich mich um die Auswirkungen dieser Pandemie. Dabei geht es mir weniger um die Wirtschaft als vielmehr um die Menschen, deren Einsamkeit verheerende soziale Folgen haben wird. Das merke auch ich, weil ich meine Enkel nicht sehen darf und das trifft mich ganz besonders.

    Ein Herz und eine Seele: Peter Stichler mit seinen beiden Enkeln Jakob und Leo.
    Ein Herz und eine Seele: Peter Stichler mit seinen beiden Enkeln Jakob und Leo. Foto: Stichler

    Womit wir bei Ihrer Zeit als Pensionär angelangt sind. Wie werden Sie Ihre Zeit verbringen und vor allem - gibt es jemanden, der die Leere durch Ellis Tod ausfüllen kann?

    Stichler: Ja, die gibt es in der Tat - das sind meine zwei Enkel, Zwillinge. Mittlerweile viereinhalb Jahre alt und damit echte Herzensbrecher. Dadurch, dass sie keine Oma mehr haben, bin ich als Opa jetzt der Star. Und von meiner jüngeren Tochter kommt im Herbst noch ein Enkel dazu. Da kommt keine Langeweile auf. Ansonsten hatte ich mich natürlich auf einen schönen Lebensabend mit meiner Frau gefreut. Ihr hatte ich immer eine Kreuzfahrt im Norden versprochen. Leider konnte ich ihr den Traum nicht mehr erfüllen. Ich habe das aber für sie an unserem 44. Hochzeitstag nachgeholt und in jeden Hafen einen Strauß roter Rosen geworfen. Das war gut so, denn sie war mit dabei. Jetzt habe ich keine Angst mehr vor der Zukunft.

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