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STALLDORF: Strom aus dem Gau für den Rest der Welt

STALLDORF

Strom aus dem Gau für den Rest der Welt

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    Die armdicken, an meterlangen Isolatoren installierten Aluminiumleiter im neuen Umspannwerk bei Stalldorf stehen unter einer Spannung von 380 000 Volt. Rechts im Bild einer der beiden riesigen Transformatoren, die die Spannung auf 110 000 Volt herabsetzen.
    Die armdicken, an meterlangen Isolatoren installierten Aluminiumleiter im neuen Umspannwerk bei Stalldorf stehen unter einer Spannung von 380 000 Volt. Rechts im Bild einer der beiden riesigen Transformatoren, die die Spannung auf 110 000 Volt herabsetzen. Foto: Foto: Gerhard Meißner

    Über 300 Tonnen ist jeder der beiden Transformatoren schwer. Gemeinsam sind sie das Herz des neuen 380-Kilovolt-Umspannwerks bei Stalldorf, das jetzt offiziell seiner Bestimmung übergeben wurde.

    „Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Energiewende“, sagt Werner Götz, Vorsitzender Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Transnet BW, Tochterunternehmen der EnBW.

    Funktioniert wie ein Handy-Netzteil

    Im Prinzip machen die beiden Kolosse nichts anderes als das Netzteil eines Handys. Nur dass es hier nicht um Haushaltsstrom geht, sondern um 380 000 Volt, die in 110 000 Volt umgewandelt werden.

    So war es zumindest früher, als die 380-kV-Höchstspannungsleitung zwischen Grafenrheinfeld und Kupferzell die 110-kV-Verteilnetze speiste, über die die ländlichen Regionen zwischen Unterfranken und Nordwürttemberg versorgt wurden.

    Immer mehr Windkraft und Phootovoltaik

    Die Verhältnisse haben sich grundlegend geändert. In der dünn besiedelten Landschaft wie dem südlichen Ochsenfurter Gau, in der früher nur wenige Stromverbraucher saßen, stehen heute die größten Windkraft- und Photovoltaikanlagen.

    Drei Millionen Stromerzeuger

    Während vor es zwei Jahrzehnten noch bundesweit rund 500 Kraftwerke gab, sei die Zahl der Stromerzeuger inzwischen auf drei Millionen gewachsen, so Götz. Und die produzieren in günstigen Zeiten so viel Energie, dass die vorhandenen Netze nicht mehr ausreichen, um sie zu den Verbrauchern in den Ballungsräumen zu transportieren.

    Hotspot der Stromerzeugung

    Die Gemeinde Riedenheim mit ihrem Ortsteil Stalldorf ist ein gutes Beispiel für diese Entwicklung. Mit 720 Einwohnern zählt der Ort zu den kleinsten selbstständigen Gemeinden in ganz Bayern.

    In den wenigen Haushalten und Betrieben wurden im vergangenen Jahr 1,9 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht, berichtet Bürgermeister Edwin Fries. Dem stehen 32,6 Millionen Kilowattstunden erneuerbarer Strom gegenüber, der von den Windkraft- und Solaranlagen auf Gemeindegebiet erzeugt wird.

    Netz überlastet

    Und nicht nur diese Energie will ins Netz gebracht werden, sondern auch der Strom aus benachbarten Windkraft- und Photovoltaikanlagen, darunter das 40 Hektar große Solarfeld auf dem ehemaligen Militärgelände in Giebelstadt. An wind- und sonnenreichen Tagen ist das Angebot so groß, dass das 110-kV-Verteilnetz überlastet wird.

    Das war der Grund für Netzbetreiber TransnetBW, mit dem neuen Umspannwerk einen direkten Zugang zum 380-kV-starken Übertragungsnetz zu schaffen, sagt Rainer Joswig, der für den Netzausbau zuständige Geschäftsführer von TransnetBW. 20 Millionen Euro habe TransnetBW in den neuen Umsetzer investiert, bei einer Bauzeit von rund eineinhalb Jahren.

    Im April 2016 war das 110-kV-Umspannwerk gleich neben der neuen 380-kV-Anlage in Betrieb gegangen. Betreiber ist die NetzeBW, ebenfalls eine EnBW-Tochter, allerdings nur zuständig für das Verteilnetz. Der Standort sei damit der erste im Versorgungsgebiet des Mutterkonzerns EnBW, an dem gemäß den neuen europäischen Wettbewerbsvorgaben Transportnetz und Verteilnetz nicht nur unternehmerisch, sondern auch baulich getrennt sind.

    Kritik aber kein Widerstand

    In Riedenheim „mussten wir schon mal schlucken, als wir von den Dimensionen des Umspannwerks erfahren haben, sagt Bürgermeister Fries. Widerstand gegen den Bau der Anlagen, habe sich aber nicht formiert als nachgewiesen werden konnte, dass die magnetischen und elektrischen Felder, die von den Anlagen auf das Dorf ausgehen, nur ein Viertel des als unbedenklich geltenden Grenzwerts erreichen.

    Dass der Umstieg auf erneuerbare Energien ohne einen Ausbau der Netze nicht machbar ist, machte auch stellvertretende Landrätin Karen Heußner (Grüne) deutlich. Ein nächster wichtiger Schritt sei die Weiterentwicklung der Speichertechnologie, meinte Bundestagsabgeordneter Paul Lehrieder.

    Akzeptanzprobleme

    Auf eine Milliarde Euro beziffert Geschäftsführer Götz die Kosten, die dem Netzbetreiber derzeit noch jährlich durch unzureichende Infrastruktur entstehen. Weitere sechs Millionen Euro wolle TransnetBW deshalb in den kommenden Jahren in den Netzausbau investierten.

    Die Akzeptanz der Bevölkerung sei dabei das schwierigste Problem. „Wenn die Befürworter der Energiewende zu Betroffenen des dafür erforderlichen Netzausbaus werden, scheiden sich häufig die Geister“, so Götz.

    Eines der Projekte ist die Verstärkung der 380-kV-Trasse zwischen Grafenrheinfeld und Kupferzell. Dafür soll auf die bestehenden Stahlgittermasten ein weiterer Stromkreis aufgelegt werden. Vor allem zwischen Stalldorf und Kupferzell habe die Auslastung der Leitung einen kritischen Wert erreicht. Derzeit läuft dazu das Planfeststellungsverfahren am Regierungspräsidium in Stuttgart. TransnetBW beziffert die Kosten auf rund 80 Millionen Euro.

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