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Würzburg: Stromstoß-Folter an 88 Frauen: Würzburger "Arzt" vor Gericht

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Stromstoß-Folter an 88 Frauen: Würzburger "Arzt" vor Gericht

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    Gefährliche Stromstoß-Experimente gegen Entgelt bot ein Mann aus dem Raum Würzburg jungen Frauen im Internet – und filmte sie dabei. Nun steht der IT-Fachmann wegen 88-fachem Mordversuch in München vor Gericht.
    Gefährliche Stromstoß-Experimente gegen Entgelt bot ein Mann aus dem Raum Würzburg jungen Frauen im Internet – und filmte sie dabei. Nun steht der IT-Fachmann wegen 88-fachem Mordversuch in München vor Gericht. Foto: Kai Remmers, dpa

    Er gab sich als Arzt aus und brachte reihenweise junge Frauen dazu, für Experimente vor laufender Kamera ihr Leben zu riskieren. Ab diesem Dienstag soll sich ein 30-jähriger IT-Fachmann aus dem Landkreis Würzburg dafür wegen 88-fachen versuchten Mordes vor dem Landgericht München II verantworten. Wahrscheinlich gibt es weit mehr Opfer.

    Ermittlungsgruppe "Strom" erwischt Verdächtigen auf frischer Tat

    Eine 16-jährige Schülerin aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck hatte den Fall im Frühjahr ins Rollen gebracht. Sie hatte sich getraut, Anzeige zu erstatten, nachdem sie im Januar Opfer von lebensbedrohlichen Stromschlägen wurde. Die Kripo Fürstenfeldbruck suchte mit der Ermittlungsgruppe "Strom" nach dem Täter – und erwischte ihn in einem Würzburger Vorort auf frischer Tat, als er gerade wieder dabei war, Kontakt mit einem neuen Opfer aufzunehmen..

    Wie Polizei und Staatsanwaltschaft später mitteilten, hatte der junge Mann seit 2014 etwa 120 potenzielle Opfer aus ganz Deutschland per E-Mail angeschrieben, die auf einer Online-Plattform nach einem Nebenjob gesucht hatten. Er gab sich dabei als Arzt einer bekannten Universität aus und bot 1500 Euro für die Teilnahme an einem angeblichen Forschungsexperiment mit Strom. "Der Mann hat gezielt nach jungen Damen gesucht", sagt Hans-Peter Kammerer, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord.

    Mit den Teilnehmerinnen, die sich zum Mitmachen bereit erklärten, führte er einen "Eignungstest" durch, den er über das Bildtelefonsystem Skype mitverfolgen konnte: 220 Volt durch den Körper zu jagen. Sein Kick: Er filmte die Opfer dabei.

    Manche Opfer schwiegen aus Scham

    Nach vier Jahren war die 16-Jährige aus Fürstenfeldbruck die erste, die Anzeige erstattete. Deshalb begannen dort die Ermittlungen und deshalb findet der Prozess jetzt in München statt, obwohl Täter und Tatort in Unterfranken sind. "Manche Opfer haben sich sicher aus Schamgründen nicht getraut", so Polizeisprecher Kammerer. Andere hätten wohl gemerkt, dass die Sache "nicht mit rechten Dingen" zuging – und das vermeintliche Experiment abgebrochen.

    Obwohl der Täter seine Identität verschleierte, kamen ihm die Ermittler auf die Spur. Am 14. Februar wurde der 30-jährige  IT-Fachmann an seinem Wohnsitz im Landkreis Würzburg festgenommen. Da saß er gerade wieder vor dem Computer, um ein Opfer zu seinem Experiment zu überreden.

    200 Videoaufzeichnungen von Qual und Schmerz

    Bei ihm fanden die Ermittler über 200 Videoaufzeichnungen, die der Festgenommene von seinen "Probanden" gefertigt hatte. Darunter sind auch Aufnahmen, auf denen zu erkennen ist, dass manche davon die "Versuche" wegen zu starker Schmerzen abbrachen.

    Der bislang noch nicht polizeilich in Erscheinung getretene Mann legte mittlerweile ein Teilgeständnis ab. Die Kripo vermutet, er habe vier Jahre lang sexuelle Fantasien ausgelebt.  Gutachten sollen darüber Auskunft geben, ob er überhaupt für diese Taten verantwortlich gemacht werden kann. Im Zeugenstand werden wohl auch einige der Opfer aussagen, die sich leichtgläubig zu den lebensgefährlichen Experimenten überreden ließen – und teilweise noch immer unter den Folgen leiden.

    Nun muss sich der 30-Jährige von Dienstag an wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, Missbrauch von Berufsbezeichnungen und anderen Delikten vor dem Landgericht München II verantworten. Für den Prozess gegen den gebürtigen Würzburger sind zunächst 15 Verhandlungstage bis zum Januar angesetzt, wie das Gericht am Freitag mitteilte.

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