Hell gekleidete Figuren bewegen sich durch die Stadt, getragen von Summen, Singen, Sprechen und Wispern. Auf ihren Rücken stehen Namen - eine Gruppe von Zuschauern, Zuhörern folgt ihnen. Sie kamen aus dem Hof des Würzburger Juliusspitals, folgten der Schönbornstraße und verschwanden in der Augustinerkirche.
Nach einiger Zeit bewegte sich der ungewöhnliche Zug über die Spiegelstraße zur Residenz. Menschen blieben stehen, schauten verwundert und neugierig, ließen sich mit einem Handzettel informieren. Es ging weiter über den Rennweg bis zum Jüdischen Zentrum Shalom Europa, wo der Zug im Hof verschwand.
Es war die Performance "Wave", die hier zu sehen war, wie Rotraud Ries, Leiterin des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, in einer Pressemeldung schreibt. Die Aktion gehörte zur Installation "Nachhall" des Künstlers Jens Reulecke, die gerade im Johanna-Stahl-Zentrum in Shalom Europa gezeigt wird. Die Jüdische Gemeinde, die Stadt Würzburg und das Johanna-Stahl-Zentrum sind die Veranstalter. Die Ausstellung setze sich künstlerisch, visuell sowie klanglich mit dem mittelalterlichen jüdischen Friedhof unter dem Juliusspital auseinander. Unter dem Gebäude befinden sich noch die Reste der Gräber.
Verbindung durch Berührung und Klänge
Kernthema der Performance waren Verbindungen durch Bewegungen im Raum, durch Berührung und durch Klänge: Mit dem Ort des ehemaligen Friedhofs, dem Gebäude darauf. Zwischen diesem Ort und der Stadt. Zwischen dem Friedhofsgelände und der heutigen jüdischen Gemeinde. Zwischen dem Ort des Friedhofs und dem Ort der Ausstellung im Johanna-Stahl-Zentrum in Shalom Europa.
Eine Gruppe von Studierenden der Hochschule für Musik mit ihrer Professorin Almut Gatz, der Künstler Jens Reulecke und die Tänzerin Britta Schönbrunn stellten mit ihren Körpern, ihren Händen und ihren Stimmen diese Verbindungen her. Sie legten sich auf den Boden im Hof des Juliusspitals, durchmaßen den Raum des Hofes, berührten seine Architekturen.
Namen der Gestorbenen auf den T-Shirts
Auch die Augustinerkirche diente als Ort für Verbindungen im Raum, orchestriert von ungewöhnlichen, tiefen Klängen der Orgel (Markus Ritzel) und getragen von den Stimmen der Gruppe. Hier wie während der gesamten Performance sangen, sprachen, wisperten und summten die Musikerinnen und Musiker jüdische Namen – Namen der Menschen, die im Mittelalter auf dem jüdischen Friedhof bestattet worden waren. Je zwei waren auf ihre T-Shirts geschrieben.
Auch mit der Stadt, mit Gebäuden und Mauern am Weg verband sich die Gruppe durch Berührung – bis hin zum Gebäude der Jüdischen Gemeinde. Dort endete im Hof der Umzug wie er begonnen hatte: Die Akteure verbanden sich mit dem Ort der Gemeinde, zugleich mit dem Ort, an dem die Grabsteine des mittelalterlichen Friedhofs lagern, indem sie sich auf den Boden legten.
Reichlich Applaus belohnte diese besondere Präsentation zum Jubiläumsjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland", wie es abschließend heißt.