Die Sehnsucht nach der Hirten-Idylle Arkadien ist groß – in jedem von uns. Ebenso groß wie die Sehnsucht zur Beantwortung der Frage, was der Sinn des Lebens ist. Gerade heute, wo Kriege drohen sich auszuweiten, die Politik unberechenbar geworden ist, kommt das Tanzstück "The Human Condition – Auch ich war in Arkadien" vom Würzburger "theater ensemble" zur rechten Zeit.
Regisseur Tobias Schmidt hat gemeinsam mit Choreografin Anna-Sophia Schmidt (weder verwandt noch verschwägert) eine spannende Reise durch die Menschheitsgeschichte entwickelt, bereichert mit Texten und Gedichten (Kompliment an Erzähler Linus Schläger). Mit raffinierten Lichteffekten verwandelt sich die Bühne (effektvoll in Szene gesetzt von Jonas Gründler) zu einer Tanzfläche mit verschiedenen Handlungsebenen und beleuchtet "die Sinnsuche des Menschen von der Geburt bis zum Tod".
Anna-Sophia Schmidt windet sich zu wummernden Geräuschen, die an Herztöne oder Bomben erinnern, schmerzvoll ins Leben. Dann tanzt sie zu himmlischen Klängen mit Philipp Oehlenschläger einen modernen Adam-und-Eva-Pas-de-deux. Diesen erweitern Jelka Dirksen und Lea Zajdler (spontaner Ersatz für die erkrankte Annika Moucha) in ein Glücks-Kleeblatt, in dem jeder mal gehalten wird oder Halt gibt. Getanzte Poesie pur, die alle in Bann zieht und dazu ertönt das Rilke-Gedicht: "Vergiss, vergiss, und lass uns jetzt nur dies erleben. Nun aber lass uns ganz hinübertreten in die Welt hinein die monden ist."
Die Tanzenden haben ein bewundernswertes Bewegungsspektrum: Klassische Elemente paaren sie mit modernem Tanz, zwischendurch tauchen Animal-Flow-Elemente auf, dann akrobatische Einlagen – sie können jede Gefühls- und Lebenslage ausdrucksstark in Tanzmuster umsetzten.
Nach sakralen Momenten folgt der Sturz ins Bodenlose

Nach sakralen Tanzmomenten folgt der Sturz ins Bodenlose. Zu magmaartigen Tonclustern, die an Goloms Reich erinnern, wo kein Licht, keine Wärme, nur Trostlosigkeit herrscht, verknäulen sich die Vier wie Würmer ineinander und vegetieren vor sich hin.
Dann toben zwei Tänzerinnen ausgelassen wie Kinder zu einer charmanten Melodie über die Bühne – lassen die Zuschauenden selig lächeln – auch, als es plötzlich zu schneien beginnt auf der Bühne.
Expressiv die getanzten Qualen einer Mutter, die ihr Kind verliert oder die Gefühlswallungen einer endenden Liebesbeziehung. Alles Menschliche kommt auf die Tanzfläche und reißt das Publikum mit. Auch das Ende – das mit dem Vaclav-Havel-Zitat eingeleitet wird: "Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht." Es folgt: Tosender, beseelter, nicht enden wollender Beifall.
Das Stück ist bis 22. Dezember im Theater Ensemble im Bürgerbräugelände zu sehen, Infos und Karten: www.theater-ensemble.net