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WÜRZBURG: Tanztheater bei Aphasie-Tagen: Ergreifend bis lustig

WÜRZBURG

Tanztheater bei Aphasie-Tagen: Ergreifend bis lustig

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    Angelika Kobelt, Produktionsleiterin von Reflektor.
    Angelika Kobelt, Produktionsleiterin von Reflektor. Foto: Foto: privat

    Vier Profitänzer und vier Hirngeschädigte bilden das Ensemble des Reflektor-Tanztheaters aus Leipzig, das am Donnerstag, 20. März, um 19 Uhr die Würzburger Aphasietage im Vogel Convention Center eröffnet. Zur eigens für Reflektor komponierten Musik zeigen die Ensemblemitglieder die Möglichkeiten und Begrenzungen ihrer Bewegungsfähigkeit. Der Mitteldeutsche Rundfunk bezeichnet die Produktion als „eines der außergewöhnlichsten Tanzkonzepte Deutschlands”. Wie die Themen reflektiert werden, die nicht nur bei einer Behinderung von Bedeutung sind, erklärt Produktionsleiterin Angelika Kobelt.

    Frage: Das Zentrum für Aphasie (Sprachstörung nach einer Hirnschädigung) und Schlaganfall Unterfranken lädt am Donnerstag nicht nur Betroffene, sondern alle Würzburger ein, sich das Reflektor-Tanztheater anzuschauen. Was erwartet die Zuschauer?

    Angelika Kobelt: Eine kurzweilige und ästhetische Stunde Tanz, in der es nicht nur um die Themen Krankheit und Behinderung geht, sondern auch um das Verhältnis von innerer und äußerer Realität sowie um die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Das wird in amüsanten Slapstick-Situationen, aber auch emotionalen und rasanten Momenten erzählt.

    Warum wollen Sie die Zuschauer zum Lachen bringen?

    Kobelt: Weil zum Beispiel durch das Nebeneinander einer clownesken Kleiderperformance und der Mühe, den Ärmel über den Arm zu ziehen, Spannungsmomente entstehen. Diese zielen nicht auf Mitleid ab, sondern feiern Vielfältigkeit. Meine Kollegin Marlen Riedl und ich wollen keine Betroffenheitskiste auf die Bühne bringen. Unsere Darsteller erzählen ihre Geschichten mit hohem künstlerischen Anspruch, und das Publikum bekommt den Raum, sich darüber eigene Gedanken zu machen. Das berührt auch Menschen, die normalerweise nicht ins Tanztheater gehen.

    Unter die Haut geht zum Beispiel die Szene, in der die vier Hirngeschädigten am Bühnenrand sitzen, während ihre Stimmen aus dem Off schildern, wie sie durch einen Unfall oder Tumor verletzt wurden. Gleichzeitig schauen sie den tanzenden Profis zu. Haben Sie sich diese Szene so ausgedacht?

    Kobelt: Nein, wir haben Ende 2011 die Arbeit ganz offen begonnen. In einem halben Jahr hat das Ensemble gemeinsam das Konzept erarbeitet. Die Hirngeschädigten haben ihre Geschichten eingebracht, die Profis die tänzerischen Elemente.

    Wenn Profitänzer mit Amateuren tanzen, die körperlich stark eingeschränkt sind, wirkt das trotzdem nicht peinlich. Wie haben Sie das hingekriegt?

    Kobelt: Vielleicht liegt es daran, dass Betroffene zusammen mit nichtbetroffenen Darstellern vom Leben mit einer Hirnverletzung erzählen. Das heißt, der Fokus liegt immer auf den Gehandicapten. Die professionellen Tänzer nehmen sich zurück, sie helfen eher den Betroffenen sich auszurücken, als sich selbst auszudrücken.

    Bewundernswert ist der Mut der Männern und Frauen, sich auf die Bühne zu stellen, und ihr Aufwachen aus dem Koma, ihre Verluste, Lernerfahrungen und Wünsche zu offenbaren. Wie haben Sie diese Menschen gefunden?

    Kobelt: Wir hatten Flyer in Arztpraxen ausgelegt und Anzeigen in Zeitungen geschaltet, aber letztendlich haben Therapeuten die uns kennen, ihre Patienten angesprochen.

    Hatten Sie anfangs Berührungsängste?

    Kobelt: Nein, wir sind von Beginn an ganz professionell miteinander umgegangen. Alle waren gleich fleißig, pünktlich und konzentriert. Ich glaube, das ist auch der Grund, für die positiven Veränderungen bei den Betroffenen: Wir sind ein normales Ensemble, das hart arbeitet.

    Reflektor-Tanztheater

    Angelika Kobelt (36) ist Theater-, Literatur- und Erziehungswissenschaftlerin, arbeitet als Lehrerin und Theaterpädagogin und ist im Vorstand des Kulturkosmos Leipzig, der kulturelle Bildung für Menschen mit und ohne Behinderung fördert.

    Das Reflektor-Tanztheater feierte Juni 2012 in Leipzig Premiere. Gefördert wird das Projekt von der Hannelore Kohl und der Heidehof Stiftung sowie der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.

    Der Eintritt am 20. März ist frei. Anmeldung: Tel. (09 31) 29 97 50, hechtle@aphasie-unterfranken.de

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