Kein Festakt mit Schampus und Grußworten. Stattdessen ein gemeinsames Abendessen mit Wein, Wurstbroten und Laugenbrezen, denen eine Rundung fehlt. Das ist gewollt. Elisabeth Stein-Salomon hat Gebäck in Neuner-Form in den Brotkorb gepackt. Eine kleine und nahrhafte Dekoration der Fördervereins-Vorsitzenden des Theaters am Neunerplatz. Die Bühne im Adelgundenweg wird in diesem Jahr 25 Jahre jung. Und mit ihr der Förderverein. Elisabeth-Stein Salomon hatte Gründungsmitglieder der Unterstützerriege an ihren Tisch eingeladen, um zu danken, Erinnerungen auszutauschen und zu feiern. Dafür gibt es viele Gründe.
Wolfgang Salomon verschwindet mal kurz nach links weg und sucht Erich Kästner. Der Musiker und Komponist und dienstälteste Mitarbeiter im Neunerplatz wird im Jahr 1946 fündig. Damals hatte der kluge Dichter und Kinderbuchautor seine Brust fürs Kindertheater breit gemacht und Folgendes formuliert: „In jeder größeren deutschen Stadt müsste es in absehbarer Zeit ein Kindertheater geben. Ein Gebäude, wo während des ganzen Jahres Kinder für Kinder spielen...“.
Erich Kästner hätte sich bestimmt prima mit Thomas Heinemann verstanden. Dessen Name fällt an diesem Abend oft. Er war Macher, Denker, Lenker und Initiator der ambitionierten Bühne, deren Konzept vor 25 Jahren einzigartig in der Republik war.
Seine Mutter Ruth Heinemann hat eine dicke Schwarte zu den Salomons mitgebracht. Fotos, Zeitungsausschnitte – ein Schatz. Wer hier schmökert, taucht ein in eine höchst spannende Geschichte vom Werden und Wachsen einer Idee und erlebt den speziellen Neunerplatz-Zauber mit.
Am Anfang war ein Konzept. Das schickte der damals 23-jährige Heinemann 1983 aus Basel in seine Geburtsstadt. Seine Botschaft: „Ein Kind, das einmal auf der Bühne stand, hinter die Kulissen schauen durfte oder gar eine Produktion von Anfang bis Ende mitgestalten konnte, ist ein potenzieller Theaterbesucher von Morgen.“ Arbeitstitel: Wunderfitz. Der damalige Sozialreferent Peter Motsch griff zu und besorgte die Räume im ehemaligen Pfarrheim von Heiligkreuz. Von wegen Abrissbirne. Lieber eine Finanzspritze der Stadt, jede Menge Eigenleistung, Geduld und Spucke. Mit im Boot war seinerzeit noch kurzzeitig die Hobbit-Puppenbühne.
„Wir brauchten damals sieben Leute für einen Förderverein“, erinnert sich Ruth Heinemann. Der ist zwei Jahre älter als das Theater selbst. Gründungsort war ihr Wintergarten in Heidingsfeld. Heute zählt der Verein 65 Mitglieder. Die Förderer der Gründerzeit haben gekocht und Kostüme genäht und waren auch Bautrupp und Putztrupp. Bemerkenswert, was sich in einem alten Pfarrheim so ansammelt. „Wir haben Hunderte von Nonnenschuhen im Adelgundenweg rausgeräumt“, erzählt Hendrikje Sponsel. Wo haufenweise Nonnenschuhe sind, findet sich noch vieles andere. Zwei Jahre dauerte die Renovierungsphase.
„Und wenn mal ein Kind übrig war, wurde halt noch eine Rolle dazu geschrieben.“
Wolfgang Salomon Dienstältester Neunerplatz-Mitarbeiter
Und dann die Eröffnung. Das war am 19. Oktober 1985. Premiere mit dem Heinemann-Stück „Humperdingsda oder wie es hänselt und gretelt“. Neun kleine Schauspieler zwischen neun und 14 Jahren. „Beispielhaftes Theater für die ganze Familie“, lobte die Main-Post. Zwei Monate später ging „Weihnachtsmänner greifen an“ über die Bühne. So um die 40 Stücke sind es wohl gewesen,... ...die Thomas Heinemann bis zum seinem Weggang aus Würzburg im Jahr 2000 geschrieben hat, schätzt seine Mutter.
Produktiv und kreativ war's von Anfang an. Und gerne auch mal improvisiert. Heinemann schrieb den Kindern die Stücke passgenau auf den Leib. „Und wenn mal ein Kind übrig war, wurde halt noch eine Rolle dazu geschrieben“, sagt Wolfgang Salomon. „Der Hammer ist, dass du immer die Musik gemacht hast“, sagte Hendrikje Sponsel an die Adresse des Hauskomponisten.
Später kamen Produktionen für Erwachsene dazu. Da war das Mond-Musical Luna oder der gefeierte Fortsetzungskrimi „Traube, bitte kommen“ mit dem jungen Frank-Markus Barwasser als Darsteller und handgemachten, selbst gespielten Werbeblöcken, was selbst Sabine Christiansen in den seriösen Tagesthemen ein Lächeln Wert war.
Und dann die grandiosen Bühnenbilder und das Licht. Sachen, die Kinder einfach klasse finden. Immer ein Stückchen höher, schneller und weiter. Birgit Viereck grinst. „Irgendwas ist immer geflogen“, sagt sie anerkennend. Und Mutter Heinemann erinnert sich, dass sie mal auf die Bühne und am Rand einer Badewanne Platz nehmen musste. Innen drin standen Wassereimer. Warum auch immer ging die Sache mit dem Gleichgewicht schief und die Wanne kippte. Die Bühne wurde geflutet. Das Publikum tobte. So funktioniert Theater.
Eine Zäsur gab es vor zehn Jahren. Der Autor, Bühnenbildner und Regisseur in Personalunion Heinemann brach auf zu neuen Ufern. Das Team Neunerplatz übernahm das Theater, und für den Förderverein gab es wieder jede Menge zum Anpacken. Im Adelgundenweg wurde gründlich renoviert. „Aus dieser Zeit stammen die Kloschilder des Theaters“, sagt Elisabeth Stein-Salomon. Jungs dürfen bei Hermann und Mädchen bei Isolde, benannt nach Hermann und Isolde Belgart, den damaligen Fördervereinsvorsitzenden, die mit viel Kreativität die Toiletten des Theaters plättelten und fein machten.
Wer beim Neunerplatz Fördervereinsmitglied ist, kann in vielerlei Hinsicht mitmischen. Auch mitspielen. Hermann Belgart und Egon Feigel etwa haben für Furore als in ihrer Loge grantelnde Theaterbesucher ? la Muppets-Show gesorgt. Auch viele Schauspielerkollegen unterstützen das Theater im Förderverein, so Jürgen Königer, Jürgen Keidel, Helmut Mahsberg, Florian Hoffmann, H.G. Butzko und Josef Pretterer aus München.
Zur Zeit sind die Förderer um Elisabeth Stein-Salomon dabei, die Adressen der vielen Kinder zusammenzutragen, die schon in den Anfangsjahren, aber auch später, mitgespielt haben: „Wir hoffen, möglichst viele von ihnen zu den Jubiläumsfeiern ins Theater einladen zu können.“ Gefeiert wird im Oktober. So richtig groß. Vielleicht auch mit Schampus und Grußworten. Spätestens dann treffen sich die Fördervereinsmitglieder der ersten Stunde wieder. 25 Jahre Theater am Neunerplatz – das ist eine große Party Wert.
Neunerplatz-Förderverein
Seit 25 Jahren unterstützt der Förderverein die Arbeit des Theaters.
Kontakt: Theater am Neunerplatz
Adelgundenweg 2a (Schulhof)
97082 Würzburg
Tel. (09 31) 41 54 43
Fax (09 31) 4 17 35 34
E-Mail: foerderverein@neunerplatz.de.
65 Mitglieder gibt es aktuell.
Vorsitzende des Fördervereins ist Elisabeth Stein-Salomon.
Vorrangige Aufgabe ist es, dem Theater bei der Finanzierung der Kindertheater-Produktionen oder auch bei baulichen Maßnahmen und bei der Anschaffung von neuer Theatertechnik unter die Arme zu greifen.
Im Jahr 2006 wurde die Struktur des Fördervereins erneuert. Seither gibt es die Möglichkeit, sich gemäß dem eigenen Geldbeutel als Papa Siegfried, Käptn Nono oder gar als Kaiser PuDing für das Theater zu engagieren.
Sven Höhnke vom Theater-Leitungsteam (und zur Zeit als König in „Anna und der König, der aus dem Märchen fiel“ auf der Bühne) hat unter dem Label Kultur.Gut auf der Internetseite des Theaters einen eigenen Auftritt für den Förderverein gestrickt. Info: www.neunerplatz.de/KulturGut.
Im Jubiläumsjahr hat sich der Vorstand zum Ziel gesetzt, die schönsten Plakatmotive der Kindertheaterproduktionen in einem immerwährenden Kalender zu präsentieren. Für dieses Projekt werden noch Sponsoren gesucht. Mehr dazu auf der Homepage.