Es ist ja nicht so, als werde im Landgericht Würzburg sonst nie Theater gespielt. Das heftige Ringen um das "Recht haben" und "Rechte bekommen" ist immer auch Schauspiel. Es braucht eine Bühne, auf der verzweifelt gerungen, gestritten und hoffnungsvoll plädiert wird. Aber seit einigen Wochen läuft gerade hier ein interessantes Experiment, das am 21. Juni der Öffentlichkeit präsentiert wird: Das Theaterstück "Hannah und Elisabeth" um den Kampf um gleiche Rechte von Frauen im Beruf früher und heute.
Die Bibliothek des Landgerichts ist eigentlich ein eindrucksvoller Ort der stillen Wissensvermittlung, Tausende von Büchern künden zwei Stockwerke hoch eindrucksvoll und irgendwie auch ein bisschen einschüchternd von der langen Tradition des Rechts. Man muss aber wohl davon ausgehen, dass die Rechte der Frauen um Gleichberechtigung in dieser Sammlung einen eher bescheidenen Umfang einnehmen.
Stück wurde extra für Aktion "Würzburg liest" geschrieben
Es gäbe also kaum eine symbolträchtigere Kulisse für ein Theaterstück um den Kampf Würzburger Frauen um Gleichberechtigung. Seit einigen Wochen herrscht ungewohntes Leben in der sonst so stillen Bibliothek, Frauen und Männer huschen hin und her, streiten, kämpfen wortreich um die richtigen Worte und Überzeugungen. Ausgerechnet hier wird im Rahmen der Aktion "Würzburg liest ein Buch" das extra dafür geschriebene Theaterstück "Hannah und Elisabeth" inszeniert.

Das blickt einerseits zurück auf die historische Figur der Elisabeth Dauthendey (gespielt von Pia Beckmann) und den Kampf engagierter Würzburger Frauen um Zugang zum Jura-Studium – ein weiter Weg und hartnäckiges Ringen um das Recht haben, um Zurückweisungen, zähes Ringen und Beharren, um Ausreden und Verzweiflung, ehe 1903 die ersten Frauen an den drei bayerischen Universitäten zum Studium zugelassen wurden. Andererseits zeigt es mit Hannah (Katharina Ries) eine alleinerziehende Mutter unserer Tage. Deren Situation zeigt, dass dieser Kampf der Frauen längst noch nicht gewonnen ist.
Prominente Teilnehmer habe sich bereit erklärt, an dem Experiment teilzunehmen. Rainer Appel spielt Hannahs Chefredakteur, der frühere Würzburger Richter Thomas Schepping einen Medizinprofessor und Clemens Lückemann – einst Leiter der Würzburger Staatsanwaltschaft und später Präsident des Oberlandesgerichts in Bamberg – natürlich einen Richter.
Thema ist bis heute aktuell
Ulrike Schäfer und Regisseur Boris Wagner vom Mainfrankentheater haben das Stück gemeinsam entwickelt. Am 21. Juni hat es in der Bibliothek des Landgerichts Premiere – und Platz für etwa 70 Zuschauer. Ulrike Schäfer hat mit den biografischen Rahmendaten eine kraftvolle Figur der Würzburgerin Elisabeth Dauthendey geschaffen und eine "Hannah", die zeigt: Das Thema ist auch heute brandaktuell.

Bei Landgerichtspräsident Johannes Eberth fanden die Theatermacher ein offenes Ohr für ihre Idee, in der Bibliothek ein Theaterstück zu inszenieren. Es sei ihm ein Anliegen "die Offenheit der Justiz nach außen zu zeigen," sagt er.
Noch übt Regisseur Boris Wagner mit seinen SchauspielerInnen. "Die Ungerechtigkeiten, mit denen Elisabeth Dauthendey in ihrer Zeit als Frau konfrontiert ist, haben eine erschreckende Relevanz in unserer heutigen Realität", sagt er. "Das hat mich sofort mitgenommen." Das Thema sei noch immer brisant – nicht nur in Ländern wie Afghanistan oder dem Iran. "Auch in Mitteleuropa muss vieles neu verhandelt, neu gedacht, sortiert und angepasst werden, damit jede Frau ein selbstbestimmtes Leben führen kann." Die Arbeit auch mit Laiendarstellern sei offen, humorvoll und ernsthaft. "Ob es dann gut funktioniert hat, müssen die Zuschauenden beurteilen."
Weitere Informationen unter zur Aktion "Würzburg liest ein Buch" und Veranstaltungstermine unter www.wuerzburg-liest.de.