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WÜRZBURG: Titel aberkannt: Zahnarzt darf nicht mehr Doktor sein

WÜRZBURG

Titel aberkannt: Zahnarzt darf nicht mehr Doktor sein

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    Die zweifelhafte Entstehungsgeschichte einiger Doktorarbeiten über ein Arzneimittel-Handbuch aus dem Spätmittelalter nagen seit etwa zehn Jahren am Image der Würzburger Uni. Damals keimte der Verdacht, Professor Guntram K. habe Arbeiten zur Geschichte der Medizin selbst für seine Schützlinge geschrieben.

    Seit 2006 massive Vorwürfe auftauchten, kämpft die Uni um Aufklärung und Wiederherstellung ihres Rufes. Dazu gehört, dass zweifelhaft erlangte Titel aberkannt wurden.

    Der vorliegende Fall ist ein Musterbeispiel: Ein Zahnarzt aus Bayern durfte zwar seit seiner Approbation im Jahr 1993 Zähne ziehen, aber keinen Doktortitel führen. Doch 1999 legte er eine Arbeit über „Die Würzburger Wundarznei. Ein chirurgisches Arzneimittel-Handbuch des Spätmittelalters“ vor. Er erhielt für die Doktorarbeit die Note „magna cum laude“ (sehr gute Leistung).

    Der Zahnarzt versicherte mehrfach, die Promotion selbst verfasst zu haben. Zudem versicherte er 2006 an Eides statt: „Prof. K. stand mir als Doktorvater beratend zur Verfügung; die Doktorarbeit wurde von ihm – auch in Teilen – nicht verfasst. Ferner bestätige ich im Zusammenhang mit meiner Promotion keine Zahlungen an Prof. K. getätigt zu haben.“

    Titel gegen Geld?

    2011 ging Zeitungsredaktionen das anonyme Schreiben eines Insiders zu. Es erweckte das Gerücht zu neuem Leben, in Würzburg habe es eine Doktorfabrik gegeben, in der Titel gegen Geld vergeben worden seien. Tatsächlich waren 6000 Euro auf dem Konto des Professors gelandet.

    2009 zahlte K. 14 400 Euro Geldstrafe wegen Vorteilsname. Sein Anwalt Dr. Johannes Mierau wies aber darauf hin, dass die Zahlung nicht „für Dissertationen“ erfolgt sei. Aus dem Strafbefehl gehe hervor, „dass es sich um Darlehen gehandelt habe, die nicht im Zusammenhang mit Dissertationen standen“.

    Doch die Uni nahm einige der etwa 250 Doktorarbeiten unter die Lupe, die zwischen 1998 und 2005 am Institut für Geschichte der Medizin entstanden waren. 20 genügten nicht einmal wissenschaftlichen Mindeststandards. Ein externer Gutachter wunderte sich beim Vergleich von fünf Arbeiten: Die „extrem gering ausgeprägten Selbstständigkeit der philologischen Arbeit“ stehe im Widerspruch zum pointen- und kenntnisreichen Stil, der eher einem Kenner mittelalterlicher Medizingeschichte entspreche als Anfängern.

    Überdies könnte der Professor die Übersicht verloren zu haben, wem er welche Doktorarbeit vergeben hatte. In einem Brief hat er 1998 einer anderen Kandidatin „zur Bewältigung des Pulver-Abschnitts der Würzburger Wundarznei gratuliert“ – obwohl die Arbeit 1999 dann von dem Zahnarzt vorgelegt wurde. 2013 verglich der Experte sie mit handschriftlichen Unterlagen des Professors. Er fand „eine Übereinstimmung in einem Maße, dass man die zu vergleichenden Textfassungen als identisch werten muss.“

    K. erklärte das so: Er habe mit dem Schützling die Forschungsergebnisse Wort für Wort besprochen und dann von Hand niedergeschrieben. Was von ihm stammte (und was von dem Prüfling), war für einen Außenstehenden nicht mehr erkennbar. Die Uni folgerte daraus: Von einer selbstständig verfassten Arbeit könne keine Rede sein. Allerdings äußerte man „erhebliche Zweifel, ob die Darstellung des Zustandekommens durch Professor K. glaubwürdig ist.“

    Der Promotionsausschuss kam zu der Überzeugung, dass der Zahnarzt „entgegen seiner Versicherung keine eigene wissenschaftliche Leistung erbracht“ habe oder sein Eigenanteil zu gering sei. Der Doktortitel wurde aberkannt. Dagegen ging er jetzt vor das Würzburger Verwaltungsgericht.

    Mit Täuschungsvorsatz gehandelt

    Doch die Juristen wiesen die Klage ab, bestätigt Pressesprecherin Susanne Horas. „Der Kläger handelte mit Täuschungsvorsatz“, heißt es im vorliegenden Urteil. „Der Promotionsschrift lässt sich nicht entnehmen, welche Passagen auf wessen geistige Leistung zurückzuführen sind.“

    2015 hatte das Gericht in zwei gleich gelagerten Fällen genauso geurteilt. Die nächste Instanz, der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München, lehnte es ab, sich noch einmal mit den dubiosen Doktorarbeiten aus Würzburg zu befassen.

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