Ein Jahr hat Andreas Rippberger nun Zeit, die Finanzierung auf die Beine zu stellen, sich mit dem Denkmalschutz zu einigen und mögliche Fördermittel aus der Städtebauförderung zu beantragen. „Die notariell beglaubigte Kaufoption ist erst einmal ein zartes Pflänzchen“, sagt Bürgermeister Martin Umscheid noch sehr zurückhaltend. Wenn es aber gelingen sollte, Top-Manager in das Echterstift zu bringen, „dann ist das ein Glücksfall für Röttingen“, freut sich der Bürgermeister.
Zum Kaufpreis will sich Umscheid nicht äußern. Nur so viel: „Er orientiert sich an einem Verkehrswertgutachten für das Julius-Echter-Stift, die angrenzende Scheune und die Stadtmühle.“ Der Stadtrat sei sehr begeistert von den Plänen gewesen, berichtet er aus der nichtöffentlichen Sitzung. Einstimmig habe er sich für Rippbergers Kaufanfrage ausgesprochen. Für den Kauf der Stadtmühle wurde eine Kaufoption von 36 Monaten vereinbart.
Andreas Rippberger kommt aus Walldürn und wohnt noch in Pforzheim. Wenn alles klappt – und davon geht der Unternehmensberater aus – will er mit seiner Frau nach Röttingen umziehen und im Echterstift wohnen. „Wir möchten in unserem nächsten Lebensabschnitt, die Kinder sind aus dem Haus, etwas Neues beginnen“, sagt er. Röttingen habe ihm und seiner Frau auf Anhieb gefallen. „Es ist die Perle im Taubertal, die keiner kennt“, sagt er. Ein paar Mal sei er schon in der Stadt gewesen und war begeistert. „Hier entwickelt sich was.“
Auch Andreas Rippberger hat die „Perle im Taubertal“ nicht gekannt. Er ist eher zufällig auf die Stadt gestoßen und erzählt auch, wie es zu dieser Liebe auf den ersten Blick kam. Er war mit seiner Architektin in Süddeutschland unterwegs und wollte sich was Neues suchen. „Es war aber nichts so Richtiges dabei“, erzählt er. Dann sagte die Architektin, sie habe da noch etwas in Röttingen. Rippberger zuckte mit den Schultern. „Röttingen?“ Als er dann aber Stadt und Echterstift gesehen hatte, war es um ihn geschehen. Vor knapp sieben Jahren, im Mai 2007 hat die Stadt das ehemalige Altenheim von der Julius-Echter-Stiftung für 450 000 Euro gekauft. Was damit geschehen sollte, war von Anfang an ungewiss. Anfangs war die Rede von Wohnungen, auch seniorengerechte, oder von einem Ärztehaus. Bis sich 2011 ein ernsthafter Interessent fand.
Ein Gastronom aus Würzburg wollte zusammen mit der Distelhäuser-Brauerei in das Echterstift investieren. Entstehen sollte ein Hotel mit Restaurant und Veranstaltungssaal. Der Pachtvertrag mit der Stadt war eigentlich schon unterschriftsreif, zustande kam er aber nicht. Die Hintergründe des Scheiterns sind bis heute unklar.
Daran, dass seine Pläne für das Echterstift scheitern könnten, glaubt der Direktor der St. Galler Business School nicht. „Wenn ich nicht daran glauben würde, würde ich auch nicht angehen“, sagt er. Und er glaubt fest daran. Denn es ist die Abgeschiedenheit von Großstädten, die Nähe zur Natur, die gestresste Manager in Röttingen erfahren können. Das Echterstift möchte Rippberger zu einem beschaulichen Hotel mit zwölf Doppelzimmern und entsprechenden Seminarräumen ausbauen. Die Räumlichkeiten sollen auch für Veranstaltungen, beispielsweise für Hochzeiten, verpachtet werden. Wenn es gut läuft, könnte sich der Unternehmensberater auch vorstellen, die Seminare für mehr Teilnehmer zu öffnen. Dann möchte er aber mit der Gastronomie vor Ort und anderen Gewerbetreibenden zusammenarbeiten.
Was den Hotelbetrieb angeht, wird Rippberger von Ernst Wyrsch beraten. Auch er war am Montag in der Stadtratssitzung. Wyrsch ist Präsident des Hotelverbandes der Schweiz im Kanton Graubünden und führte als Direktor 15 Jahre das Fünfsternehotel Steigenberger in Davos.
Beim Umbau soll der historische Renaissance-Charakter des Echter-Stiftes erhalten bleiben. Die Spitalkirche soll erhalten bleiben. Gerne hätte Rippberger auch beim Innenausbau das historische Ambiente erhalten. „Leider ist nichts mehr da“, sagt er. Trotzdem will er versuchen, dass sich das Moderne mit dem Historischen verbindet. Und noch eines ist dem künftigen Besitzer wichtig: „Das soll kein Fremdpunkt sein“, sagt er. „Ich möchte die Röttinger integrieren und wir wollen uns auch in Röttingen integrieren.“