Gerhard Landmann hilft Kindern und Jugendlichen mit sozialen Anpassungsschwierigkeiten. Dazu nutzt der Kung-Fu-Trainer die Methoden des Wing Tsun und seine jahrelange Erfahrung. So unterstützt er auch die Arbeit des Berufsbildungswerkes der Caritas Don Bosco gGmbH.
Freitag Nachmittag, 16 Uhr. Eine Gruppe unterschiedlichen Alters – angefangen bei Kindergartenkindern bis hin zu Jugendlichen – zieht sich für das Kung-Fu-Training um. Es ist ein einziges Durcheinander: Sie suchen nach ihren Trinkflaschen, schlupfen in ihre Shirts, die Kleineren lassen sich von den Müttern noch schnell die Schärpe mit einem speziellen Knoten befestigen.
Bevor es losgeht, lässt ihr Trainer Gerhard Landmann die bunt gemischte Truppe erst einmal in einer Reihe antreten. Die Hände werden vor der Brust zusammengelegt und der Trainer mit einer leichten Verbeugung begrüßt. Jetzt ist es mucksmäuschenstill.
Harte Arbeit
Kung-Fu steht seit den 1960-er Jahren in der westlichen Welt für chinesische Kampfsportarten. Im Chinesischen bedeutet es aber eigentlich „etwas durch harte Arbeit Erreichtes“ und kann sich auf alle möglichen Bereiche des Lebens beziehen. Was die Kinder freitags trainieren, ist Wing Tsun, ein Kampfsport, der vor allem auf Selbstverteidigung setzt. Und sich sowohl zur Gewaltprävention an Schulen als auch als unterstützende Therapie für Kinder und Jugendliche mit Schwierigkeiten im sozialen Bereich nutzen lässt.
Gerhard Landmann zumindest setzt Wing Tsun erfolgreich auch für seine Arbeit mit solchen Kindern und Jugendlichen ein. Landmann ist zertifizierter Trainer des Verbands MLMAF (Missing Link Martial Art Federation) und ein vielbeschäftigter Mann. Das Kinder-Training zur Selbstverteidigung nimmt nur einen kleinen Teil seiner Arbeit ein. Unter der Woche erteilt der 49-jährige unter anderem an den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) Schulklassen, Jugendlichen und Arbeitslosen über 50 theoretischen Unterricht über Kommunikations-, Motivations- und Anti-Aggressions-Programme.
Die größten Erfolge aber erzielt Gerhard Landmann mit seiner praktischen Arbeit, berichtet er. Neben Kursen zur Gewaltprävention an allgemeinbildenden Schulen hilft er im Einzeltraining Kindern und Jugendlichen mit sozialen Schwächen, Selbstvertrauen zu gewinnen und Eigenverantwortung zu übernehmen. Gestärkt werden sollen Fähigkeiten wie Empathie, konstruktive Kommunikation und das Bewusstsein für die Konsequenzen des eigenen Handelns.
Gruppenzwänge
In der Schule fallen solche Kinder und Jugendliche oft als Mobbingopfer oder –täter auf, in der Freizeit unterliegen sie Gruppenzwängen und verhalten sich aggressiv. Manche ziehen sich ganz in eine virtuelle Welt zurück. Auch im Elternhaus verhalten sie sich aggressiv und halten Regeln nicht ein. Viele haben Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen und zeigen Auffälligkeiten in der Fein- und Grobmotorik.
Auch mit dem Berufsbildungswerk der Caritas-Don Bosco gGmbH arbeitet Landmann eng zusammen. Die Würzburger Einrichtung unterhält unter anderem Wohngruppen und Ausbildungswerkstätten für junge Menschen mit Förderbedarf. Die Sozialpädagogen dort vertrauen Landmann gerne Jugendliche für Einzeltrainingstunden an. Über die Bewegungsabläufe des Wing Tsun findet Landmann Zugang zu ihnen.
Hier lernen sie, sich selbst zu verteidigen und abzugrenzen, auch Erwachsenen gegenüber. Das schafft Selbstvertrauen und Sicherheit und stärkt wiederum die Fähigkeit, angemessen mit Konflikten umzugehen. Rita Hitz, stellvertretende Internatsleiterin bei Don Bosco, bestätigt deutliche Fortschritte in der Entwicklung der Jugendlichen, die mit Gerhard Landmann arbeiten.
Inzwischen ist das Kinder-Kung-Fu-Training fast zu Ende. Nach einem ausgelassenen Abschlussspiel räumen alle gemeinsam auf. Dann müssen die Kinder sich noch mal in eine Reihe setzen und – vielleicht der schwerste Teil des Trainings – eine Minute lang in sich gekehrt sitzen. Kung-Fu ist eben harte Arbeit.
Weitere Informationen und Kontakt: www.bessere-wege.de