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WÜRZBURG: Tresor-Geheimnis: Nix als Rost

WÜRZBURG

Tresor-Geheimnis: Nix als Rost

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    Seit Freitag um 9.41 Uhr ist die Stadt um ein Geheimnis ärmer. Da hatte Günther Rumpel von der Schlosserei im städtischen Bauhof gerade die Flex abgesetzt. Mit einem Kollegen hat er den bei Ausgrabungen in der Eichhornstraße gefundenen Tresor aufgehebelt – und zahlreiche Medienvertreter und Nachkommen von früheren Eichhornstraßen-Bewohnern blicken enttäuscht auf ein rostiges Nichts: Der Tresor ist gänzlich leer.

    „Das ist ja komisch, dass da überhaupt nichts drin ist“, wunder sich Rainer Schlereth. Der 63-Jährige ist ein Enkel von Metzgermeister Franz Schlereth, der unweit des Tresor-Fundortes, in der Vorkriegsadresse Spiegelstraße Nummer 8, seinen Laden hatte. Schlereth ist einer der Zeitzeugen oder deren Nachfahren, die Michael Hoppe, Hauptkonservator am Landesamt für Denkmalpflege, in wochenlanger Recherche ausfindig gemacht und zur Tresoröffnung im Bauhof eingeladen hat.

    Sie oder ihre Familien haben in dem im Krieg zerstörten Haus mit der historischen Adresse Eichhornstraße 10 – beim Wiederaufbau wurde die Straßenführung geändert – gelebt. Und dieser Adresse ist der 60 Zentimeter breite, 75 Zentimeter hohe und 50 Zentimeter tiefe Tresor zuzuordnen, den das Grabungsteam um den Archäologen Dieter Heyse schon im Juli aus einem mit Kriegsschutt verfüllten Keller geholt haben. Ein archäologisch unbedeutender, aber nicht gerade alltäglicher Fund. „Einen Tresor hatten wir zuvor noch nie ausgegraben“, sagt Heyse.

    Nach mehreren ergebnislosen Aufrufen in den Medien erhoffte sich Hauptkonservator Hoppe spätestens bei der Tresoröffnung einen Hinweis auf den Besitzer. Doch nach der Nullnummer wird zumindest der Eigentümer weiterhin ein Geheminis bleiben.

    „Ich hatte noch gedacht, dass vielleicht mein Großvater Schmuck in Sicherheit gebracht hat“, sagt etwas enttäuscht Johann Zoll. Doch kein Schmuck ist im Tresor, nur Rost. Zoll ist mit seinem Bruder Anton gekommen. Großvater Zoll – ebenfalls mit dem Vornamen Johann – hatte ein Juweliergeschäft im Haus. Nach dem Krieg führte dann sein Sohn, ebenfalls mit dem Vornamen Johann, die Juweliertradition mit Geschäften in der Theaterstraße und in der Sterngasse bis 1970 fort.

    „Ich habe keine Erinnerungen mehr an unser Geschäft dort, aber aus historischem Interesse bin ich hier“, sagt Gabriele Nun, geborene Albert, deren Großvater Karl Inhaber des Herrenbekleidungsgeschäftes Albert in der Nummer 10 war. Nun wurde 1943 geboren, berichtet, dass ihr Vater Peter nach dem Krieg das 1894 in der Eichhornstraße gegründete Bekleidungsgeschäft bis 1956 in der Semmelstraße weiterführte. „Von uns was im Tresor? Vielleicht ein paar Schnittmuster“, scherzt sie vor der mit Spannung erwarteten Öffnung.

    Nuns Interesse am damaligen Leben im Haus kommen die Erinnerungen von Gerda Sauer, eine geborene Bernhard, entgegen. Die 83-jährige hat ein altes Foto vom Haus dabei – und ihre zwölf Jahre jüngere Schwester Brigitte Legge. Beide wohnten dort bis zur Zerstörung des Hauses im Krieg, ihr Vater war Steuerberater. „Sie lag im Kinderwagen, als wir bei einem Angriff im Krieg in den Keller flüchteten“, erinnert sich Gerda Sauer an eine dramatische Kindheit in der Eichhornstraße.

    Die Damen haben Gesprächsstoff über die alte Zeit gefunden, Johann Zoll kommt hinzu, man tauscht Adressen aus, will noch mehr von damals erfahren. Für den leeren Tresor interessiert sich keiner mehr. Neben diesem lagert ein weiterer Fund – größtenteils in Scherben: Hutschenreuther Porzellan aus dem 19. Jahrhundert, gefunden in der „alten“ Spiegelstraße, wo früher die Metzgerei Schlereth war. Doch Rainer Schlereth kann keine Hinweise auf einen Familienbesitz entdecken.

    So werden Porzellan und Tresor in den Besitz der Stadt als Grundstückseigentümer der Straßen und Auftraggeber der Ausgrabungsarbeiten gehen. Was macht sie mit den Fundstücken? „Das wissen wir noch nicht, es gibt aber verschiedene Ideen. So hat sich ein Künstler angeboten, der etwas mit dem Tresor anstellen will“, sagt Sprecher Christian Weiß.

    Und wie enttäuscht ist Hauptkonservator Hoppe? „Es wäre natürlich schön gewesen, den Tresorbesitzer zu finden. Aber mit dem Treffen der Zeitzeugen oder deren Nachfahren war der Aufwand nicht ganz umsonst.“

    Ob es weitere Geheimnisse aus dem Untergrund gibt, wird sich zeigen. Die archäologischen Grabungsarbeiten in der Fußgängerzonen-Baustelle Eichhorn- und Spiegelstraße gehen jedenfalls weiter.

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