Mit dem Maler Hermann Hesse präsentiert das Museum im Kulturspeicher noch bis 3. Februar eine weitgehend unbekannte Seite des Literaturnobelpreisträgers. Bücher wie „Steppenwolf“, „Das Glasperlenspiel“ oder „Narziss und Goldmund“ haben ihn weltberühmt gemacht. Jetzt zeigte das Museum im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung noch einmal eine andere Seite des Schriftstellers und lud zu einem Abend unter dem Thema „Der starke, süße Gott – ein Abend für den Wein“ ein.
Gerade einmal einen Tag verbrachte der Schriftsteller zu seinen Lebzeiten in Würzburg. Umso überschwänglicher äußert er sich aber über diesen Besuch im Jahr 1928 in seiner Schrift „Spaziergang in Würzburg“, die aber erst 1947 als Sonderdruck veröffentlicht wurde: „Wenn ich ein zukünftiger Dichter und gerade mit der Wahl meines Geburtsortes beschäftigt wäre, dann würde ich Würzburg sehr mit in Erwägung ziehen. Diese schöne Stadt macht durchaus den Eindruck, als habe sie einem dort geborenen Dichter etwas mitzugeben“.
Dann macht er sich auf den Weg durch die Stadt, gelangt zur Residenz, die er aber nicht genauer in Augenschein nimmt, „denn ich mag nicht gerne von einer fremden Stadt gerade das zuerst sehen, was ich aus Büchern und Ansichtskarten längst schon kenne“. So kommt er an vielen Geschäften vorbei, riecht den Duft von Brot, Käse, Wurst und Fischen und kommt zu dem Schluss, dass in Würzburg „weder hungrige Askese herrscht noch gierige Vergnügungssucht, sondern harmonische Lebensfreude.“
Dieser Hesse-Text blieb den Zuhörern im voll besetzten Museumsfoyer natürlich nicht vorenthalten. Der Würzburger Thomas Dörfelt, studierter Germanist und Historiker, hatte nämlich mit großer Kennerschaft ein umfangreiches ganzes Paket an Hesse-Literatur zusammengestellt, in dem sich der Schriftsteller in Romanen Geschichten und Gedichten mit dem Thema Wein beschäftigt. Da Hesse zeitlebens zwischen Askese und Genuss, schöpferischem Rausch und Depression hin und her gerissen war, hätte der Wein als ausgleichendes Element eine ähnliche Rolle für ihn gespielt wie die Malerei, erklärte Dörfelt.
„Der starke süße Gott ward mir ein treuer Freund“ schrieb Hesse in „Peter Camenzind“, das im Vergleich zum „Schnaps- und Bierbuch“ „Unterm Rad“ eher ein „Weinbuch“ gewesen sei, erläuterte Dörfelt, der mit seinem präganten Vortragsstil das Publikum fesselte. Immer wieder streute er auch Biografisches ein, um Hesses Verhältnis zum Rebensaft zu beschreiben.
Beispielsweise die Anekdote, dass Hesse und ein Freund die Absicht hatten, einen Weinatlas zu veröffentlichen. Dafür ließen sich sich von einem Weinlieferanten eine große Menge guter Tropfen schicken. Das Buch freilich erschien nie, dafür hatten die beiden offenbar großes vergnügen, den kostenlosen Weinvorrat sukzessive sich selbst einzuverleiben.
Auch wenn Hesse dem Wein gerne zusprach, könne man ihn nicht als (abhängigen) Trinker bezeichnen – schließlich wurde er 85 Jahre alt, so Dörfelt. Hesse-Biograf Deckert schrieb, das Maß seines Trinkens sei das Maß des Genusses gewesen und an anderer Stelle heißt es, „er trinkt um sich besser zu erinnern“.
So zeichnete Dörfelt ein vielseitiges und vielschichtiges Bild des Literaten, indem er Lehrreiches und Unterhaltsames ausgewogen zu einem kurzweiligen Vortrag verknüpfte.
Natürlich durfte der eigentliche Gegenstand des Abends, der Wein, nicht fehlen. Weingutsdirektor Robert Haller vom Bürgerspital hatte zum Zwecke der Überprüfung vier Weine mitgebracht, die die Besucher verkosten durften und die er – abgerundet mit Erklärungen zum Weinbau und seiner Geschichte in Franken – fach- und sachkundig erklärte. Im einzelnen waren dies ein 2011er Würzburger Pfaffenberg Müller-Thurgau Kabinett, ein 2011er Würzburger Stein Silvaner Spätlese, ein 2011er Randersackerer Marsberg Riesling und ein 2006er Würzburger Abtsleite Rieslaner Spätlese.
Die Hesse-Ausstellung „...Die Grenzen überfliegen“ im Kulturspeicher ist noch bis 3. Februar zu sehen. Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr.