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WÜRZBURG: U&D: Warum sich die Chefs an Knorkator nicht gern erinnern

WÜRZBURG

U&D: Warum sich die Chefs an Knorkator nicht gern erinnern

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    Plausch im Bauwagen-Backstage-Bereich: (v. li.) Ralf Duggen, Tilman Hampl und Hartmut Emser erzählen aus der U&D-Geschichte.
    Plausch im Bauwagen-Backstage-Bereich: (v. li.) Ralf Duggen, Tilman Hampl und Hartmut Emser erzählen aus der U&D-Geschichte. Foto: Foto: Patrick Wötzel.

    Auf einer kleinen Wiese auf der Bastion unterhalb der Festung ging es 1988 los – der Anfang von inzwischen drei Jahrzehnten Festival-Geschichte: „Umsonst & Draussen“ in Würzburg. Seit Donnerstag läuft auf den Mainwiesen die 30. Auflage. Die Festival-Gründer und -Macher Ralf Duggen, Hartmut Emser und Tilman Hampl erinnern sich an die Anfänge und die Entwicklung des U&D.

    Das 30. U&D – das hätten Sie sich sicher nicht träumen lassen beim ersten Festival, damals als Abschluss des Würzburger Umwelttags?

    Ralf Duggen: Definitiv nicht. Wenn ich darüber nachdenke, spüre ich eine Mischung aus Stolz und Dankbarkeit. Stolz, weil alle Würzburger gemeinsam etwas Tolles geschaffen haben und dankbar, weil wir es erleben durften.

    Hartmut Emser: Ich kann mir eigentlich gar nicht vorstellen, dass wir das schon so lange machen und dass es inzwischen tatsächlich 30 Festivals geworden sind. Ich kann mich noch ganz genau an einzelne Szenen vom ersten U&D erinnern.

    Wie kam es denn damals zu der Idee, ein eintrittsfreies Musik- und Kulturfestival auf die Beine zu stellen?

    Duggen: Es gab die JUZ-Feste mit Würzburger Bands in der Feggrube und auf dem Marktplatz. Ich habe mich gewundert, dass die so wenig Zuspruch fanden und überlegt, was ich persönlich anders machen würde. Das waren zum Beispiel die langen Umbaupausen, die ich nicht gut fand. Dann bin ich mit meinen Ideen irgendwann zu Hartmut ins Jugendamt marschiert und wir haben beschlossen, einen neuen Versuch zu starten. Den Namen habe ich vom Umsonst & Draussen in Vlotho in Westfalen übernommen, das ist noch ein ganzes Stück älter.

    Emser: Wir wollten weg vom Marktplatz und kamen auf die Idee, drei Tage Festival als Abschluss der Umwelttage auf der Bastion zu machen, vom 17. bis 19. Juni 1988. Dann hat sich kurz vorher, als das Programm stand und die Plakate gedruckt waren, herausgestellt, dass der 17. Juni (damals der Tag der Deutschen Einheit, Anm. d. Red.) ein stiller Feiertag ist und wir nur zwei Tage machen können.

    Zur Premiere kamen gut 2000 Besucher. War da schon klar, dass es eine Wiederholung geben wird?

    Emser: Wir waren uns schnell einig, dass wir weitermachen wollen. Dann habe ich das städtische Kulturamt ins Boot geholt und wir sind in den kommenden drei Jahren auf den damaligen TGW-Sportplatz in der Mergentheimer Straße gegangen.

    Einmal auch in eine Turnhalle …

    Duggen: Stimmt. Beim dritten Festival waren die Wetterprognosen so schlecht, dass wir uns dafür entschieden haben, in eine Halle auszuweichen. Dabei war dann am Wochenende das Wetter gar nicht so schlecht.

    Emser: Es hat beim Aufbau wahnsinnig stark geregnet, der ganze Platz stand unter Wasser. Zum Glück war die Kürnachtalhalle an diesem Wochenende frei und wir sind in ganz kurzer Zeit umgezogen.

    Auf die Mainwiesen ging es vor 25 Jahren zum ersten Mal, und wieder gab es Probleme mit dem Wetter …

    Duggen: Als die große Bühne schon fast stand, kam völlig unvermittelt ein schweres Gewitter. Wir sind alle in den Bauwagen gehüpft und mussten zusehen, wie das Bühnendach wegflog. Das war der Hammer.

    Emser: Die große Bühne war hinüber, und dann gab es eine legendäre Sitzung im Bauwagen mit Gabriel Engert, dem Leiter des Kulturamts. Er kannte den Chef der Gerüstbaufirma Eisner. Die haben uns dann am nächsten Tag fast eine komplette neue Bühne hingestellt und das Festival konnte stattfinden. Am Tag vorher hatte ich es eigentlich schon abgeschrieben. Inzwischen haben wir viel mehr Erfahrung mit kritischen Situationen. Wir haben ja beim Wetter schon fast alles erlebt und es immer irgendwie hingebogen.

    Wie kam es Mitte der 1990er Jahre zur Gründung des U&D-Vereins?

    Hampl: Sozialreferent Peter Motsch rief mich an und teilte mit, dass die Stadt sich wegen des zu großen finanziellen Risikos als Veranstalter zurückziehen wird. Er schlug vor, den Förderverein zu gründen, was wir dann auch gerne gemacht haben.

    Auf den Mainwiesen konnte das Festival dann wachsen und gedeihen. Irgendwelche persönlichen Höhepunkte und Anekdoten aus den letzten 29 Jahren?

    Emser: Beim ersten Festival stand ich als Laienschauspieler zum Abschluss am Sonntagabend in dem Stück „Der Berg ruft“ von Wolfgang Ambros auf der Bühne. Dann kam die Polizei und wollte das Stück nach Beschwerden wegen der Lautstärke abbrechen. Als ich dem Beamten dann gesagt habe, dass er das den 800 Leuten vor der Bühne persönlich erklären muss, konnten wir das Stück doch noch zu Ende spielen.

    Duggen: Der absolute Hammer war, wie wir vor vier Jahren die Mainwiesen trocken gelegt haben, nachdem beim Afrika Festival das Hochwasser gekommen war. Unter der Brücke war ein riesiger See, und es wurde mit dem Aufbau ganz schön knapp. Einige Vereinsmitglieder, die gute Verbindungen zur Feuerwehr haben, waren das ganze Wochenende hier und haben das Wasser abgepumpt, gerade noch rechtzeitig, um die Freigabe für den Platz zu bekommen. Wir haben bis zuletzt gezittert.

    Hampl: Im Jahr 2000 stand Reamonn bei uns auf der Bühne. Jeff Van Gelder, der beim allerersten U&D aufgetreten ist, war damals der Promotions-Chef ihrer Plattenfirma und hat sie uns vermittelt, bevor sie in den Charts waren. Dann hatten sie mit „Supergirl“ ihren ersten großen Hit und die Leute haben uns förmlich überrannt.

    Duggen: Es war super, dass die Band überhaupt gekommen ist. Damals gab es nur die Fahrtkosten erstattet, mehr als 600 oder 800 D-Mark werden sie nicht bekommen haben.

    Hampl: Toll war auch der offizielle Empfang bei der Fußball-WM 2006 für den kompletten Tross der ghanaischen Fußball-Nationalmannschaft auf unserer Bühne. Das haben wir nach ihrem Sieg in der Vorrunde gegen Tschechien quasi über Nacht auf die Beine gestellt, mit allen Auflagen der Sicherheitskräfte und zusätzlichen Absperrungen. Das hat während des Festivals auch nicht nur zu guter Laune bei der Crew geführt.

    Musikalische Höhepunkte hat es außer Reamonn sehr viele gegeben. Woran erinnern Sie sich besonders gerne?

    Duggen: Schwierige Frage, weil jeder von uns über die Jahre seine persönlichen Highlights erlebt hat.

    Hampl: Lasst uns doch über die 'Studmen' aus Island reden, die uns nach meinen Recherchen eine komplette Lüge aufgetischt haben. Die Band gab es vor dem Auftritt bei uns überhaupt nicht, sie bestand zu einem großen Teil aus isländischen Politikern. Das waren alles professionelle Musiker, die einen schönen Ausflug haben wollten, der auch noch von Iceland Air gesponsort wurde. Die hatten Riesenspaß und haben auch einen speziellen isländischen Schnaps mitgebracht. Wir haben sie dann sogar ein zweites Mal eingeladen, weil sie wirklich gut waren.

    Emser: Stoppok, Brings und Madsen habe ich noch in sehr guter Erinnerung, das waren Highlights für mich. Die einzigen in 29 Jahren, an die ich mich nicht gerne erinnere, sind Knorkator. Die haben hier Krautköpfe gehäckselt und ins Volk geballert.

    Duggen: „Knorkator ist auch die einzige Band, die bei uns jemals aus dem Backstage-Bereich geflogen ist, weil sie sich so aufgeführt haben. Sonst waren alle Musiker von professionell desinteressiert bis absolut freundlich und begeistert, was bei uns ja fast schon der Normalfall ist. Da haben wir bisher ziemlich Glück gehabt.

    Sie sind alle über 50 Jahre alt – gab es schon mal Gedanken, aufzuhören und das U&D in jüngere Hände zu geben?

    Duggen (54 Jahre): Ich denke immer wieder mal dran, aber nicht konkret. Es ist von Anfang an jedes Jahr gleich geblieben: Wenn das Festival gut ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es im kommenden Jahr wieder eins geben wird.

    Hampl (55): Solange ich den Eindruck habe, dass das U&D von den Ideen und vom Programm her nicht zu alt wird, sondern sich immer wieder neu erfindet, denke ich nicht ans Aufhören.

    Emser (64): Ich fühle mich nicht zu alt und plane immer von Jahr zu Jahr. Ich bin mir ganz sicher, dass sich das U&D weiter halten wird, weil die Idee eines nicht kommerziellen Festivals damals einfach gut war und bis heute gut ist. Sonst würden wir hier nicht nach so langer Zeit noch sitzen. Ich sehe überhaupt keine Veranlassung aufzuhören.

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