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WÜRZBURG: Urban Gardening: Essbare Stadt und Öko-Uni

WÜRZBURG

Urban Gardening: Essbare Stadt und Öko-Uni

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    Mehr als Blumen: Im Café Cairo ernteten die Stadtindianer in diesem Jahr Tomaten.THERESA MÜLLER
    Mehr als Blumen: Im Café Cairo ernteten die Stadtindianer in diesem Jahr Tomaten.THERESA MÜLLER Foto: Foto:

    Im Innenhof des Café Cairo warten die letzten Tomaten darauf, geerntet zu werden. „Würzburg soll eine essbare Stadt werden. Das ist unsere Vision“, sagt Silvia Appel und zupft die roten Kugeln vom Strauch. Die Bloggerin gehört zu den Würzburger „Stadtindianern“. Die Truppe um acht bis zehn Leute im Alter zwischen 25 und 60 hat sich 2012 gegründet und 2013 im Innenhof des Jugendzentrums mehrere Obst- und Gemüsebeete angelegt. Das Ziel der Würzburger „Urban Gardening“-Gruppe findet man auf der Homepage: „Gemeinsam wollen wir die Stadt bunter, verrückter und grüner machen.“ Jetzt, im Herbst, ist Zeit, diesbezüglich schon mal das kommende Jahr ins Auge zu fassen und weitere Gartenträume zu planen.

    Mit ihrem Projekt folgen die „Stadtindianer“ einem ökologischen Trend – „Urban Gardening“, der „urbane Gartenbau“, hat mittlerweile Städte in ganz Deutschland erfasst. „Begonnen hat das Ganze in Berlin“, erzählt die Bloggerin. Gärten in Städten hat es zwar schon immer gegeben. Aber zu einer Bewegung sei „Urban Gardening“ in Deutschland erst in den letzten Jahren geworden. Dann berichtet Appel begeistert vom „Prinzessinnengarten“ in Berlin-Kreuzberg, der 2009 nach einer Kuba-Reise zweier Berliner entstanden ist: „Das ist ein großer, mobiler Garten mitten in der Stadt. Die kochen da ganz oft und machen auch Info-Veranstaltungen für Schulklassen.“

    Ein Gefühl dafür, wie Essen produziert wird, wollen auch die Würzburger „Stadtindianer“ vermitteln: „Wir haben‘s ja schon fast vergessen, wie soll das zwei Generationen nach uns werden?“ Ihre Grundsätze: „Wir gärtnern immer biologisch und ohne Dünger. Die Pflanzen müssen regional sein, und wenn möglich, pflanzen wir alte Sorten an.“ Und so kommt Mangold mit Kartoffeln auf den Tisch, den Couscous-Salat würzt Petersilie aus eigenem Anbau, und die Minze landet im Tee.

    Ausgaben minimal

    Die Ausgaben seien minimal gewesen: „Uns hat's außer Zeit nichts gekostet“, berichtet Appel. Ein bisschen Benzin, um zum „Erdenmarkt“ zu fahren. Ansonsten lebt das Projekt von Spenden: „Die Weinkisten kamen vom Weingut Reiss, die Eimer aus der Unimensa, das Saatgut von der „Saatgutarche“ und der Dünger vom „Erdenmarkt“, dem Kompostwerk der Stadt“, sagt die Sprecherin der „Stadtindianer“. Problematisch sei allerdings, dass viele Mitglieder nur kurze Zeit im Garten mitarbeiteten: „Dann kommen Leute ein-, zweimal, ein andermal nicht. Das ist schade.“ Dennoch macht Appel klar: „Wir wollen uns in Würzburg etablieren.“

    Nicht nur ökologische, sondern auch christliche Motive spielen einige Kilometer weiter auf der anderen Mainseite bei einem anderen „Urban Gardening“-Projekt eine wichtige Rolle. Am Reußenweg in der Nähe des Hotels Steinburg stehen Studenten aus ganz Deutschland vor einem Kartoffelbeet im „Garten Eden“, dem seit 2012 laufenden ökumenischen Stadtgartenprojekt der Würzburger Hochschulgemeinden ESG und KHG. Musikstudentin Jacqueline Pustal vom Arbeitskreis „Ökomenisch Welt fair-ändern“ erläutert den Vertretern der Evangelischen Studierendengemeinden, die nach Würzburg zu ihrer Bundesversammlung gekommen sind, das Prinzip der „Permakultur“: „Alles, was wächst, ist so kombiniert, dass die Bedürfnisse von allen Pflanzen erfüllt werden.“ Arten-Vielfalt lautet der Grundsatz, und deswegen wachsen Ringelblumen auf dem Kartoffelbeet. Dass die Studenten auf dem von einem älteren Ehepaar zur Nutzung überlassenen Grundstück ausgerechnet ein Kartoffelbeet angelegt haben, hat auch praktische Gründe. „Der Garten ist so weit von der Stadt entfernt, dass wir etwas pflanzen, was wir gar nicht mehr gießen müssen. Zum Beispiel Kartoffeln oder Kürbis“, erklärt Pustal.

    Ein Problem verbindet die „Stadtindianer“ im Cairo mit den Gärtnern am Reußenweg: das im Semester nach und nach versickernde Interesse einiger Arbeitskreis-Mitglieder. Aber auch wenn einzelne Studenten vorzeitig abspringen, kann Studentenpfarrer Matthäus Wassermann dem etwas Positives abgewinnen: „Gerade wenn jemand die Lust verliert, merkt man, wie diszipliniert man sein muss, um Lebensmittel zu produzieren. Jäten, Gießen, Ernten. Auch wer früher geht, hat mit Sicherheit etwas gelernt.“

    Grünflächen der Uni

    Wie die „Stadtindianer“ wollen auch die Gärtner des „Garten Eden“ nachhaltig in die Stadtgesellschaft hineinwirken. Und so haben sie als nächste Aktion das Projekt „Essbare Uni konkret“ geplant: Anstatt Blumen soll Gemüse auf den Grünflächen der Uni angebaut werden, und Studierende und Mitarbeiter der Unisollen sich auf Selbstanbauflächen aktiv an der Mitgestaltung der Grünflächen beteiligen. Außerdem könnten Studierende von Landwirten Saisongärten pachten und sich um die Pflege und die Ernte kümmern. Das Ziel: eine „lebenswerte Uni“.

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