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WÜRZBURG: V-Mann bleibt den Beweis schuldig

WÜRZBURG

V-Mann bleibt den Beweis schuldig

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    Das Wort Spitzel hört Mario W. nicht gern. In das Bild, das der bullige Glatzkopf mit dem sanften Sächseln von sich hat, passt der Begriff offenbar nicht so recht. Das macht er mit einer Pressemitteilung auf der Internet-Seite seines Wahlverteidigers Alexander Schmidtgall klar – als sei er Medienstar und nicht Angeklagter wegen Drogeneinfuhr.

    Vier Polizisten schützen jetzt den früheren V-Mann des Landeskriminalamtes (LKA) beim Betreten des Gerichtssaales in Würzburg. Zur Tarnung zieht er einen Kapuzenpulli tief ins Gesicht. Die Sonnenbrille vervollständigt seine Tarnung. Er redet sofort eifrig auf seinen Wahlverteidiger ein. Den anderen Anwälten und dem Dutzend Journalisten wendet er den Rücken zu.

    Dies soll sein Tag werden. W. hat angekündigt, eine E-Mail zu präsentieren, die beweisen soll: Bevor er im November 2011 für den Chef der Regensburger Rockergruppe „Bandidos“ in Tschechien Rauschgift besorgte, hat er seinem Betreuer beim LKA, dem Hauptkommissar Norbert K. Bescheid gesagt – und das Okay bekommen.

    In solchen Momenten klingen die Erklärungen des Spitzels nicht schäbig – eher so, als habe ein Geheimagent mit allen Tricks (auch den unerlaubten) im Auftrag der bayerischen Staatsregierung die gefährliche Motorrad-Gang ausspioniert – und das LKA, das ihn bezahlte, habe ihm Straftaten durchgehen lassen, wenn er nur gute Informationen beibrachte.

    Mario W. hat den Eindruck erweckt, die entlastende E-Mail in Händen zu halten. Aber als das Gericht und Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen das Schriftstück sehen wollen, kommt nur heiße Luft: Man habe zwei große Kartons mit Schriftstücken aus den internen Ermittlungen gegen LKA-Beamte, die man gerade sichte. Aber just diese E-Mail habe man (noch) nicht gefunden, erklärt die Verteidigung. Gut möglich, dass die noch auftaucht.

    So klingt im Prozess zunächst manches abenteuerlich – nicht nur aus dem Mund des Angeklagten: In den Zeugenstand müssen die zwei Schleierfahnder, die Mario W. bei der Rückkehr 2011 bei Waldsassen kontrollierten: Fast sofort habe er die am Körper versteckten zehn Gramm „Crystal“ aus der Kleidung gezogen und offenbart, er sei ein V-Mann – als sei das seine Gefängnis-Freikarte.

    „Ich hätte es dem Norbert sagen müssen.“

    Mario W.'s angebliche Äußerung bei der Kontrolle

    „Das war alles eine große Räuberpistole“, sagt der erste Schleierfahnder. Dann erinnert er sich plötzlich an ein Detail, das bisher nie im Prozess zur Sprache kam: Reuig habe Mario W. gemurmelt: „Ich hätte es dem Norbert sagen müssen.“ Der Satz würde – wenn er so gefallen ist – seinen V-Mann-Führer beim LKA erheblich entlasten. Denn das würde bedeuten, dass der Beamte – zumindest in diesem Fall – von der Straftat seines V-Mannes nichts wusste.

    Auch der zweite Fahnder erinnert sich exakt an diese Äußerung – obwohl er ansonsten nach vier Jahren verständliche Erinnerungslücken über die damalige Situation hat. Als zuletzt der Kripo-Mann im Zeugenstand sitzt, der den Drogenfall von den beiden übernahm, nageln die Anwälte ihn fest: Ob denn am Morgen auf der gemeinsamen Fahrt von der Oberpfalz nach Würzburg darüber gesprochen worden sei? Ja, sagt der stellvertretende Leiter des Rauschgift-Kommissariats. „Jetzt fällt mir was ein“, habe einer der Streifenkollegen plötzlich im Auto gesagt.

    Da habe ihn der Kripo-Mann aufgefordert das vor Gericht zu erzählen. Und der andere? „Der konnte sich nicht mehr so genau erinnern.“ Das hatte im Zeugenstand viel entschiedener geklungen.

    Wieder einmal steht im Prozess der Verdacht einer Falschaussage im Raum. Die Verteidigung – munitioniert mit vielen Dokumenten aus internen Ermittlungen beim LKA – fügte ihren bisher 16 Beweisanträgen elf neue hinzu. Das Gericht legte fünf weitere Verhandlungstermine bis in den Februar hinein fest. Bis dahin wird sich wohl auch Innenminister Joachim Herrmann im Landtag zu dem Fall gerechtfertigt haben.

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