Konzentriert beugt sich der 42-Jährige aus Northeim in Niedersachsen an seiner Werkbank im Festungsgraben über einen Pfeil. „Wir haben die Pfeile in der Werkstatt vorbereitet“, erzählt er. Vorbereitet, das heißt: Kerben ins Holz geschnitzt, Federn geschnitten und mit einem Leim aus Schweineschwarte aufgeklebt. Jetzt muss Schrader den Pfeil nur noch mit Schnur umwickeln – fertig.
„Ich bin schon als Kind mit einem Messer in den Wald gelaufen und habe an Haselnussstecken herumgeschnitzt“, erzählt Schader und lacht. „Früher gab es keine Computerspiele, und um Indianer und Cowboy zu spielen, brauchte man nun mal Pfeil und Bogen.“ Später entstand aus dem Kindheitshobby eine kleine Werkstatt, heute ist der traditionelle Bogenbau Schraders Beruf. Als Material für die Bögen verwendet er heimische Hölzern wie Ulme, Ahorn und Eibe, die Pfeile fertigt er aus Kiefern- und Fichtenholz an.
Wie man mit Pfeil und Bogen umgeht, hat Henning Schrader im Verein erlernt, seit 28 Jahren übt er sich im Bogenschießen. „Ein wirklich guter Schütze kann bis zu vier Pfeile in zehn Sekunden abschießen“, sagt er, während er seinen Bogen spannt und sein Ziel, ein Wildschwein aus Holz, fixiert. Im Mittelalter waren Bogenschützen extrem wichtig: Sie waren nicht nur äußerst schnell, sondern konnten auch sehr weit schießen, wodurch sie tödlicher als andere Krieger waren. „Wenn die Bogenschützen angriffen, kann man sich das wie eine Art Maschinengewehrfeuer des Mittelalters vorstellen.“
Zum Mittelalter kam Henning Schader durch seine Kleidungsgewohnheiten. „Ich habe mich immer passend zum Bogen angezogen, mit dem ich gerade geschossen habe.“ Eine Zeit lang sah er wie ein amerikanischer Trapper aus – sein Bogen: ein amerikanischen Flachbogen. Dann kam der erste „richtige“ Bogen, eine Kombination aus Flach- und englischem Langbogen – und mit ihm das erste mittelalterliche Gewand.
Seitdem hat Henning Schrader die düstere Epoche nicht mehr losgelassen. „Als Bogenbauer unterwegs zu sein, ist die Entscheidung für einen anderen Lebensstil“, sagt er, und seine Freundin ergänzt: „Andere Leute werden zu Aussteigern, wir gehen auf den Mittelaltermarkt.“
Im Blickpunkt
Barbarossa-Spectaculum Am Wochenende locken Ritterturniere: samstags um 14 und 18 Uhr, sonntags um 12.30, 14.30 und 17 Uhr. Am Samstag ist das Festival von 11 bis 24 Uhr geöffnet, am Sonntag von 11 bis 21 Uhr.