Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Von Anis bis Zimt: Welche Pflanze im Weihnachtsplätzchen steckt

Würzburg

Von Anis bis Zimt: Welche Pflanze im Weihnachtsplätzchen steckt

    • |
    • |
    Kommt in den Lebkuchen: Sternanis.
    Kommt in den Lebkuchen: Sternanis. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg

    Vanillekipferl und Anisringe, Zimtsterne und Kokosmakronen. Und ja, Pfefferkuchen liegen auch auf dem Plätzchenteller. Auch wenn in dem süßen Adventsgebäck oft gar kein echter Pfeffer mehr verbacken ist. Doch so nannte man einst eben alle exotischen Gewürze, die die „Pfeffersäcke“, die Kaufleute, aus fernen Ländern brachten. Also auch die, die in den würzigen Lebkuchen stecken.

    Ingwer und Fenchel und Muskat, Anis und Kardamom, Zimt und Koriander. Heute jederzeit griffbereit im Supermarktregal zu finden, waren die Zutaten der Weihnachtsbäckerei lange nur den Reichen vorbehalten. Und als Rohstoffe aus aller Welt hatten sie oft eine abenteuerliche Reise hinter sich. Jetzt, kurz vor Heiligabend, wollte Dr. Gerd Vogg, der Kustos des Botanischen Gartens der Uni Würzburg, eigentlich ins Tropenhaus einladen. Und bei einer Führung die Botanik hinter der Weihnachtsbäckerei erzählen. Wo und wie wächst, was wir als Zutaten verwenden und was in den Plätzchen so gut schmeckt? Im Botanischen Garten kann man all die Pflanzen – von Anis bis Zuckerrohr – finden. Weil die Führung aus bekannten Gründen ausfallen muss, gibt es den kleinen würzigen Rundgang hier.

    Mehl – ein Süßgras

    Was wird in der Backstube gebraucht, in großen Mengen? Mehl! Also Weizen vor allem, eine der wichtigsten und ältesten Kultur- und Nutzpflanzen überhaupt. Unser Weichweizen, botanisch Triticum aestivum, gehört zur Gattung der Süßgräser. Er könnte, so vermutet man, vor rund 6000 Jahren durch eine Kreuzung zwischen Emmer (Triticum dicoccum) und dem Wildgras Aegilops squamaria entstanden sein. Bekannt ist er in Europa seit circa 3000 vor Christus. Ein durchaus anspruchsvolles Getreide, das nährstoffreiche Lehm- und Lössböden in sommerwarmen Gebieten braucht.

    Der Kustos des Botanischen Gartens: Dr. Gerd Vogg mit Belegen aus dem Herbarium.
    Der Kustos des Botanischen Gartens: Dr. Gerd Vogg mit Belegen aus dem Herbarium. Foto: Johannes Kiefer

    Wichtigstes Produkt aus dem Korn: Weizenmehl. Je nach Klebergehalt wird es in drei Stufen eingeteilt: mit hoher Kleberqualität und schwer verbackbar, mit mittlerem Klebergehalt und einer guten Qualität zum Backen, mit geringem Klebergehalt und ideal für festes Brot und Kekse. Entscheidend für die Backfähigkeit ist das Gluten darin. Die Proteine sorgen dafür, dass nach Zugabe von Feuchtigkeit ein knet- und dehnbarer Teig entsteht, der sich backen lässt. Gerd Vogg erwähnt besonders die Typenzahl des Mehls: Denn die meisten Mineralstoffe eines Getreides stecken in der äußeren Schale eines Korns. Je stärker geschält, desto weniger Kalium, Magnesium, Ballaststoffe, B-Vitamine und pflanzliche Eiweiße im Mehl.

    Von 405 bis 1050 gibt die Typenzahl den Mineralstoffgehalt in Milligramm pro 100 Gramm wasserfreiem Mehl an. In Vollkornmehl stecken also auch Keimling und Schale: „Die würden in etwa der Type 1800 entsprechen“, sagt Vogg. Für die Weihnachtsplätzchen und Festtagskuchen freilich ist das hellste Mehl vom Typ 405 ideal. „Das hat die besten Klebeeigenschaften“, sagt Gerd Vogg, der selbst am liebsten die fast mehlfreien Zimtsterne mag. Und Heinerle, aber für die braucht es ja auch nur Schokolade und Oblaten.

    Zucker – aus Rohr oder Rübe

    Süß müssen die Plätzchen sein! Also: Zucker. „Die Saccharose kann man aus Zuckerrohr oder Zuckerrübe gewinnen, chemisch macht das am Ende keinen Unterschied“, sagt Gerd Vogg. Wie Weizen ist auch das tropische und subtropische Zuckerrohr Saccharum officinarum ein Süßgras. Weltweit wird 80 Prozent des süßen Stoffs heute daraus gewonnen.

    Zuckerrohr.
    Zuckerrohr. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg

    In Deutschland stammen 90 Prozent des konsumierten Zuckers indes aus der Rübe (Beta vulgaris). Und die ist eine ziemlich junge Kulturpflanze, die Züchtungen begannen erst Mitte des 18. Jahrhunderts aus der Gemeinen Rübe. „Ursprünglich hatte die Wildpflanze acht Prozent Zuckergehalt, heute sind es 20 Prozent“, sagt der Botaniker. Und räumt dann noch mit dem Gerücht auf, dass Rohzucker besser sei als der raffinierte weiße: „Rohzucker enthält Melasse, also Zuckersirup, Mineralstoffe und Vitamine, ist aber nicht gesünder.“

    Kakao – Samen statt Bohnen

    Zugegeben, die Früchte, die auf den Plantagen in Südamerika oder Westafrika wachsen, sind ein klein wenig größer als die im Tropenhaus im Botanischen Garten. Aber immerhin: Auch hier hängen Kakaofrüchte am dicken Stamm. „Wir haben immer welche“, sagt Gerd Vogg über die Früchte von Theobroma cacao, dem Kakaobaum aus der Familie der Malvengewächse. Den botanischen Namen verdankt der immergrüne Baum, der bis zu 15 Meter hoch werden kann, Carl von Linné, der ihn aus dem Griechischen entlehnte: „Götterspeise“.

    Ein Kakaobaum im Botanischen Garten: Die Früchte wachsen direkt am Stamm.
    Ein Kakaobaum im Botanischen Garten: Die Früchte wachsen direkt am Stamm. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg
    Kakaofrüchte mit Samen - und einem beliebten Produkt daraus.
    Kakaofrüchte mit Samen - und einem beliebten Produkt daraus. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg

    Die Kakaofrucht, eine Panzerbeere, wächst direkt am Stamm. Und was wir Kakaobohnen nennen, sind eigentlich die Samen. Zwischen 30 und 60 Stück stecken in einer Frucht. Fermentiert, geröstet und gemahlen wird eine fettige braune Masse daraus. Beim Pressen trennen sich weiße Kakaobutter und das entölte, sehr bittere Kakaopulver. Der Botanische Garten hatte mal vier Kakaobäume, sagt Gerd Vogg. Dann seien zwei innerhalb von zwei Wochen abgestorben. „Eine ganz empfindliche, heikle Kultur! Kein Vergleich zum robusten Kaffee.“ Mit den 18 Grad im Würzburger Tropenhaus kommt der Kakao gerade so zurecht. „Die Pflanze hätte es gerne noch ein wenig wärmer.“

    Gewürze – aus Samen, Blüten, Rinde

    Und dann wird es würzig! Mit der Rinde von Cinnamomum verum und Cinnamomum cassia, dem edlen Ceylon-Zimt aus Sri Lanka und dem würzigen chinesischen Cassia-Zimt. Mit Muskatnuss von riesigen Muskatnussbäumen, mit Ingwer oder Gewürzfenchel, mit Nelken, Sternanis und Piment.

    Weihnachtspflanzen
    Weihnachtspflanzen Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg
    Hauchdünne Rinde, aufgerollt: Zimtstangen.
    Hauchdünne Rinde, aufgerollt: Zimtstangen. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg

    Zimt ist ein Lorbeergewächs, und das Gewürz wird aus der vorsichtig abgeschälten, getrockneten äußeren Rinde gewonnen. Je dünner die Rinde, desto feiner das Aroma der gerollten Zimtstangen. Das Aroma des Zimtbaumes geht auf das enthaltene Zimtöl zurück. Und auf wichtige Aromastoffe: beim milderen Ceylon-Zimt vor allem Eugenol, das auch in Gewürznelken steckt, beim Cassia-Zimt das nach Waldmeister duftende Cumarin.

    Die Muskatnuss: Eine Balgfrucht, von der wir Same und Macis, also die Hülle, nutzen.
    Die Muskatnuss: Eine Balgfrucht, von der wir Same und Macis, also die Hülle, nutzen. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg

    Beim Myristica fragrans, dem Muskatnussbaum, gibt es männliche und weibliche Pflanzen. „Wir haben nur ein männliches Exemplar“, sagt der Kustos des Botanischen Gartens. „Aber er blüht sehr schön.“ Fünf Meter hoch ist der immergrüne Baum hier, in freier Natur messen Muskatnüsse schon mal bis zu 20 Meter. Was wir als Gewürz verwenden und umgangssprachlich Nuss nennen, ist der Same der birnenförmigen, bis zu zehn Zentimeter langen Balgfrucht. Und Macis, die Muskatblüte, ist die Hülle, die Samenwand.

    Schön blühe auch der Ingwer, sagt Vogg – „eine sehr hübsche Pflanze“. Ins Weihnachtsgebäck kommen von Zingiber officinalis freilich nicht die Blüten, sondern das Rhizom, der unterirdische Spross. „Reich an ätherischen Ölen und am Scharfstoff Gingerol.“ Während der Ingwer aus den Tropen stammt, sind Anis und Fenchel heimische Doldengewächse. Die stark duftenden, brennenden Gewürznelken, die Blütenknospen von Syzygium aromaticum, kommen wiederum von den legendären indonesischen Gewürzinseln, den Molukken. Auf Reisen und Exkursionen, sagt Vogg, habe er immer Nelkenöl dabei. Reich an ätherischen Ölen und von betäubender Wirkung, hilft es fernab von Apotheken gegen Zahnschmerzen.

    Stark duftend und brennend: Gewürznelken.
    Stark duftend und brennend: Gewürznelken. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg

    Schnell noch zum Piment, der ähnlich scharf schmeckt: Den hatten die spanischen Eroberer mit „pimienta“, dem echten Pfeffer verwechselt, er ist aber auch ein Myrtengewächs. Und der Pfeffer selbst? „Eine Kletterpflanze wie der Hopfen“, sagt Vogg. Im Würzburger Tropenhaus wächst er auch – nämlich hinauf am Sternfruchtbaum.

    Kommt nicht ins Kipferl: Blüte der Vanille.
    Kommt nicht ins Kipferl: Blüte der Vanille. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg

    Die Vanille für die Kipferl indes gehört zu den Orchideen, mit 300 000 Arten die größte Pflanzenfamilie weltweit. Kapseln mit Samen zu bekommen, ist beim Kultivieren übrigens so eine Sache: „So gut wie alle Vanilleschoten im Handel stammen heute von Pflanzen, die von Hand bestäubt wurden“, sagt der Botaniker. Beim Vanillemark selbst handelt es sich um die kleinsten Pflanzensamen überhaupt im Pflanzenreich.

    Große und kleine, echte und falsche Nüsse

    Deshalb zum Schluss noch etwas Großes: Kokosnüsse für die Makronen. Anders als die Vanille konnten sich Kokospalmen von selbst überall in den Tropen ausbreiten. Warum? Weil die Nüsse extrem lange schwimmen können, ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren. „Der Embryo zehrt ein Jahr lang von den Nährstoffreserven“, sagt Vogg. Eine Nuss ist die Kokosnuss übrigens genauso wenig wie Pekannüsse oder Mandeln – sie sind Steinfrüchte.

    Haselnüsse, Walnüsse, Mandeln: Botanisch nicht alles Nüsse.
    Haselnüsse, Walnüsse, Mandeln: Botanisch nicht alles Nüsse. Foto: Dr. Gerd Vogg. Botanischer Garten Würzburg

    Und die schick gewordene Macadamia? "Das ist eine Balgfrucht und keine echte Nuss", sagt Vogg.  Und bei der Pekannuss ist es wie bei der Walnuss: "Da ist noch nicht ganz klar, ob die äußerste Hülle von der Frucht kommt, dann wäre es eine Steinfrucht. Oder ob die Hülle eine Struktur der Blüte darstellt - dann wäre es eine Nuss." Wer also ganz sicher gehen und mit botanischen Nüssen backen will, nimmt Haselnüsse.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden