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Würzburg: Vor rund 400 Jahren: Winzige Atempause für die „Hexen“

Würzburg

Vor rund 400 Jahren: Winzige Atempause für die „Hexen“

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    Ein Grauen für alle, die unter Verdacht standen, sich mit der Hexerei zu beschäftigen: Philipp Adolf von Ehrenberg (1583-1631). Foto: Wikimedia Commons
    Ein Grauen für alle, die unter Verdacht standen, sich mit der Hexerei zu beschäftigen: Philipp Adolf von Ehrenberg (1583-1631). Foto: Wikimedia Commons

    Ein Tod, der Leben rettet: Dass Philipp Adolf von Ehrenberg am 16. Juli 1631 für immer seine fürstbischöflichen Augen schließt, verschafft all jenen, die in Würzburg als Hexen verfolgt werden, zumindest eine Atempause. Der „Hexenbischof“ genannte Fürstbischof des Würzburger Hochstifts ist nämlich ein besonders fanatischer Verfechter der Hexenverfolgung. Am 3. Februar 1625, also zwei Jahre nach seinem Amtsantritt, findet die erste Hinrichtung statt.

    Es werden Schuldige gesucht

    „Das war eine sehr schwierige Zeit, es gab viele Seuchen und Missernten und die Menschen mussten hungern“, sagt der Heimathistoriker Willi Dürrnagel. Zu dieser Zeit gibt es einen Klimaeinbruch, die „kleine Eiszeit“, die Pflanzen erfrieren: „Anno 1626 den 27. May ist der Weinwachs im Frankenland im Stift Bamberg und Würzburg aller erfroren, wie auch das liebe Korn, das allbereits verblüett“, zitiert Dürrnagel aus alten Quellen. Und erklärt: „Man hat jemanden gesucht, dem man das in die Schuhe schieben kann, und da kamen die Hexen gerade recht.“ Die Angst vor diesen Wesen treibt die Menschen um, und weil Angst bekanntlich oft zu Hass wird, finden in der Folgezeit regelrechte Hexenjagden statt. Die Bevölkerung verfolgt auf „der Zauberey halben beschraite personen“, und auch in Würzburg greift der Hexenwahn immer mehr um sich.

    Heimathistoriker Willi Dürrnagel vor der Festung Marienberg: Hier war das letzte Opfer der Hexenverfolgung inhaftiert. Foto: Eva-Maria Bast
    Heimathistoriker Willi Dürrnagel vor der Festung Marienberg: Hier war das letzte Opfer der Hexenverfolgung inhaftiert. Foto: Eva-Maria Bast

    In einem erhaltenen Druck aus dem Jahr 1745 mit dem Titel „Verzeichniß der Hexen-Leut, so zu Würzburg mit dem Schwert gerichtet und hernacher verbrannt worden“ sind die Hexen aufgelistet, die in Würzburg entweder neben der Marienkapelle auf dem Markt oder vor den Toren auf dem Sanderrasen hingerichtet wurden. Bis zum Tod des „Hexenbischofs“ fallen 219 Menschen in Würzburg dem Hexenwahn zum Opfer, im gesamten Stift sollen es sogar circa 900 gewesen sein. Die Angeklagten werden verhört – unter Zuhilfenahme der Folter. Und zwar so lange, bis sie ein Geständnis ablegen, was manch einer allein schon deshalb tut, um den unglaublichen Qualen ein Ende zu setzen.

    Beschuldigte müssen für die Hexenprozesse zahlen 

    „So wurden auch Namen anderer vermeintlicher Hexen erpresst, viele benannten unter der Folter auch Familienmitglieder, aber auch ihre Richter und Verhörer“, sagt Dürrnagel. „In Würzburg und Bamberg sollen sich die Inhaftierten dahingehend abgesprochen haben, die Hexenkommissare zu beschuldigen.“ Nach dem Geständnis werden die als Hexen Angeklagten entweder enthauptet und dann verbrannt oder bei lebendigem Leibe den Flammen übergeben. Dabei müssen immer gleich mehrere als Hexen Beschuldigte auf den Scheiterhaufen. Die Verfolgungen und Hinrichtungen kosten Geld: Zur Finanzierung der Prozesse werden zwischen 20 und 100 Prozent des Besitzes der für schuldig Befundenen eingezogen. So soll ein Delinquent ausgesagt haben: „Der Bischof läßt nit nach, bis er die ganze Statt verbrent hab.“

    "Bis 1749 fanden in Würzburg noch Hexenverbrennungen statt."

    Willi Dürrnagel, Heimathistoriker

    Zu den besonders verfolgten Personengruppen zählen Hebammen, die man für die hohe Säuglingssterberate verantwortlich macht, alleinstehende Frauen, aber auch mindestens 38 Kinder. Standesunterschiede machen die Peiniger nicht: „Geistliche wurden ebenso beschuldigt wie Adelige und Ratsherren. Es konnte jeden treffen.“ Bis Ehrenberg stirbt. Doch wer glaubt, die Gefahr sei nun für alle Zeiten gebannt, irrt. Es wird nur besser, ganz vorbei ist es nicht: „Bis 1749 fanden in Würzburg noch Hexenverbrennungen statt, allerdings nicht mehr so viele wie unter Ehrenberg“, sagt Willi Dürrnagel. Sie enden 1749 mit dem Justizmord an der Ordensfrau Maria Renata Singer von Mossau, Superiorin des Klosters Unterzell. „Man geht davon aus, dass sie die letzte Frau war, die in Franken als Hexe angeklagt wurde“, sagt Dürrnagel. „Die Ordensfrau wurde lange verhört und auf der Festung Marienberg inhaftiert.“ Ihr Todesurteil – die Verbrennung auf dem Scheiterhaufen bei lebendigem Leib – wird am 21. Juni 1749 verkündet.

    „Diesmal setzte sich ein Fürstbischof sogar für eine als Hexe Verfolgte ein, wenn man das so sagen kann“, erzählt Dürrnagel. „Karl Philipp von Greiffenclau zu Vollraths sorgte dafür, dass das Urteil dahingehend abgemildert wurde, dass man sie erst enthauptete und dann verbrannte.“ Richtplatz ist die mittlere Bastei bei Höchberg. Der Kopf der Enthaupteten wird auf einen Pfahl gesteckt – so, dass er in Richtung der Stadt Würzburg blickt. Der Abschreckung wegen.

    Text: Eva-Maria Bast

    Was Würzburg prägte Das neue Buch „Was Würzburg prägte“ enthält 52 Texte über Jahrestage aus der Würzburger Geschichte, also für jede Woche des Jahres einen Text. Präsentiert werden die historischen Geschehnisse jeweils von Würzburger Bürgern. Das Buch der beiden Autorinnen Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter entstand in Zusammenarbeit mit der Main-Post. Wir werden in einer ganzjährigen Serie Texte aus dem Buch abdrucken. Erschienen ist das Buch im Verlag Bast Medien GmbH, in dem auch die erfolgreichen „Würzburger Geheimnisse“ veröffentlicht wurden, die ebenfalls in Kooperation mit der Main-Post entstanden sind. Erhältlich ist „Was Würzburg prägte – 52 große und kleine Begegnungen mit der Stadtgeschichte“ von Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter Überlingen 2017, ISBN: 978-3-946581-24-6 in den Main-Post-Geschäftsstellen (14.90 Euro).

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