Eigentlich hätten die Preise für die Main-Post-Aktion "Vorstand des Jahres" längst überreicht sein müssen: 2020 hatte diese Redaktion wie gewohnt den Preis für verdiente Vorstände von Sportvereinen sowie die "Guten Seelen im Verein" des Jahres 2019 ausgeschrieben – geehrt werden die Preisträger immer für das Vorjahr.
Die Jurysitzung für den Landkreis-Wettbewerb fand auch 2020 statt, doch dann machte der Lockdown eine Veranstaltung mit Preisverleihung unmöglich. Die Hoffnung, der Lockdown würde nach ein paar Wochen enden, zerschlug sich. Wann die Redaktion die Preise überreichen kann, steht auch jetzt noch nicht fest. Doch die Veröffentlichungen über die Sieger sollen nicht länger warten.
Preisträgerinnen wussten nichts vom Vorschlag für den Wettbewerb
Dass die feierliche Pokalübergabe für den "Vorstand des Jahres 2019" bislang nicht stattfinden konnte, tut der Freude aber keinen Abbruch. "Ich bin sprachlos", sagt Claudia Berger, die wie Renate Schmalzl erst vor wenigen Tagen erfahren hat, dass der Vorstand des Turnvereins Ochsenfurt (TVO) die Leiterinnen der Schwimmabteilung klammheimlich für diese Ehrung vorgeschlagen hatte – und dass seine Bewerbung von Erfolg gekrönt war.

"Diese Aktion ist was Tolles", sagt Vorstand Steffen Krämer. "Und ich finde es gut, dass auch Abteilungsleiter vorgeschlagen werden können." Bei einem so großen Verein wie dem TVO mit vielen Abteilungen überlege der Vorstand, wer durch eine solche Auszeichnung ein Signal bekommen soll, dass sein außerordentliches Engagement durchaus wahrgenommen wird. Steffen Krämer findet, dass Claudia Berger und Renate Schmalzl die Ehrung mehr als verdient haben.
Derzeit ruht der Schwimmbetrieb
Die Auszeichnung "Vorstand des Jahres" wurde von der Mediengruppe Main-Post gemeinsam mit dem Landratsamt und dem Bayerischen Landessportverband (BLSV) zum siebten Mal für den Landkreis ausgeschrieben. Das Preisgeld von 1000 Euro wird von der Sparkasse Mainfranken gestiftet, eine Jury aus Journalisten, Vertretern des Sports, des Landkreises und der Sparkasse traf die Auswahl.
Renate Schmalzl und Claudia Berger sind mit Steffen Krämer zum Pressegespräch vor die coronabedingt geschlossene Schwimmhalle der Ochsenfurter Realschule gekommen. Nur draußen stehen zu müssen und nicht ins Wasser zu dürfen, ist für die beiden Schwimmerinnen eine schwere Prüfung. "Mein Körper schreit nach Chlor!", macht sich Claudia Berger Luft, und Renate Schmalz verrät, dass ihr nach inzwischen wochenlanger Trainings-Abstinenz schon alles weh tut.
Schwere Zeiten ohne Schwimmbad in Ochsenfurt
Das ist er, der Geist, den ein Sportverein braucht: Leidenschaft für den Sport und die Bereitschaft, sich dafür durch alle Widrigkeiten zu kämpfen. Berger und Schmalzl können ein Lied davon singen. Jahrelang haben sie das Angebot an Schwimmkursen und Trainingsgruppen in Bädern außerhalb Ochsenfurts eisern aufrecht erhalten, weil das Ochsenfurter Hallenbad von 2010 bis 2015 und das Freibad von 2012 bis 2014 geschlossen waren . "Woanders wäre das eventuell im Sande verlaufen", glaubt Krämer.
140 Mitglieder hat die Schwimmabteilung aktuell, 120 von ihnen sind Kinder. Ungefähr 2000 Kindern haben die mittlerweile 57 Jahre alten Trainerinnen während ihrer Zeit beim TVO bisher beigebracht, wie man sich über Wasser hält. "Neulich hat mich ein Fünfjähriger angestrahlt und gesagt: Du hast meinen Papa auch schon im Kinderwagen geschoben!" erinnert sich Claudia Berger und lacht.
Viel Organisatorisches muss gestemmt werden
Vor 28 Jahren haben sich die beiden Schwimmerinnen kennengelernt. Die Chemie stimmte auf Anhieb, und seitdem teilen sie sich die Aufgaben als Abteilungsleiterinnen. Wenige sind das nicht. Für Kinder ab fünf Jahren werden Schwimmkurse angeboten. Auch für erwachsene Nichtmitglieder gibt es so ein Angebot. Die etwas älteren Kinder können ihre Kenntnisse dann in verschiedenen Trainingsgruppen vertiefen, die besten kommen in die Wettkampfgruppe, die anderen bleiben im Breitensport.

Neben dem Training und den Kursen ist es vor allem Organisatorisches, das gestemmt werden muss: geeignete Fortbildungsangebote finden, Trainingslager organisieren, die Gruppen aufteilen, Trainingspläne für die jungen Trainer erstellen, die Wettkampfschwimmer melden, Lernziele festlegen und überlegen, wer was zu Weihnachten bekommt, wie sich ein interessanter Wandertag gestalten lässt oder wann mal wieder gemeinsam gegrillt wird.
Die Kurse sind bis April 2022 ausgebucht
Diese Dinge dürften nicht unterschätzt werden, sagt Renate Schmalzl. "Bahnenschwimmen allein ist langweilig, das Drumherum ist wichtig." Deshalb dürfen sich die jungen TVO-Schwimmer auch mit einem Abzeichen schmücken, das es sonst nirgends gibt: dem eigens entworfenen "Main-Hai" zum Aufnähen auf die Badebekleidung – oder einem Frosch.
Und ebenso wichtig: ein solider finanzieller Unterbau. Bei politischen Entscheidungsträgern mit unnachahmlicher Eloquenz Geld locker zu machen, sei ein besonderes Talent der beiden Abteilungsleiterinnen, schmunzelt Steffen Krämer. Aufgrund der teuren Miete für die Schwimmhalle ist die Schwimmabteilung mit die Sparte mit dem höchsten Etat beim TVO. Aber Claudia Berger und Renate Schmalzl versuchen, den Gesamtverein möglichst wenig zu belasten.
Mangelndes Interesse am Schwimmsport ist kein Problem, mit dem sich die Trainerinnen befassen müssten. Im Gegenteil: Bis April 2022 sind die Kurse ausgebucht. Renate Schmalzl und Claudia Berger gucken trotzdem schon mal in die Zukunft. Sie möchten junge Trainer gewinnen, die die erfolgreiche Schwimmabteilung weiterführen, wenn sie selbst einmal kürzer treten werden. Im Augenblick aber scheint der Tatendrang der beiden ungebrochen. Als nächstes wollen sie sich überlegen, wie die 1000 Euro Preisgeld zum Wohle der Schwimmer am besten eingesetzt werden können.