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HÖCHBERG: War der Minnesänger ein Franke?

HÖCHBERG

War der Minnesänger ein Franke?

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    Seit elf Jahren treibt der mittelalterliche Minnesänger den Höchberger um. Als er wieder einmal mit einer Schulklasse im Lusamgärtchen in Würzburg stand, wo Walther von der Vogelweide begraben ist, hat es ihn geärgert, dass er so wenig über den Minnesänger wusste.

    Erstes Ergebnis umfangreicher Recherchen in Archiven und Bibliotheken war der 40-seitige Aufsatz „Herr Walther von Rothenburg-Stolberg, genannt von der Vogelweide“, erschienen im Mainfränkischen Jahrbuch für Geschichte und Kunst, Jahrgang 2002. Drei Jahre später folgte in der gleichen Publikation der Beitrag „Der fränkische Königshof Herlheim“. Nun hat Wagner ein Buch geschrieben, das der Verlag Franz Teutsch in Gerolzhofen herausgibt.

    Wagner geht nicht wie viele andere davon aus, der Beiname von der Vogelweide sei als ein Hinweis auf die Herkunft des Dichters zu verstehen. Denn „keiner der Vogelweidehöfe, mit denen man ihn schon in Verbindung gebracht hat, konnte als seine Heimat erwiesen werden“, schreibt der 71-Jährige in seinem Vorwort zum Buch.

    Aus der Lebenszeit Walthers von der Vogelweide gibt es nur ein einziges Dokument, in dem er zweifelsfrei mit vollem Namen vorkommt, nämlich in den Reiserechnungen des Passauer Bischofs Wolfger von Erla, der ihm fünf so genannte „lange Schillinge“ für einen Pelzrock überlässt.

    Die aktuelle Walther-Diskussion konzentriert sich bei der Frage nach dem Geburtsort auf ein Dorf in Niederösterreich namens Walthers und eben auf Franken. Für Franken spricht, dass Walther in Würzburg begraben liegt. Der Historiker nimmt an, dass der Dichter seinen Lebensabend auf einem Lehen bei Würzburg verbracht hat. Wenn er aber in Franken ein Lehen erhielt, so muss er nach dem Urteil des Historikers Karl Bosl auch aus Franken stammen. Diesen Ansatz verfolgte Gerhard Wagner weiter.

    Eine Lehensurkunde gibt es zwar nicht, dafür aber einen überschwänglichen Sangspruch des Dichters: „Ich hân mîn lehen, al die werlt, ich hân mîn lehen!“ (Ich habe mein Lehen, alle Welt, ich habe mein Lehen!“). An anderer Stelle beziffert Walther den Wert des Lehens mit 30 Mark (Silber). Nach den Recherchen Wagners ist die Vogtei über dem Dorf Herlheim das einzige Würzburger Kirchenlehen im Wert von 30 Mark, das von Staufern nachweislich an Vasallen oder Ministeriale ausgegeben wurde.

    Und Wagner setzt Glied an Glied an seine Indizienkette. Aus der Erkenntnis, dass Walther von der Vogelweide in Herlheim gelebt habe, lassen sich in den Augen des Forschers Schlüsse auch auf seine Geburt und Herkunft ziehen. Wenn König Friedrich II. ihm um 1215 ein Kirchenlehen in Herlheim verlieh, obwohl er im Grunde gar nicht mehr dazu berechtigt war, muss Walther einen Anspruch darauf erhoben haben, der sogar den damaligen Würzburger Bischof Otto von Lobdeburg überzeugte.

    Der Anspruch geht nach Wagner auf den Ritter Walter von Rothenburg-Stollberg zurück, eines in die Ministerialität abgesunkenen Edelfreien, der 1151 die Vogtei Herlheim als Kirchenlehen erhielt und der es in seine Herrschaft Stollberg im Steigerwald einfügte.

    „Wenn wir diesen Ritter Walter mit dem 1170 und 1172 urkundlich erwähnten würzburgischen Ministerialen Walter von Stollberg gleichsetzen, dann haben wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den bisher unbekannten Vater Walthers von der Vogelweide vor uns“, folgert Wagner. Für ihn sprechen alle Indizien dafür, dass der bisher als heimatlos angesehene Dichter ein spät geborener Sohn des Ritters Walter und der Mechthild von Rothenburg gewesen und auf der Stollburg oberhalb von Handthal um das Jahr 1170 das Licht der Welt erblickte. Dieses Geburtsjahr ist in der Forschung unumstritten.

    In seinem Buch befasst sich Wagner eingehend mit der Herrschaft Stollburg, mit Walthers Verwandtschaft und mit Walthers nicht unbedingt rühmlicher Rolle als Kreuzfahrer.

    Schließlich widerspricht Wagner der verbreiteten Lehrmeinung der Germanistik, Walther sei von Jugend an ein fahrender Sänger ohne festen Wohnsitz gewesen. Das lässt er höchstens für die Zeit als Minnesänger am Babenberger Hof in Wien gelten. Mit der Übernahme des Lehens 1216 waren dann aber ein fester Wohnsitz und ansehnliche Einkünfte verbunden, die Walther von allen materiellen Sorgen befreiten und ihn in seinem adeligen oder ministerialischen Rang bestätigten.

    ISBN-Nummer 978-3-920945-17-4. Der Preis beträgt zwölf Euro.

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