Das öffentliche Interesse an Martin Schulz ist groß. Keine Frage auch, dass die Medien die neue Lichtgestalt der SPD vorstellen möchten. Interviews bieten dazu eine gute Gelegenheit. Also hat diese Redaktion schon vor zwei Wochen angefragt, ob der Kandidat bei seinem Würzburg-Besuch für ein Gespräch zur Verfügung steht. Nein, hieß es beim SPD-Parteivorstand in Berlin, dafür sei keine Zeit. Man könne aber ein paar Zitate vorab schicken. Das ist dann auch geschehen. Ein Interview ersetzen können diese Statements, formuliert von der Pressestelle, nicht.
Gar nicht begeistert von der Absage aus Berlin war Bernd Rützel, der Bezirksvorsitzende der SPD. Er intervenierte bei den Parteifreunden – und stellte der Redaktion schließlich doch ein Kurzinterview mit Martin Schulz in Aussicht – am Rande der Würzburger Veranstaltung.
An Rützels Seite sind wir tatsächlich am Samstag an Schulz rangekommen – zwischen Tür und Angel. Immerhin, für drei Fragen hat es dabei gereicht. Nichts Brisantes, ein Satz zum derzeitigen Hoch der SPD, einer zu seinen Plänen für mehr soziale Gerechtigkeit. Schulz' Pressesprecher bat noch, ihm die ausformulierten Antworten, gerne ergänzt um Zitate aus der Rede, zur Autorisierung, zum üblichen Gegenlesen, zu mailen. Das haben wir umgehend auch getan.
Am Sonntagnachmittag schrieb der Sprecher dann nach langem Warten und Nachfragen, man bitte auf eine Veröffentlichung des Interviews zu verzichten. Es gebe schließlich die Statements aus der vergangenen Woche. Was tun? Das Interview trotzdem veröffentlichen? Das verbieten die guten journalistischen Sitten. Gesprächspartner bekommen Wortlaut-Interviews vor der Veröffentlichung vorgelegt, um sie zu billigen. Sie gelten als Mit-Autoren. So ist es Usus, bei den großen nationalen Blättern genauso wie bei Regionalzeitungen.
Deshalb hier also kein Interview mit dem Kanzlerkandidaten.