Die Situation für Reisende am Würzburger Hauptbahnhof ist alles andere als angenehm. Reisende, die in Würzburg umsteigen oder auf einen verspäteten Zug warten müssen, haben kaum Sitzgelegenheiten. Außerdem wird aktuell fleißig gebaut. Wer mit dem Fahrrad zum Bahnhof anreist, hat nur wenig Chancen sein Fahrrad an einen Fahrradständer anzuschließen und seinen Koffer für ein paar Stunden in ein Schließfach zu legen, ist auch Glückssache.
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Als der Rechtsanwalt Joachim Otting aus Hünxe in Nordrhein-Westfalen an einem Freitag im Juli zu einem Zwischenstopp in Würzburg halt machte, wollte er seinen großen Reisekoffer im Schließfach einschließen. Doch von den 96 großen Schließfächern waren laut Aussage von Otting viele Schließfächer mit Defekt-Zetteln beklebt. Der Rest war belegt oder nahm kein Geld an. Laut Aussage eines Bahnsprechers sind aktuell 17 Schließfächer defekt. Otting ließ sich damals eins der Schließfächer von einem Mitarbeiter am Info-Point aufschließen.
39 Schließfächer kaputt
Ein Besuch vor Ort im Juli zeigte jedoch, dass von den großen Schließfächern insgesamt 39 nicht zur Verfügung stehen. Zwar sind nicht alle Schließfächer als defekt gekennzeichnet, doch bei vielen fehlt der Schlüssel oder das Schließfach nimmt keine Münzen an. Lukas Iffländer, der für Würzburg zuständige Sprecher des Fahrgastverbands Pro Bahn, hat dafür kein Verständnis: "Wir fordern die schnelle Instandsetzung der Schließfächer. Wenn diese nicht repariert werden können, müssen sie ersetzt werden."

Eine Anfrage dieser Redaktion beantwortete die Bahn über einen Unternehmenssprecher: "Aktuell sind im Bahnhof 19 große und 15 kleine Schließfächer defekt. Zusätzlich kann es sein, dass wenn Münzen im Einwurfbereich stecken bleiben, die Service-Mitarbeiter vor Ort die Schlüssel entfernen und diese Schließfächer somit kurzfristig ausfallen."
Nur 20 Sitzplätze in der Haupthalle
Bei einem weiteren Besuch an diesem Dienstag waren erneut 35 große und 13 kleine Schließfächer nicht benutzbar und alle anderen großen Schließfächer belegt. Touristen, die ihre großen Koffer einschließen wollten, zogen mit den Koffern weiter.
Ähnlich unbefriedigend ist die Situation in der Haupthalle. Aktuell stehen dort 20 Sitzplätze zur Verfügung. Auch hier zeigt ein Besuch vor Ort, wie problematisch diese geringe Zahl ist. Viele Fahrgäste stehen mit ihren Taschen oder Koffern in der Haupthalle, manche setzen sich sogar auf den Boden um die Wartezeit zu überbrücken.
"Die 20 Sitzplätze im Würzburger Hauptbahnhof sind unserer Meinung nach nicht ausreichend."
Lukas Iffländer vom Fahrgastverband Pro Bahn.
Iffländer hat dazu eine klare Einstellung: "Die 20 Sitzplätze im Würzburger Hauptbahnhof sind unserer Meinung nach nicht ausreichend. Möglicherweise können nach dem Rückbau des alten Info-Points dort neue Sitzgelegenheiten geschaffen werden."
Die Bahn äußert sich dazu über einen Sprecher wie folgt: "Die Anzahl der Sitzgelegenheiten richtet sich nicht in erster Linie nach dem vorhandenen Platz, sondern ist auch ein Thema für das jeweilige Brandschutzkonzept des Bahnhofs." Eine Aussicht auf Verbesserung der Situation gibt es laut Sprecher nicht wirklich: "Nach Abschluss des barrierefreien Umbaus wird ein neues Brandschutzkonzept für den Bahnhof Würzburg erstellt und dabei kann es eventuell zu mehr Sitzgelegenheiten kommen."
Nur die Hälfte der benötigten Fahrradstellplätze sind vorhanden
Die Unannehmlichkeiten beginnen bei vielen Reisenden aber schon vorher. Denn wer mit dem Rad, immerhin die umweltfreundlichste Variante, anreist, bekommt ein weiteres Problem zu spüren. Laut Hans-Jürgen Beck vom Fahrradverband ADFC gibt es aktuell 605 Fahrradstellplätze am Bahnhof. Das Radverkehrskonzept von 2016 zeigt aber, dass der der Bedarf bei 1200 Stellplätzen liegt. "Wir fordern schon lange ein Fahrradparkhaus", so Beck.
Denn ein solches Fahrradparkhaus wäre überdacht. Radfahrer könnten ihr Fahrrad dann auch witterungssicher abstellen. Wenn man einmal in andere bayerische Städte blickt, stellt man schnell fest, dass die Situation dort ähnlich ist. Lediglich in Bamberg gibt es ein großes Fahrradparkhaus, das sich allerdings auf der Rückseite des Bahnhofs befindet.
Gespräche mit der Bahn laufen
Von Seiten der Stadt verweist man auf die aktuell laufenden Verhandlungen mit der Bahn. "Man würde gerne mittelfristig 1200 freie und bewirtschaftete Stellplätze mit Zugangskontrolle auf dem Hauptbahnhof-Areal errichten", so Stadtsprecher Georg Wagenbrenner. Zu dem Thema gab es bereits mehrere Workshops, beispielsweise ein Arbeitstreffen im Rathaus im Oktober 2018. Für den kommenden Oktober ist erneut ein "Runder Tisch Hauptbahnhof" gepant, bei dem dieses Thema erneut ein wichtiger Punkt ist.
So läuft's auf der Baustelle am HauptbahnhofSeit 2015 bauen Bahn und Land am barrierefreien Ausbau des Bahnhofs. Insgesamt 42 Millionen Euro teuer ist das Projekt. Neben Aufzügen zu allen Gleisen, die in sich in einem neu errichteten Tunnel befinden, werden auch alle Bahnsteige saniert und neue Bahnsteigdächer mit Oberlicht installiert. Sobald der neue Tunnel, der mit Blick auf den Bahnhof links vom alten Tunnel verläuft, fertig ist, wird auch der alte kleine Bahnsteigtunnel zurück gebaut.Im aktuellen Bauabschnitt, dem siebten von insgesamt zwölf, werden die Gleise acht und neun fertig gestellt. Im Dezember 2019 soll es so weit sein. Wie im Zeitplan verankert, ist Bauabschnitt sechs mit der Fertigstellung der Gleise zehn und elf Ende Juli fertig geworden. Damit begann auch der Rückbau des alten Tunnels.Dementsprechend sind die Gleise zwei bis sieben, sowie Gleis zehn und elf aktuell über den neuen Tunnel erreichbar. Im alten Tunnel kommt man nur noch bis Gleis sieben. Gleis acht und neun sind aktuell nicht in Betrieb.