Ein schwerer roter Samtvorhang, davor kleine und größere weiße Quader, die mit wenigen grafischen Elementen sofort klar machen, wo das Stück auf der Bühne spielt: Fernsehturm „Alex“, Brandenburger Tor, Gedächtniskirche, die Namen bekannter U-Bahn-Stationen wie Bahnhof Zoo – Zeichnungen mit wenigen klaren schwarzen Strichen reichen, um den Zuschauer des Musicals "Emil und die Detektive"nach Berlin zu versetzen. Als ein Zug auf der Bühne einfährt, aus der der empörte Emil Tischbein (gespielt von Heidi Pflüger) aussteigt, dem „140 Mark“ geklaut wurden, wird klar: Der Dieb wird nicht einfach so davonkommen. Als Emil in Berlin auf Gustav mit der Hupe trifft, der eine Bande von Kinderdetektiven zusammentrommelt, kommt die Jagd nach dem Dieb Herrn Grundeis (Fynn Eichinger) in Gang.
"Ich hasse Kinder, es lebt sich ohne sie gesünder."
Fynn Eichinger als Dieb "Herr Grundeis" im Musical "Emil und die Detektive"
Dieser hat sich unterdessen mit seinem Diebesgut in einem Hotel eingemietet. „Ich hasse Kinder, es lebt sich ohne sie gesünder“, singt Fynn im langen weißen Bademantel. Dann springt er von einem der Würfel, schnappt sich seine Badeente und verschwindet hinter einer Tür. Die Lieder im typischen Stil der 1920er- Jahre sind mitreißend – und sehr anspruchsvoll: „Es gibt viel Text, und die Musik mit vielen Halbtonschritten ist von der Harmonie her eine große Herausforderung für die Kinder“, sagt Frederike Faust, die die musikalische Leitung innehat. „Die Musik dieser Zeit ist für die Schüler ungewohnt“, ergänzt Anna Harandt, verantwortlich für Regie und Ton.
Und noch eines verlangt den 24 kleinen Schauspieler bei „Emil und die Detektive“ viel ab: das Bühnenbild. Zahlreiche Würfel warten darauf, immer wieder neu in Szene gesetzt zu werden. „Die Kinder müssen das Bühnenbild selbst umbauen – und es ist ein verzwicktes Stück mit vielen unterschiedlichen Szenenbildern“, so Harandt. Damit die Schüler die Würfel bewegen können, wurde dünnstes Sperrholz verwendet, erklärt Nadja Ziegler, Verantwortliche für das Bühnenbild.

„Das Auf- und Umbauen ist echt schwer“, sagt Inka. Die Würfel zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Stelle der großen Bühne zu heben oder zu schieben –immer mit dem gerade passenden Symbol zur Zuschauerseite hin – ist eine Herausforderung für die sieben Kinder des Umbau-Teams. Und für die anderen Akteure auf der Bühne: „Es interessiert dich nicht, wenn umgebaut wird – du wirst nicht hinschauen, ok?“, sagt Frederike Faust warnend zu einer Schülerin, die in ihrer Rolle stockt, weil sie das Hin- und Hertragen der Würfel verfolgt. „Bei Profis würde man eine Extraprobe für den Umbau ansetzen“, sagt Faust. „Bei den Schülern können wir das nicht machen.“
"Das Junge Theater ist von den Frankenfestspielen nicht mehr wegzudenken."
Frederike Faust, Leiterin Junges Theater der Frankenfestspiele Röttingen
Das Theaterspielen mit den Grundschülern gleiche einer konstanten „Jagd nach Zeit“, so die Leiterin des Jungen Theaters. Das Projekt beginnt im Oktober mit dem Casting, anschließend werden die Figuren auf die Kinder verteilt. Diese genießen es, in ihrer Rolle aufzugehen: „Ich finde es toll, dass ich vor den anderen weglaufen muss und nicht erwischt werden darf“, sagt „Dieb“ Fynn Eichinger. Nil Martin wiederum hat den Gegenpart des Kriminalkommissars inne: „Ich darf viel bestimmen“, sagt er und strahlt. Dass Kinder einen Dieb fangen, gefällt wiederum Leonie Wimmer, alias Gustav mit der Hupe.
Eine Stunde pro Woche steht für die Theater-AG in der Schule zur Verfügung, erst kurz vor den Aufführungen werden die Proben häufiger. Auf der Bühne von Burg Brattenstein wird nur drei Mal geprobt. Dass das Ganze nicht nur „eine Nachmittagsbespaßung, sondern etwas Ernstes“ sei, werde vielen Schülern, darunter auch zwei Erstklässler, erst auf der großen Bühne bewusst, so Faust.

Das Musical „Emil und die Detektive“ ist die vierte Zusammenarbeit des Jungen Theaters der Frankenfestspiele mit der Grundschule Röttingen. „Wir werden immer besser im Erstellen der Probenpläne und in den Absprachen mit den Eltern“, lacht Faust. „Wie und wann kommen die Schüler nach den Proben nach Hause? Es ist ein furchtbares Durcheinander, 24 Kinder zu organisieren.“ Das „Junge Theater“ sieht Faust mittlerweile als „mehr als etabliert“; die Sparte sei von den Frankenfestspielen nicht mehr wegzudenken. „Die Schulen kommen immer mehr darauf, dass es eine gute Sache ist“, so Faust, „es ist einAngebot, das es in der Region so nicht mehr gibt.“
In Röttingen sind einige der Grundschüler seit Anfang an beim Jungen Theater der Frankenfestspiele dabei. Als „unsere alten Hasen, die so viel gelernt haben“, beschreibt Faust die Viertklässler; einfach ziehen lassen möchte sie sie nicht. Geplant ist daher ein Folgestück für Schüler ab der fünften Klasse: „2020 möchten wir ein Weihnachtsstück aufführen – und so unsere ‚alten‘ Talente wieder einfangen“, verrät Faust.

"Emil und die Detektive" „Emil und die Detektive" von Marc Schubring und Wolfgang Adenberg nach dem 1930 erschienenen Roman von Erich Kästner wird als "Musical voller Abenteuer und Spannung für die ganze Familie" angekündigt, das das Berlin der 1920er-Jahre wiederaufleben lässt. Zum ersten Mal darf Emil allein nach Berlin fahren; als ihm im Zug ein Dieb sein Geld stiehlt, stürzt er sich in eine Verfolgungsjagd quer durch die große fremde Stadt. Die Schüler der Grundschule Röttingen führen das Stück in Kooperation mit den Frankenfestspielen Röttingen auf Burg Brattenstein auf. Es ist die vierte Zusammenarbeit - nach "Der kleine Tag", "Prinz Owi lernt König" und "Eine Woche voller Samstage". Empfohlen für Kinder ab fünf Jahren. Die Termine: Freitag, 17. Mai, um 10 Uhr, und Samstag, 18. Mai, um 16 Uhr. Tickets gibt es unter: www.frankenfestspiele.de, bei der Tourist-Information Röttingen Tel. (0 93 38) 97 28 55 und an der Tageskasse (60 Minuten vor Spielbeginn im Burghof).