Wenn Kinder und Jugendliche mitreden und ihre Meinung sagen, bekommen Erwachsene häufig überraschende neue Erkenntnisse – das ist nicht erst seit Greta Thunberg und der weltweiten Bewegung "Fridays for Future" so. Ihre Sicht auf viele Dinge des täglichen Lebens hat eine Gruppe Kinder in einem einjährigen Projekt des Kinderschutzbundes fotografisch festgehalten. Entstanden ist daraus die Ausstellung "Blickwinkel", die bei einer Vernissage in der Behr-Halle des Rathauses Würzburg zum ersten Mal zu sehen war.
"Kinder haben das Recht auf freie Meinungsäußerung." So steht es in Artikel 13 der UN-Kinderrechtskonvention, die vor 30 Jahren – am 20. November 1989 – von der Generalversammlung der Vereinten Nationen unterzeichnet wurde. "Kinder dürfen ihre Meinung in jeder Form äußern – geschrieben, gemalt, gesungen oder getanzt", sagte Anja Pertler vom Würzburger Kreisverband des Kinderschutzbundes, die das Projekt "Blickwinkel" betreut hat. Deshalb waren bei der Ausstellungseröffnung auch die "Nervensägen" aus dem Kinder- und Jugendzentrum "Spieli" in der Zellerau mit einigen musikalischen und tänzerischen Einlagen dabei.
Konzepte sind in zwei Stadtteilen entstanden
"Kinder an die Macht" ist einer der bekanntesten Songs von Herbert Grönemeyer: "Er bringt damit die Bedeutung unserer Kinder zum Ausdruck. Sie sind unser aller Zukunft", sagte Oberbürgermeister Christian Schuchardt, der die kleinen Gäste persönlich im Rathaus begrüßte. Mit dem Fotoprojekt sei es den Kindern nicht nur ermöglicht worden, kreative Ideen umzusetzen und sich auszudrücken: "Sie haben auch demokratisches Verhalten geübt."
Eine engagierte Gruppe von Jugendlichen hat die Ausstellung zusammen mit den Blickwinkel-Kids im "Spieli" in der Zellerau und im Jugendzentrum Heuchelhof konzipiert. "Sie gibt uns Erwachsenen die Chance, die Kinderbrille aufzusetzen und die besondere Betrachtungsweise der Kinder einzunehmen", so Schuchardt.
Kinder wollen mitentscheiden
Auf den Fotos geht es vor allem um alltägliche Dinge: Kinder möchten zum Beispiel gehört werden und mitbestimmen dürfen, wie viel sie essen und woher die Nahrung kommt, die ihre Eltern ihnen auf den Teller legen. Sie möchten selbst entscheiden, mit wem sie spielen, wann sie sich mitteilen oder bei wem sie leben, wenn die Eltern sich getrennt haben.
"Kinder haben das Recht, ernst genommen zu werden", betont Anja Pertler. Ziel der Ausstellung sei es, "der Erwachsenenwelt aufzuzeigen, wie wichtig die Meinung von Kindern und Jugendlichen ist." Das gilt nicht nur für die Aktivisten von "Fridays For Future", die bei der Vernissage über die Auswirkungen des Klimawandels auf Kinder weltweit sprachen. Erwachsene sollten anerkennen, dass auch Kinder Experten sein können, fordert Pertler: "Ihre klare, ungetrübte Sicht bringt uns oft dazu, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen."
"Kinder haben das Recht, ernst genommen zu werden."
Anja Pertler, Kinderschutzbund Würzburg
Die Arbeit an den Bildern für die Ausstellung "war ein Gruppenprojekt, bei dem wir alle mitbestimmt haben", sagte Thu Nhung stellvertretend für die anderen Blickwinkel-Kids. Sie hoffen, dass ihre Bilder als Wanderausstellung auch an anderen Orten in der Region zu sehen sein wird, denn: "Die Stimmen von Kindern und Jugendlichen sollten noch viel öfter gehört werden."
Damit Kinder ihre Rechte auch kennen, geht ein Team des Kinderschutzbunds regelmäßig in Grundschulen und erklärt die Inhalte der UN-Kinderrechtskonvention in den 4. Klassen: "Es ist wichtig, dass jedes Kind anderen Kindern ihre Rechte erklären kann", betonte Gabriele Motsch, die stellvertretende Vorsitzende des Kinderschutzbunds in Würzburg.
