Stellen Sie mich nicht als Loser dar. Sonst komm ich schnell zurück mit meinem Colt“, sagt Walter Konrad mit schönstem texanischen Akzent. Seit dreieinhalb Jahren gehört ihm das Zobelschloss in Giebelstadt. Für 430 000 Euro hat es der Selfmade-Millionär und gebürtige Giebelstadter ersteigert. Ein romantisches Schlosshotel sollte es werden. Doch passiert ist seitdem nichts. Das herrschaftliche Gebäude liegt seitdem in einem Dornröschenschlaf und wird dem verwunschenem Ebenbild aus dem Grimmschen Märchen immer ähnlicher.
Konrads Blütenträume von damals, sie verwelken mehr und mehr. Ein romantisches Schlosshotel mit 32 Zimmern stellte er sich im Stammsitz der Zobels vor. Reiche Amerikaner, die direkt mit ihrem Privatjet am Giebelstadter Flugplatz landen, dort in einer Kutsche Platz nehmen und – vielleicht sogar gezogen von zwei Schimmeln – in ihr ehemals adeliges Quartier gebracht werden. Bekanntlich lieben Amerikaner bayerische Schlösser und stehen auf derartigen Kitsch.
Die Nummer hätte funktionieren können. Von Giebelstadt aus ist Würzburg ein Katzensprung, Rothenburg ob der Tauber keine Weltreise und andere schöne Ausflugsziele in Franken sind schnell und gut zu erreichen.
Konrads Blütentraum reifte vor der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Auch den Denkmalschutz hatte der bescheiden wirkende Mann nicht ins Kalkül gezogen. „Das Landesamt für Denkmalpflege legt sich auf nichts fest“, sagte er bei einer Führung durchs Schloss Anfang Mai im vergangenem Jahr. Vor allem nicht, welche Zuschüsse es für eine Renovierung des Schlosses geben würde. Konrad soll Gutachten vorlegen. „Und dann weiß ich auch nicht, mit was ich rechnen kann. Das ist unfair“, sagt er. Denn mögliche amerikanische Investoren möchten dies wissen. Überhaupt sei es schwierig, welche zu finden, gibt der 65-Jährige zu.
Ende 1945 wurde Walter Konrad in Giebelstadt geboren. Nach einer Lehre zum Werkzeugmacher und einer Zeit als Grenzpolizist wanderte er 1980 in die Vereinigten Staaten aus. Dort kaufte er eine Firma, die Rollladen herstellt. Ein Unternehmen, das er mehr und mehr ausbaut. „Der Firma geht es nach wie vor gut“, sagt Konrad bei seinem letzten Besuch in Giebelstadt, Mitte August. „Wir machen sogar Profit“, fügt er eher zurückhaltend hinzu.
Und seine Pläne fürs Schloss? Ist ihm die Puste ausgegangen? „Nein.“ Erst vor ein paar Tagen habe er sich wieder einen Architektenwurf angesehen. Aber ein Hotel würde im Moment wohl nicht aufgehen, sagt er. „Die Wirtschaft muss besser werden, die Wirtschaft . . .“, murmelt er dabei immer wieder.
Aus seinem Umfeld heißt es, die Finanzkrise habe mögliche Hotel-Investoren hart getroffen. Konrad selbst sagt nichts dazu und freut sich nach wie vor, ein Schlossbesitzer zu sein. Klappt es mit dem Hotel nicht, könnte er sich Wohnungen in dem alten Gemäuer vorstellen oder vielleicht sogar ganz was anderes, spinnt er schon den nächsten amerikanischen Traum. „Die Anlage ist gut. Ich bereue nichts“, sagt er überzeugt.
Erst einmal haben nun die Giebelstadter etwas von dem herrschaftlichen Anwesen inmitten des Dorfes. Eine Jugendgruppe hat im Schlosspark Unkraut gejätet und störendes Gestrüpp beiseite geräumt. Konrad will Bänke aufstellen lassen und die Grünanlage vor dem Zobelschloss tagsüber öffnen. Damit sich die älteren Giebelstadter hier treffen und ausruhen können. Und im Winter ist die verschneite Schlosskulisse perfekt geeignet für einen Weihnachtsmarkt.
Konrad ist mittlerweile wieder im Amerika. Geschäfte machen. Bald will er wieder kommen. Vielleicht hat er dann ja neue Pläne im Gepäck – und hoffentlich den Colt zuhause gelassen.