Am 15. April des Jahres 1558 schlägt dem Würzburger Fürstbischof Melchior Zobel von Giebelstadt sein letztes Stündlein: Beim Schmalzhöflein im Alten Mainviertel wird er auf grausame Weise ermordet. „Das ist der veritable Showdown einer Geschichte, die schon zehn bis 15 Jahre vorher beginnt“, sagt Dr. Hans Steidle.
Eine „PR-Kampagne“ für das Bischofsamt
Als Bischof Konrad von Thüngen stirbt, gibt es zwei Kandidaten um die Nachfolge: Konrad von Bibra und Melchior Zobel. Letzterer hat die deutlich besseren Chancen, doch nun kommt der Mann ins Spiel, der 15 Jahre später den Mord an Zobel in Auftrag geben soll: der Lehnsmann Wilhelm von Grumbach. Durch eine geschickte, heute würde man sagen „PR-Kampagne“, gelingt es ihm, Konrad von Bibra zum Bischofsamt zu verhelfen.
Der dankt es ihm, indem er von Grumbach am Bischofshof eine wichtige Stellung gibt und ihm 10 000 Gulden überlässt. Doch 1544 segnet der Bischof das Zeitliche. Nun kommt Zobel doch noch an die Bischofsmacht und nimmt die Schenkung zurück, die das Domkapitel sowieso abgelehnt hatte. „Nach einem langen Streit erklärte Grumbach sich schließlich bereit, 3000 der 10000 Gulden zurückzuzahlen. Aber zwischen Grumbach und dem neuen Fürstbischof war eine vertrauensvolle Beziehung nicht mehr möglich“, macht der Stadtheimatpfleger klar.
Allianzen werden geschmiedet
„Und auf sich beruhen lassen konnte oder wollte man die Sache dann auch nicht: Zobels Widersacher dachte nämlich gar nicht daran, klein beizugeben, sondern er tat sich mit einem ehrgeizigen fränkischen Fürsten zusammen, Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach“, sagt Steidle.
Der ernennt Grumbach zu seinem Statthalter und beide haben eins gemeinsam: Sie können den Würzburger Fürstbischof, um es lapidar zu sagen, nicht leiden. Dem Markgrafen sind die beiden fränkischen Hochstifte Bamberg und Würzburg ein Dorn im Auge, denn ins Weltbild des evangelischen Fürsten passt es so gar nicht, dass Bischöfe noch Fürstentümer besitzen.
Er zieht gegen die Hochstifte in den Krieg – und Grumbach mit ihm. „Das Hochstift musste 1552 einen Vertrag unterzeichnen, der ausgesprochen nachteilig für Würzburg war. Und Grumbach tat so, als habe er verhindert, dass Würzburg noch mehr Federn lassen musste“, erzählt Hans Steidle die Geschichte weiter.
Ein Triumph für Zobel
Man dankt es ihm in vielerlei Hinsicht, zum Beispiel bekommt er Grundbesitzungen, die er eigentlich nur als Lehen hatte, übereignet. Was für ein Triumph über den verhassten Bischof Zobel! Doch wenn Grumbach sich darüber freut, dann freut er sich zu früh: „Der Vertrag war so rechtswidrig, dass Kaiser Karl V. ihn kurz darauf für ungültig erklärte“, sagt Steidle und muss ob des vielen Hin und Hers doch ein wenig schmunzeln. „Grumbach musste alles wieder zurückgeben.“
Und es soll noch dicker kommen: Der Markgraf verliert letztendlich den Krieg und Grumbach muss auch seine Lehen und weitere Güter an Würzburg zurückgeben. Man verklagt sich gegenseitig: Grumbach Zobel auf die Rückgabe der Güter und Zobel Grumbach wegen Landfriedensbruchs. Nicht nur das: Der Bischof will seinen Erzfeind auch unter die Reichsacht stellen, ihn also zum Vogelfreien erklären lassen.
Die Flucht nach Frankreich
Grumbach flieht nach Frankreich und kämpft dort weiter um seine vermeintlichen Würzburger Rechte: Er setzt sich mit Christoph Kretzer in Verbindung, denn der ist ebenfalls ganz und gar nicht gut auf den Fürstbischof zu sprechen. „Kretzer war der Gatte von Konrad Bibras Tochter“, klärt Hans Steidle über die Zusammenhänge auf. „Das Mädchen war von seinem Vater in dessen Testament großzügig bedacht worden, doch Zobel weigerte sich, ihr das Geld auszuzahlen.“
Das passt deren Gatten natürlich ganz und gar nicht. Noch ein Grund, dem Fürstbischof zu grollen. „Sie beschließen, Zobel zu entführen und ihn bei Zahlung eines Lösegelds wieder freizulassen“, erzählt Hans Steidle. Zwei Versuche scheitern. Der eine geht schief, weil Zobel zu stark bewacht ist oder weil er nicht an der Stelle erscheint, an der seine Häscher ihn erwartet hatten, da streiten die Quellen. Beim zweiten Mal sagt ein wichtiger Verschwörer kurz vor der Aktion ab, doch Kretzer und Grumbach geben ihren teuflischen Plan nicht auf.
Mörder als Kaufleute getarnt
Und so ziehen am Abend des 14. April 20 Bewaffnete, als Kaufleute verkleidet, in die Stadt. Die „Kaufleute“ nehmen in verschiedenen Wirtshäusern Quartier. „Eigentlich wollten sie den Fürstbischof um sieben Uhr morgens entführen, wenn er von seiner Festung in die Stadt reitet.
Doch die Entführer sind müde von ihrer langen Reise und verschlafen den Frühtermin“, sagt Steidle. Glück für den Fürstbischof, Pech für Kretzer und seine Leute, wobei man von Glück nicht wirklich reden kann, denn die Häscher wissen, dass Zobel um zehn Uhr am Schmalzhöflein vorbeikommen wird. Also beziehen sie dort Position.
Als sie ihn sehen, reiten die Entführer auf den Fürstbischof und sein Gefolge zu. „Pfaff, du musst jetzt sterben“, ruft einer. Es kommt zum Schusswechsel, bei dem zwei Hofherren des Bischofs erschossen und drei verletzt werden. Zobel selbst wird über dem Herzen in die Brust getroffen und fällt fast vom Pferd. Doch seinen Begleitern gelingt es, ihn festzuhalten, sie galoppieren mit dem sterbenden Bischof davon. Die Begleiter wollen ihn auf der Burg in Sicherheit bringen, doch noch bevor er ankommt, fällt Zobel vom Pferd, bekommt die Absolution und stirbt.
Christoph Kretzer wird gefasst
Ihren Plan, den Fürstbischof zu entführen und dadurch Geld zu erpressen, haben die Angreifer wohl während der Aktion über den Haufen geworfen. „Damit könnte die Geschichte ein Ende haben, aber davon sind wir weit entfernt“, sagt der Heimatpfleger.
„Zwar ist der Bischof ermordet, aber schließlich muss man nach den Tätern fahnden.“ Die Ermittlungen sind erfolgreich, Christoph Kretzer wird gefasst, doch „er brachte sich um, bevor man ihn umbrachte. Er fürchtete sich wohl vor der üblichen grausamen Strafe und Hinrichtung“, vermutet Steidle.
Grumbach gelingt die Flucht nach Frankreich. Fünf Jahre nach dem Anschlag auf Bischof Zobel zieht er mit einem rund 1.100 Mann starken Heer nach Würzburg und besetzt die Stadt am 4. Oktober 1563. Drei Jahre später wird er in Gotha festgesetzt und zum Tode verurteilt. Der Mörder von Bischof Zobel muss auf grausame Weise sterben: „Man hatte mit Stangen seine Gliedmaßen zerhackt, und durch Vierteilung wurde er hingerichtet. Dann schlug man ihm den Kopf ab“, sagt Steidle.
Das Richtschwert wird der Familie des Bischofs Zobel von Giebelstadt überreicht; bis kurz vor dem Jahr 2000, sagt Steidle, sei es im Besitz seiner Familie geblieben. „Doch der letzte Erbe des Schlosses in Giebelstadt hatte sich hoch verschuldet, so kam das Schwert in den Besitz des Bayerischen Staates und von dort auf die Burg von Rimpar, wo man sich nun beim Betrachten des Schwertes gruseln und an den bösen Wilhelm von Grumbach denken kann.“
Von unserer Gastautorin Eva-Maria Bast
Was Würzburg prägte Das neue Buch „Was Würzburg prägte“ enthält 52 Texte über Jahrestage aus der Würzburger Geschichte, also für jede Woche des Jahres einen Text. Das Buch der beiden Autorinnen Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter entstand in Zusammenarbeit mit der Main-Post. Wir werden in einer ganzjährigen Serie Texte aus dem Buch abdrucken. Erschienen ist das Buch im Verlag Bast Medien GmbH, in dem auch die erfolgreichen „Würzburger Geheimnisse“ veröffentlicht wurden, die ebenfalls in Kooperation mit der Main-Post entstanden sind. Erhältlich ist „Was Würzburg prägte – 52 große und kleine Begegnungen mit der Stadtgeschichte“ von Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter Überlingen 2017, ISBN: 978-3-946581-24-6 in den Main-Post-Geschäftsstellen (14.90 Euro).