Über 6000 Mitarbeiter und größter Arbeitgeber Würzburgs. Jährlich fast 300 000 stationäre und ambulante Patienten. Eine halbe Milliarde Euro, die in seiner Amtszeit verbaut wurden. Wer als Chef eine Einrichtung solcher Dimensionen verlässt, darf sich nicht wundern, wenn zur Verabschiedung und Übergabe an den Nachfolger geballte lokale Prominenz aus Wissenschaft, Politik, Kirche und Gesellschaft aufschlägt.
So geschehen am Freitagnachmittag im Hörsaal des Rudolf-Virchow-Zentrums an der Würzburger Universitätsklinik. 15 Jahre war der Nuklearmediziner Prof. Christoph Reiners deren Ärztlicher Direktor – die letzten fünf Jahre im Hauptamt. Von verschiedenen Seiten war der heute 69-Jährige 2010 gebeten worden, sein großes Wissen und seine Fähigkeiten in Strategie, Vernetzung und Kommunikation noch fünf Jahre am Uniklinikum einzubringen. Dass er sich darauf eingelassen hat – dafür dankte ihm bei der Verabschiedung der CSU-Landtagsabgeordnete Oliver Jörg in der Festansprache, stellvertretend für Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Am Vormittag hat sich der Aufsichtsrat des Klinikums unter Vorsitz von Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle getroffen und den Wechsel an der Spitze bestätigt: Als neuer ärztlicher Direktor wurde Prof.
Georg Ertl, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I, bestellt.
Prof. Georg Ertl als Nachfolger
Dieser würdigte seinen Vorgänger für das Zusammenführen. „Früher waren wir eine Summe von Individualisten“, sagte Ertl. Reiners habe mit Kommissionen, Infoveranstaltungen und Kommunikationsplattformen wichtige Weichen der Kooperation gestellt. Diese sei heute wichtiger denn je. Denn, wie Ertl kritisch anmerkte: „Was wir durch Spezialisierung gewonnen haben, verlieren wir teilweise durch eine mangelnde ganzheitliche Betrachtung.“ Dies bei immer älter werdenden Patienten und immer kürzerer stationärer Liegedauer. Der neue Klinik-Direktor warnte vor einer automatisierten Medizin. „Ohne menschliche Zuwendung ist auch mit Telemedizin nicht viel zu erreichen.“ Die Informatik müsse eine Hilfswissenschaft bleiben.
Prof. Christoph Reiners verkörperte beides: Wie aus den Reden deutlich wurde, war er ein „Kümmerer“. Einer, der nicht nur medizinischen Fortschritt suchte, sondern sich den Menschen zuwandte – den Mitarbeitern genauso wie den Patienten. Gleichzeitig gilt er als IT-Experte. Als einer der ersten absolvierte er 1978 die Zusatzausbildung der „Medizinischen Informatik“.
Sein beruflicher Werdegang führte ihn über die Promotion – und später Habilitation – an der Uni Würzburg und eine erste Stelle als Assistenzarzt an der Uniklinik zunächst nach Essen. Zurück am Uniklinikum Würzburg leitete er hier von 1994 bis 2010 als Direktor die Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin. Er war (und ist es teilweise noch) Mitglied in zahlreichen Gremien und wissenschaftlichen Gesellschaften und wurde vielfach ausgezeichnet. Reiners ist Spezialist für Schilddrüsen-Erkrankungen und weltweit anerkannter Strahlenschutz-Experte.
Prof. Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät, bezeichnete Reiners' Amtszeit als „15 goldene Jahre“ und erinnerte an große Projekte wie die Zentren für Operative Medizin (ZOM) und Innere Medizin (ZIM), die Zahnklinik, das Krebszentrum oder das einzigartige Herzinsuffizienzzentrum. Reiners habe das klinische Profil gestärkt. Jüngster Erfolg: Bundesweiter Platz acht unter 1200 Klinik im „Focus“-Ranking. „Und das Klinikum ist wirtschaftlich kerngesund“, wie Frosch ergänzte.
„Klinik nach vorne entwickelt“
Auch Minister Spaenle fand viel Lob: „Sie haben die Klinik in ausgezeichneter Weise nach vorne entwickelt – hartnäckig, gepaart mit Ideenreichtum und Flexibilität.“ Welche Bedeutung die Uniklinik für die Stadt hat, zeigte die Teilnahme der kompletten Stadtspitze mit OB Christian Schuchardt und den beiden Bürgermeistern.
Reiners selbst nahm sich – gewohnt bescheiden – bei seiner Verabschiedung zurück, stellte die Mitarbeiter und andere in den Mittelpunkt („das war immer eine Mannschaftsleistung“) und hatte sich vom Festredner Oliver Jörg einen Beitrag zum Ehrenamt gewünscht. Ein Fingerzeig des Dankes in Richtung aller Initiativen, die die Arbeit an der Klinik mit Spenden und Öffentlichkeitsarbeit begleiten. Musikalisch gestaltet wurde Verabschiedung von Christoph Reiners ganz nach dessen Geschmack vom Jazzquartett „One More Once“.