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Würzburg: Wegen Corona: Fehlen den Bauern bald die Erntehelfer?

Würzburg

Wegen Corona: Fehlen den Bauern bald die Erntehelfer?

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    Der Spargel wächst, bald muss er gestochen werden. Aber wer macht die Arbeit, wenn die Saisonarbeiter fehlen? 
    Der Spargel wächst, bald muss er gestochen werden. Aber wer macht die Arbeit, wenn die Saisonarbeiter fehlen?  Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa

    Landwirte aus Unterfranken sehen nicht nur die anstehende Spargel- und Erdbeerernte, sondern möglicherweise sogar einen großen Teil der landwirtschaftlichen Produktion dieses Jahres in Gefahr. Dies liegt daran, dass die heimische Landwirtschaft zu einem großen Teil von Saisonarbeitern abhängig ist, die üblicherweise aus Rumänien oder Polen einreisen. Laut einer Schätzung des unterfränkischen Bezirksgeschäftsführers des Bauernverbands, Eugen Köhler, sind mindestens 200 bäuerliche Betriebe aus Unterfranken auf Saisonkräfte angewiesen. "Mindestens 8000 Hilfskräfte brauchen wir insgesamt", schätzt Köhler. Ob die Hilfskräfte heuer aber kommen werden, ist höchst ungewiss.

    Ungarn hat seine Grenze dicht gemacht

    Laut der Auskunft des Bayerischen Bauernverbands hat Bayerns Innenministerium zwar entschieden, dass Saisonarbeitskräfte als Berufspendler anzusehen sind – Pendler dürfen bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung einreisen. Das hilft aber nicht, wenn andere Länder ihre Grenzen dicht machen. "Zu uns reisen normalerweise rund 40 Hilfskräfte aus Rumänien", sagt Spargelbauer Fabian Kuhn aus Allersheim (Landkreis Würzburg). "So wie ich das gerade sehe, kommen meine Leute aber vermutlich nicht durch, weil Ungarn seine Grenze zu Rumänien geschlossen hat. Auf dem Landweg läuft nichts mehr."

    Bauern planen, Flugzeuge für Hilfskräfte zu chartern

    Und über den Luftweg? Offenbar Fehlanzeige. Aufgrund der weitgehenden Einstellung des Flugverkehrs innerhalb der EU ist laut Bauernverband auch dieser Anreiseweg als "versperrt" anzusehen. Er habe gehört, dass sich in Bayern größere bäuerliche Betriebe zusammengeschlossen hätten, um für ihre rumänischen Hilfsarbeiter ganze Flugzeuge zu chartern, sagt Bauern-Bezirksgeschäftsführer Eugen Köhler. Über die Erfolgswahrscheinlichkeit kann er aber nichts sagen. Polnischen Saisonarbeitskräften sei es derzeit noch erlaubt, einzureisen, so eine Sprecherin des Bayerischen Bauernverbands. Sie verwies aber darauf, dass die aktuelle Regelung sich schnell ändern könne.

    Auf dem Spargelhof Kuhn in Allersheim werden Saisonkräfte nicht nur gebrucht, um den Spargel zu stechen, sondern auch fürs Sortieren und Schälern. 
    Auf dem Spargelhof Kuhn in Allersheim werden Saisonkräfte nicht nur gebrucht, um den Spargel zu stechen, sondern auch fürs Sortieren und Schälern.  Foto: Gisela Rauch

    "Dabei geht die Spargelernte eigentlich jetzt los, der Austrieb und das Spargelstechen", sagt Wilfried Distler, Geschäftsstellenleiter des Kitzinger Bauernverbands und selbst Landwirt. "Wenn die Saisonkräfte nicht kommen, verzögert sich die Stecharbeit. Im besten Fall bekommt der  Spargel nicht die Qualität wie sonst. Im schlimmsten Fall sind ganze Spargeläcker nicht beerntbar." Aber können denn die Landwirte nicht auf Aushilfskräfte aus der Region zurückgreifen, auf Leute aus der Gastronomie etwa, die derzeit keine Beschäftigung haben? "Das ist ein ganz harter Job, totale Knochenarbeit mit stundenlang gebücktem Rücken, den halten viele nicht durch", sagt Spargelbauer Kuhn, der früher schon entsprechende Erfahrungen mit von der Arbeitsagentur geschickten Hilfskräften gemacht hat. Kuhn, dessen Existenz größtenteils am Spargelbau hängt, verweist außerdem auf eine nötige Einarbeitungszeit von mindestens einer Woche.

    Über ein Webportal suchen Bauern jetzt nach heimischen Kräften

    Spargel- und Gemüsebauer Jürgen Heilmann aus Albertshofen (Kreis Kitzingen), der pro Saison normalerweise 70 bis 80 Saisonarbeiter beschäftigt, wäre allerdings im Notfall gern bereit, es mit heimischen Kräften zu versuchen. "Wer kräftig ist und viele harte Stunden auf dem Acker durchsteht, kann sich bei mir melden."

    Am Freitag bestätigte Bezirksgeschäftsführer Eugen Köhler, dass deutschlandweit und bayernweit die Landwirte ihr lange vernachlässigtes Webportal "saisonarbeit-in-deutschland.de" wieder aufpoliert hätten und auf diesem Weg starke, heimische Helfer suchten, Studenten etwa oder Schüler oder zeitweise beurlaubte Kräfte. "Auf dem Portal können Landwirte eintragen, was und wen sie suchen und Interessenten können sich regional melden", so Köhler. Er glaubt, dass ab Anfang nächster Woche die Vermittlung heimischer Kräfte übers Portal Fahrt aufnehmen könnte.

    Wie gefährdet ist im Corona-Jahr der Gemüseanbau?  
    Wie gefährdet ist im Corona-Jahr der Gemüseanbau?   Foto: Symbolfoto Klemens Vogel

    Problem Grundversorgung: Was ist in zwei, drei Monaten?

    Dieser Anwerbemöglichkeit zum Trotz sehen viele Bauern gerade angstvoll in die Zukunft.  Was dem Albertshöfer Gemüsebauer Heilmann am meisten Kopfweh macht, ist die Frage nach der Sicherung der Grundversorgung. "Man muss ja weiterdenken, muss überlegen, was in zwei, drei Monaten ist, wenn jetzt auf dem Acker nichts passiert. Jetzt ist Pflanzzeit, jetzt muss Kohl, Blumenkohl, Rettich, Sellerie gesät werden." Einzelne Landwirte aus der Region sind nach eigenen Aussagen schon am Verzweifeln, weil Saatgut, das normalerweise aus dem außereuropäischen Ausland geliefert wird, heuer ausbleibt. Etliche befragte Bauern verweisen auch darauf, dass die hierzulande verwendeten, teuren landwirtschaftlichen Maschinen oft auf Ersatzteile aus dem Ausland angewiesen seien – und zwar gerade auf Produkte aus Italien und China. Komme kein Ersatzteil, sei die Maschine nicht verwendbar. Was das für die Produktion in ganz Unterfranken oder ganz Bayern bedeute, könne sich jeder ausmalen, sagt Gemüsebauer Heilmann.

    Mitarbeit: Lukas Kutschera

    Suche nach landwirtschaftlichen HelfernDer Bayerische Bauernverband teilt mit: Personen, die auf landwirtschaftlichen Betrieben mitarbeiten wollen, können sich auf der Plattform www.saisonarbeit-in-deutschland.de ein Bild von der auszuübenden Tätigkeit machen und können über die hinterlegten Kontaktdaten (in der Regel Telefon oder E-Mail) direkt Kontakt mit dem Betrieb aufnehmen. Die Kontaktaufnahme bzw. Nutzung der Plattform durch Arbeitnehmer ist kostenfrei.Mit einer Registrierung der Betriebe auf der Homepage wäre eine schnelle und unkomplizierte Vermittlung der sich anbietenden deutschen Arbeitskräfte möglich.

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