Ein kurzweiliges Chorkonzert mit drei geistlichen Werken aus dem 20. Jahrhundert präsentierten die Würzburger Bachtage am ersten Adventsamstag in der Johanniskirche. Es bot alles, was man zur Einstimmung auf die Adventszeit braucht: Wohltemperierte Chorstimmen (Bachchor Würzburg und Vokalensemble Cantica), festliche Orgelklänge (Christoph Preiß), wohltönende Harfenweisen (Andreas Mildner) und federndes Schlagwerkzeug (Markus Verna). Unersetzlich dabei die Ton-Klang-Meisterin, die alles ineinander verwob: die künstlerische Leiterin der Bachtage und Dirigentin Hae-Kyung Jung.
Weil in der Johanniskirche, die im Kirchenraum stehende Orgel in einem desolaten Zustand sei, wie der neue Präsident der Würzburger Bachgesellschaft Jochen Miller-Brinken anfangs erläuterte, ging der Chor für das erste Werk auf die Empore, zur Hauptorgel.
Von dort ertönte mit Orgelbegleitung das vier- bis achtstimmige "Magnificat" von Gerald Finzi, dem der Lobgesang Marias aus dem Lukas-Evangelium zugrunde liegt. In feinstem prononciertem Englisch meisterte der Bachchor die zahlreichen Tonartwechsel. Ein gelungenes Intro, gespickt mit englischer Festlichkeit und Noblesse.
Solo-Sequenzen an der Harfe
Das dreistimmige Chorwerk "A Ceremony of Carols" von Benjamin Britten wird immer häufiger zur Weihnachtszeit aufgeführt. Gleich einem Klosterorden zogen die 15 Sängerinnen des Vokalensemble Cantica mit "Äbtissin" Hae-Kyung Jung an der Spitze von hinten mit "Procession", einem gregorianischen Choral, ein. Das hatte etwas Ergreifendes, Erhabenes, Reines, ging unter die Haut.
Begleitet von Harfenist Andreas Mildner, der während des Stücks auch solistisch glänzte, bannte das Vocalensemble mit den in altenglisch vertonten Gedichten aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Die Stimmungen der Verse waren mal heiter, mal wiegenliedhaft, mal dynamisch kraftvoll. Leichtfüßig und intonationssicher imponierte das Ensemble mit zwei herausragenden Solistinnen: Takako Helbig betörte mit "That yonge child", Susanne Dietzer mit "Balulalow".

Das Abschluss- und Hauptwerk war das dreisätzige "Chichester Psalms" von Leonard Bernstein mit Harfe, Perkussion und notgedrungen Flügel statt Orgel. Es wurde auf Hebräisch gesungen. Dank des hervorragenden Begleithefts war ein Mitlesen der Texte, auch der in hebräischer Sprache, möglich.
Der heimliche Star in Bernsteins Chorwerk war Julius Wilhelm, ein Knabe der Würzburger Dommusik. So rein, so unschuldig, so ungekünstelt und doch deutlich artikulierend gab er den David-Part in "Adonai ro-i – Der Herr ist mein Hirte", dass "naf’shi y’shovev - er erquickt meine Seele".
Flügel als Orgelersatz
Ein Bravo an alle Register des Bachchors: sie meisterten die anspruchsvollen Klippen der zahlreichen Tempi-Wechsel agil und reagierten subtil auf die dynamischen Herausforderungen. Dirigentin Jung führte den Chor, der stark an die Partitur gebunden war, und die Instrumentalisten hervorragend zusammen. Genial am Schlagwerk Markus Verna, Mildner ließ seine Harfe mal säuseln, mal aufbrausen und Christoph Preiß brachte dem Flügel nahezu Orgeltöne bei.
Der finale Psalm, der engelsrein und friedenssehnsüchtig in transzendenten Sphärenklängen mündete, barg die Weihnachtsbotschaft: "Hineh mah tov, umah na’im, shevet ahim gam yahad – Siehe, wie gut und angenehm es ist, wenn Brüder leben zusammen in Eintracht."