Erich Biedermann lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Der 59-jährige Hausener ist ein geruhsamer, bescheidener Mann, der sich Zeit nimmt für das, was er tut. Auch in den Tagen vor Weihnachten, wenn alle hektisch werden. Seelenruhig und ausdauernd baut er dann seine holzgeschnitzten Krippen auf. Die daheim in der Familie. Und die in der Pfarrkirche St. Wolfgang.
„Das Modellieren mit Holz, Moos und den Figuren macht mir Spaß“, erzählt der Frührentner, während er die Figuren für die Krippe in der Kirche aus dem Zeitungspapier auswickelt, in dem sie seit knapp einem Jahr auf dem Dachboden über der Sakristei ruhten. Das gehört schon zu den letzten Handgriffen der gut zweistündigen Aufbauarbeit.
Die Krippe beschäftigt Erich Biedermann seit Wochen. Im Herbst schon hat er zusammen mit Michael Bick von der Kirchenverwaltung Ausschau nach passenden Wurzeln, Holzstücken und Steinen zum Aufbau der Landschaft gehalten. Maria und Josef mit dem Jesuskind, Ochs und Esel, die Hirten, Engel und Schafe sollen gut zur Geltung kommen. Genauso wie der kleine Dackel.
Der ist eine Besonderheit der Hausener Krippe. Pater Reginald, ein früherer Pfarrer und Dackelbesitzer hatte den geschnitzten Dackel vor Jahren geschenkt bekommen.
Moos und Späne
Auch diesmal wurden kleine Fichten aus dem Wald in die Krippenlandschaft eingebaut. Und natürlich „ganz viel Moos“. Das sammelt Erich im November im Hausener Wald, „bevor es regnet und schneit“. Schließlich muss das Moos noch trocknen. Außerdem soll es verschieden sein, damit die Landschaft unterschiedlich wirkt. Und für den Weg besorgt Biedermann rechtzeitig hübsche Hobelspäne. Die bekommt er von seinem Bruder.
Seit 18 Jahren ist der frühere Einzelhandelskaufmann Frührentner und kann sich seine Zeit so einteilen, wie es ihm gut tut. Daheim kümmert er sich um Haus und Garten und unterstützt nach Kräften seine berufstätige Frau Cäcilia und die 21-jährige Tochter Theresa. Und außer Haus engagiert er sich bei der Caritas, in der örtlichen Pfarrgemeinde und im Kindergarten.
Die Krippe stellt er schon jahrzehntelang mit auf. Seit zwölf Jahren ist er zudem „Hilfsküster“ und geht Mesnerin Anni Rumpel zur Hand. Sechs bis acht Mal im Monat kümmert er allein sich darum, dass die Gewänder für den Pfarrer und die Ministranten bereit liegen, dass Messbücher, Kelch, Schale und Hostien gerichtet sind, die Kerzen in der Kirche brennen und der Organist seinen Liedzettel bekommt.
An höheren Festtagen oder Beerdigungen helfen Anni und Erich zusammen. Dann müssen auch der Weihrauch und der Lautsprecher gerichtet werden.
Höhere Festtage – dazu zählt natürlich Weihnachten. Dann ist die Kirche voll. Im Gegensatz zu den Abendgottesdiensten unter der Woche, zu denen in Hausen durchschnittlich zehn Gläubige kommen. „Die Arbeit ist die gleiche, ob viele Leute da sind, oder nicht“, zuckt Erich Biedermann gelassen die Schultern. Zwei Stunden ist er mindestens aus dem Haus für einen Gottesdienst. Er ist einfach gern rechtzeitig da und geht erst, wenn alles wieder an seinem Platz ist. Die Gottesdienste feiert er in der Sakristei mit, denn „zur Wandlung muss ich ja die Glocken läuten“. Andacht habe er trotzdem. „Ich stehe an der offenen Türe zur Kirche und bin im Herzen ganz dabei“, erklärt er.
Als gebürtiger Hausener und ehemaliger Ministrant kennt Erich Biedermann das Gotteshaus von klein an. Hier fühlt er sich wohl und er hilft gern im Hintergrund. Jetzt freue er sich wieder auf die Weihnachtslieder, die bald gesungen werden. Ein spezielles Lieblingslied hat er nicht. „Ich mag alle Gottesloblieder“, sagt er.
Wenn am Donnerstagabend die Glocken der Pfarrkirche St. Wolfgang zur Christmette läuten werden, wird Erich Biedermann schon da sein. Dann hat er daheim mit seiner Familie „mit Liedern und dem Lesen der Weihnachtsgeschichte aus dem Evangelium“ die private Bescherung bereits hinter sich. „So habe ich es von meinen Eltern gelernt“, sagt er. Es ist für ihn selbstverständlich.
Der Christmette und den Weihnachtsgottesdiensten in der Kirche kann er gelassen entgegen sehen. Es ist alles sauber, aufgefüllt und gerichtet. Zum Fest wurden neue Kerzen auf dem Altar aufgestellt, die Lichterketten am Christbaum sind montiert und die Krippe ist schön geworden. Wie immer. Diesmal hat sie sogar einen neuen blauen Stoffhimmel bekommen mit Strohsternen dran.
Dem kleinen Dackel von Pater Reginald hat Biedermann einen Platz mitten im Moos gegeben. Und dem Engel mit segnender Geste hat er etwas höher und schräg gestellt – wie immer.